Review

Metalcore

Kritik: Ghøstkid - "Ghøstkid"

Mit „Fool“ hat Sebastian „Sushi“ Biesler einen der wohl epischsten Opener geschrieben. Aufbauend und zugleich mit voller Power startet der ...

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Mit „Fool“ hat Sebastian „Sushi“ Biesler einen der wohl epischsten Opener geschrieben. Aufbauend und zugleich mit voller Power startet der erste Song des Selftitled-Albums Ghøstkid und sorgt dafür, dass man nicht stillhalten kann und einem zeitgleich nicht auffällt, dass einem kurz der Mund offen stehen bleibt.

Eine kurze Frage, ob Ghøstkid vom Sound her wirklich Ohoho-Parts braucht, kann verneint werden, allerdings wird man dem Impuls, diese mitzubrüllen, live nicht widerstehen können. Die volle In Your Face-Drönung sorgt für blitzschnelle gute Laune und durch die vielen detaillierten Brüche aber auch kleinen szenischen Ausbrüche, die sich „Fool“ erlaubt, freut man sich auf die kommenden Tracks auf Ghøstkid.

Ghøstkid kombiniert Charme und Provokation zugleich

Die erste Single „Start A Fight“ stellt sich im Albumkontext gleich hinter dem Wellenbrecher „Fool“ an. Das Lied kommt kantig, provokativ daher. „You know I’m trouble motherfucker and you know I gonna blow it up“ wird auch nur durch die charmante Stimme von Sushi so sympathisch rüberkommen.

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Man kann es sicher nicht lassen, in manchem Song den Eskimo Callboy-Vergleich zu suchen, schließlich ist schnell nachvollziehbar, dass Sushi den Sound der Band prägte. Sei es durch seine Stimme oder auch die kreative Ader und die musikalische Umsetzung. Einen Hauch davon kann man in „Drty“ finden.

Im Ansatz bieten hier Elektroparts, eingängige Wiederholungen und gerade der Breakdown kleine Erinnerungen an das EC-Hörgefühl. Gerade diese kurze Wiedererkennung ist schön und erinnert an den früheren, härteren Klang von Eskimo Callboy.

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Inzwischen hat man sich so auf den Sound eingegroovt und ertappt sich bei jedem neuen Lied dabei, wie man kurz die Luft anhält, um abzuwarten, in welche Richtung dieses gehen wird. So, dass man nach Lied 11 kurz aufhorcht, weil es leider schon zu Ende ist.

„Ghøstkid“ ist vollgepackt mit Emotionen, starken Worten, vielen unterschiedlichen Passagen und dennoch etwas kurz. Dies bleibt für mich der Hauptkritikpunkt. Trotz der zwei verschiedenen Features in „This Is Not Hollywood“ bleibt es der gleiche Song und damit ein eher kurzes Album – an der Spielzeit, nicht aber an der Komplexität gemessen.

Zu erwähnen ist in diesem Kontext auf jeden Fall auch die videografische Umsetzung der Themen. Gerade in „This is not Hollywood“ wurde eine besondere Optik gewählt, aber auch „Supernova“ mit dem Feature von Marcus Bischoff (Heaven Shall Burn) greift die düstere Grundstimmung auf und macht sie vielschichtig.

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Schnell kommt einem das Album bekannt vor, weil es nach wenigen Wiederholungen bereits in Mark und Bein übergeht. Man singt Passagen mit, freut sich am Ende des einen Liedes schon auf das dynamische Intro des nächsten. Das macht ein gutes Album aus, dass man nicht auf ein einzelnes Lied wartet, nicht das Bedürfnis hat, Lieder zu skippen, um zu einem bestimmten zu gelangen.

Besonders beim ersten Hören ist auffällig, dass man „Supernova“, „Start A Fight“ und die weiteren Singles nicht überspringt, um an die neuen Songs zu kommen, sondern bereits eine Vertrautheit zu dem Lied aufgebaut hat und weiß, dass man das jetzt nicht weiter springen kann, weil es einfach ein geiler Song ist.

Nachdem zum Zeitpunkt der Albumveröffentlichung schon fast die Hälfte der Songs in Form von Singles veröffentlicht wurden, stellt „Cold World“ wohl die größte unbekannte Überraschung dar. „Ghøstkid“ bietet viele düstere Momente und Klangwelten. Hierbei wird eine ganz andere aufgemacht.

Eine abwechslungsreiche Platte

Mit ruhigen, langen Tönen und spannenden Nebengeräuschen wird die Ballade in ein besonderes Licht gerückt. Bei dem Lied wird klar: Ghøstkid zeichnet sich durch das Gesamtpaket aus. Die Stimme, die Wärme, Melancholie, Stärke und zugleich Reinheit in sich birgt trägt den wunderschönen Text direkt in das eigene Herz und so bleibt nur das Fazit: Wem bei „Cold World“ nicht das Herz aufgeht, der sollte mal zum Kardiologen.

„I feel like a stranger empty faces, empty hearts and empty places, lost on the sidewalk million paces…“

Und dazu die aufsteigende Melodielinie, welche in eine kurze Klavierpassage übergeht, um kurz danach wieder eine starke, beunruhigende Ruhe als Basis der folgenden Worte zu haben: „I hope that all the gravity losts, try to find the faith in my past.“

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Man kann eine Review zum Album nicht beenden, ohne die vielfältigen und grandiosen Features zu betonen. Mit der Mischung aus Marcus Bischoff, Mille Petrozza, Timi Hendrix und Johnny 3 Tears kann man schon einen Eindruck bekommen, wie vielschichtig der Sound sein kann. Bei allen Features merkt man, dass sie in den gesamten Sound des Albums eingebaut und trotzdem spezifisch herausgearbeitet werden.

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Vor der Veröffentlichung der Single „This Is Not Hollywood“ war man gespannt, wie unterschiedlich die Versionen klingen werden. Im Großen und Ganzen sind sie sich doch recht ähnlich, was minimal kurz enttäuscht, aber dadurch, dass das Album insgesamt einfach saugut ist, auch völlig okay ist.

Foto: Angela Regenbrecht / Ghøstkid – Offizielles Pressebild

ALBUM
Ghøstkid
Künstler: Ghøstkid

Erscheinungsdatum: 13.11.2020
Genre:
Label: Century Media
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. FØØL
  2. START A FIGHT
  3. SHARKS
  4. DRTY
  5. THIS IS NØT HØLLYWØØD
  6. YØU & I
  7. SUPERNØVA
  8. CRØWN
  9. CØLD WØRLD
  10. ZERØ
  11. THIS IS NØT HØLLYWØØD
Ghøstkid
Ghøstkid
9
FAZIT
Mit „Ghøstkid“ hat Sebastian „Sushi“ Biesler ein Album in der Pipeline, welches beim ersten Hören fesselt und beim zehnten nicht damit aufhört. Die Platte ist musikalisch vielfältig und trotzdem angenehm einheitlich. Es bietet Raum für viele Emotionen und Ruhe für viele Gedanken – und genauso viele Ausbrüche - für diese, die man nicht in sich behalten will.