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Kritik: Gaerea - „Coma”

Black Metal nach Schema F? Nicht mit Gaerea. Mit ihrem neuen Longplayer „Coma“ gelingt es den Portugiesen, sich von Traditionen ...

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Black Metal nach Schema F? Nicht mit Gaerea. Mit ihrem neuen Longplayer „Coma“ gelingt es den Portugiesen, sich von Traditionen zu lösen und dem Genre einen modernen Anstrich zu verleihen. Es handelt sich um das vierte Studioalbum der maskierten Kombo, das Hörer:innen zu einer düsteren Reise durch Schmerz, Verzweiflung, Loslassen und Erlösung einlädt.

Jeder der zehn Songs erzählt seine eigene Geschichte, untermalt von emotional aufgeladenen Vocals, aggressiven Drums, melodischen Momenten und einer kristallklaren Produktion. Hierfür hat sich die Band erneut mit dem Produzenten Miguel Tereso zusammengetan, der bereits an den Vorgänger-Platten „Unsettling Whispers“ (2016), „Limbo“ (2020) und „Mirage“ (2022) beteiligt war.

Gaerea erfinden sich neu

Gaerea zeigen sich auf „Coma“ melodischer als je zuvor, was sich bereits am monumentalen Opener „The Poet’s Ballet“ zeigt. Der atmosphärische Einstieg überrascht mit noch nie dagewesenem Klargesang und zarten Synthesizern. Doch der Schein trügt. Plötzlich schlägt der Track in pure Verzweiflung um, die von einem donnernden Schlagzeugspiel und markerschütternden Screams getragen wird. Diese „Ruhe vor dem Sturm“ zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album.

Mit den Singles „Hope Shatters“ und „World Ablaze“ beweisen Gaerea, dass sie ebenso gut kurze, zerstörerische Songs beherrschen. Hier gelingt es ihnen, eine Balance zwischen Schwere und Melodik zu schaffen, die erstaunlich catchy ist und im Gedächtnis bleibt.

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Besonders gelungen ist der Titeltrack. Er startet ohne Umwege mit explosionsartigem Geschrei und wechselt stets zwischen stürmischen Ausbrüchen und ruhigen, introspektiven Momenten. Textzeilen wie „trapped in this body, my heart grows numb“ und „from the state of coma I’ll wake once more“ zeigen die Vielschichtigkeit der menschlichen Psyche auf – von den tiefsten Abgründen bis hin zu leiser Hoffnung. Ein zentrales Motiv des Longplayers. Ein weiteres Highlight ist der balladenhafte Track „Wilted Flower“, der sich wie ein düsterer Schleier über den eigenen Körper legt. Die Blast Beats wirken hier ausnahmsweise mal nicht aggressiv, sondern melancholisch. Gänsehaut!

Moderner Black Metal neu interpretiert

In der zweiten Hälfte des Albums nutzen Gaerea weiterhin den Kontrast zwischen Ruheoasen und Spannungsfeldern, erlebbar in Singles wie „Shapeshifter“ und „Unknown“. Diese sind zwar durchweg gelungen, doch nach einer Weile wird die bewährte Formel vorhersehbar, was dazu führt, dass die Aufmerksamkeit gegen Ende leider ein wenig nachlässt. Das ist unser einziger Kritikpunkt. Dennoch sind auch die letzten Songs handwerklich beeindruckend und fügen sich harmonisch in das Gesamtkonzept der Platte ein.

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Insgesamt präsentiert sich „Coma“ als vielschichtiges Album, das durch Kontraste brilliert. Es gelingt der Band, die charakteristische Kälte des Black Metal einzufangen und zugleich interessante Nuancen einzubringen. Somit ist die Platte nicht nur für Genrefans interessant, sondern spricht auch Hörer:innen an, die bislang wenig Berührungspunkte mit dieser Musikrichtung hatten. Ein starkes Werk, das den modernen Black Metal neu interpretiert und erweitert.

Foto: Gaerea / Offizielles Pressebild

ALBUM
Coma
Künstler: Gaerea

Erscheinungsdatum: 25.10.2024
Genre: ,
Label: Season Of Mist
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. The Poet's Ballet
  2. Hope Shatters
  3. Suspended
  4. World Ablaze
  5. Coma
  6. Wilted Flower
  7. Reborn
  8. Shapeshifter
  9. Unknown
  10. Kingdom of Thorns
Gaerea Coma
Gaerea Coma
9
FAZIT
Gaerea wenden sich auf „Coma“ von den traditionellen Black Metal-Strukturen ab und präsentieren sich zugänglicher als je zuvor. Die Portugiesen experimentieren mit Klargesang, Synthesizern und subtilen Melodielinien, während sie gleichzeitig die Dunkelheit des Genres eindrucksvoll einfangen. Eine gelungene Platte, die Zuhörer:innen in ihren Bann zieht. Gerne mehr davon!