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Kritik: Emmure - "Hindsight"

Wenn es eins gibt, was Emmure bisher immer ausgemacht hat, dann war es Frontmann Frankie Palmeri. Als einzig verbliebenes Originalmitglied ...

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Wenn es eins gibt, was Emmure bisher immer ausgemacht hat, dann war es Frontmann Frankie Palmeri. Als einzig verbliebenes Originalmitglied der Band hat er es mit ein paar zweifelhaften Aussagen immer wieder in die Medien geschafft, ob nun gewollt oder nicht.

Aber wir wollen uns nicht mit dem Klatsch und Tratsch beschäftigen, denn ich stelle euch das neue Album „Hindsight“ vor, das diesen Freitag erscheint.

Emmure wagen auf “Hindsight” (erneut) den Spagat zum Nu-Metal

Mit „Finally Understanding Nothing“ startet die Platte mit einem sehr glatt gebügeltem Crossover-Track, der die Attila– und vielleicht auch Limp Bizkit– Fans ein wenig anfixen könnte. Gerade die sehr einfach gehaltene Songstruktur gibt dem Anfang einen guten Einstieg und verlangt mir als Hörer jetzt nicht unbedingt die höchste Aufmerksamkeitsstufe ab.

„Trash Folder“ hingegen catcht mich durch Joshuas Travis bekanntem Sound und Riffing, der durch seine alten Bands wie „The Tony Danza Tapdance Extravaganza“ oder „Glass Cloud“ seinen Stil verbreitet hat. Nach zwei Minuten ist der aber auch wieder vorbei, was für mich etwas sehr flott und kurz ist.

Dieses Muster zieht sich jedoch durchs ganze Album. Mit „Pigs Ear“ kommt der erste Song, den wir bereits von den zuvor veröffentlichten Singles kennen. Hier wird sehr stark auf einem Riff rumgeritten und der Track hat Anleihen von „älteren“ Emmure-Songs. Manch einer würde hier mit „In der Kürze liegt die Würze“ argumentieren, meinen Geschmack trifft es dabei aber durch mangelnde Variabilität leider nicht ganz.

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„Gipsy Disco“ ist einer dieser Songs, die für mich ihre bizarre Natur gerade durch das Video voll entfalten können; dissonantes Swiping und die Mischung aus den verschiedenen Vocal-Stilen ergeben da ein stimmungsvolles, verstörendes Bild durch den schnellen Wechsel. Leider kann und muss ich aber schon die nächsten Songs mit einem Wort abstrafen: Edgy.

Ich bekomme durch Lines wie „But you’ll be never be me, so you’ll never be God“ oder „I don’t care about anyone, I don’t care about anything, the best thing you could ever do, is to stay the fuck away from me“ zwar Gänsehaut, aber eher die schlechte Version davon. Zu oft gehört, zu oft gesehen.

Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, beginnt „Thunder Mouth“ zwar mit einem coolen, an Nu-Metal angelehntem Riffing, geht dann aber über das Nutzen von Scatting in eine merkwürdige Korn-Hommage über. Ich weiß nicht, wie ich dieses musikalische Thema am Ende des Songs beschreiben soll, aber auch wenn Frankie immer wieder durchklingen ließ, dass er von Jonathan Davis und Fred Durst inspiriert worden wäre, klingt es hier fehl am Platz.

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i can’t take it. 📸: @jame_sperry

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„Tenacious, raw and uncompromising in a sea of fakery, Emmure proudly stands apart“ war die Einleitung, die ich zum dem Album bekommen habe. Zäh und kompromisslos bleibt die Platte tatsächlich, sogar bis zum Gipfel bei „Bastard Ritual THURS“, bei der Frankie nur noch zu seltenst einsetzenden Gitarren seinen Text auf einem verzerrtem Synthie-Background einschreit.

Hier fehlt es an allem: Groove, Melodie, Distinktion oder irgendein Merkmal, das mich aufhorchen lassen könnte. Mit dem Schluss, „Uncontrollable Descent“, holen Emmure nochmal ein wenig aus dem Album raus, zeigen nochmal Härte und Groove, enden jedoch uninspiriert mit einem Fade-Out. Puh, ich hätte nicht gedacht, dass ein Songtitel so gut zum Gefühl des Albums passen könnte.

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Sound Top, Writing Flop

Bezüglich des Sounds muss ich mal wieder einen Ausreißer zu anderen Alben machen. Wenn ihr die Review zur neuen Platte von Bleed From Within gelesen habt, habt ihr vielleicht noch meinen Kommentar zum Produzenten im Kopf. Auch bei “Hindsight” war mal wieder hochkarätige Unterstützung mit an Bord, nämlich in Form von Drew Fulk aka WZRD BLD.

Zusammen mit Joshua Travis haben die drei einen satten Sound geschaffen, der sich durch seinen Fokus auf die basslastigere Seite auszeichnet. Mir gefällt hier besonders, dass es trotz des durchgängigen Gehämmers nie „schwammig“ klingt. Trotzdem würde ich euch die Kopfhörer hier empfehlen, je nach Ausgabegerät könnten eure Boxen da kapitulieren.

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In Bezug auf das Songwriting bin ich einfach enttäuscht. Im direkten Vergleich zum 2017 erschienenen „Look At Yourself“ stinkt das neue Album in jeglicher Hinsicht leider ab. Das Zusammenspiel der an Djent angelehnten Gitarre und den Drums war deutlich interessanter; hier und da Polyrhythmen, Displacements und auch die Rap- und Scream-Parts von Frankie fand ich deutlich besser platziert.

Ich denke hier an Songs wie “Russian Hotel Aftermath”, “Natural Born Killer” und “Smokey”. Potential dadurch verschenkt, dass sich die Riffs nach vier Taktschlägen einfach wiederholen und auf die Zeit eintönig werden. Schade!

Foto: Emmure / Offizielles Pressebild

ALBUM
Hindsight
Künstler: Emmure

Erscheinungsdatum: 26.06.2020
Genre: ,
Label: Sharptone Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. (F)Inally (U)Nderstanding (N)Othing
  2. Trash Folder
  3. Pigs Ear
  4. Gypsy Disco
  5. I've Scene God
  6. Persona Non Grata
  7. Thunder Mouth
  8. Pan's Dream
  9. 203
  10. Informal Butterflies
  11. Action 52
  12. Bastard Ritual
  13. Uncontrollable Descent
Emmure Hindsight
Emmure Hindsight
3
FAZIT
Emmure haben es sich zum Markenzeichen gemacht, mit ihrer Art und Musik anzuecken. Meiner Meinung nach ist die Band um Frankie Palmeri jedoch dieses Mal übers Ziel hinausgeschossen und hat dabei ordentlich Federn gelassen.

Ob es nun am Hochmut oder etwas anderem liegt, wage ich nicht zu bewerten. Fest steht für mich jedoch, dass zwei Drittel des Albums leider nur wie eine B-Seite klingen und sie es auch gut und gerne bei den Single-Auskopplungen belassen hätten können. Schade um den guten Sound!