Review

MetalcorePost-Hardcore

Kritik: Elwood Stray - “Gone With The Flow”

Es hat etwas ganz Besonderes, eine Band seit ihren Anfangstagen auf dem Schirm zu haben und ihre musikalische Reise zu ...

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Es hat etwas ganz Besonderes, eine Band seit ihren Anfangstagen auf dem Schirm zu haben und ihre musikalische Reise zu beobachten. Mehr als sechs Jahre ist es her, seit ich Elwood Stray noch im Jugendzentrum Marl als Opener eines lokalen 5-Band-Lineups gesehen und mir für den obligatorischen Fünfer ihre erste EP “Burn The Bridge” (2017) mit nach Hause genommen habe. Von dort aus ging es für die Band Stück für Stück immer weiter nach oben. Und plötzlich kommt man nicht mehr in den überfüllten Skater’s Palace rein, während die Essener die Bühne für Landmvrks und The Ghost Inside aufwärmen.

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Das Ganze ist aber definitiv nicht mal so eben und vor allem auch keineswegs unverdient passiert. Elwood Stray waren von Anfang an ein starkes Gespann mit viel instrumentalem Geschick und einem Händchen für catchige Riffs und große Chorusmomente. Nach ihrem 2017er-Debüt folgten zunächst eine Menge starker Singles und 2021 ihre zweite EP “Triality”. Dabei präsentierte das Quintett mit jedem Song einen Ticken mehr Finesse und mehr Eigenständigkeit. Diesen unüberstürzten und bedächtigen Ansatz kann man der Band in jedem Fall zugute halten – jetzt, wo wir sehen, dass sich das lange Warten auf ihren ersten Langspieler gelohnt hat.

Elwood Stray spielen ihre Stärken aus

“Gone With The Flow” kommt mit elf Songs und einer Lauflänge von 32 Minuten daher. Darauf präsentieren uns Elwood Stray ohne viele Schnörkel ihren gut zugänglichen Mix aus Metalcore und Post-Hardcore. Über weite Strecken folgen sie dabei den gewohnten Formeln des Genres – und das ist keineswegs negativ gemeint. Zwischen groovigen Hauptriffs, dreckigen Breakdowns und ohrwurmartigen Refrains ist die Band Zuhause und überzeugt dabei auch ohne große Überraschungsmomente. Hits wie “Uncertain Me”, “No Cure” oder “Playing Along” gehen dabei gut runter und müssen nicht erst über mehrfaches Hören erschlossen werden.

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So können Elwood Stray alleine schon über ihre hohe Musikalität und die saubere Produktion viel Boden gutmachen. Während die Gitarren durchgängig eine sehr eindeutige und gut verständliche Sprache sprechen, führt die Rhythmusfraktion sicher und geschmackvoll von geradlinigeren bis hin zu verspielteren Parts. Shouter Maik Nehrkorn verdient nochmal eine besondere Erwähnung, da sein zügelloses und furioses Gebrüll schon regelrecht angsteinflößend rüberkommt. Auch Cleansänger Fabian Petz bekommt auf der Platte genügend Raum und wächst weit über seine Rolle als Hook-Beauftragter hinaus.

Das kleine bisschen Mehr

Ein gutes Beispiel dafür bildet “Decay”, auf dem er auf gefühlvolle Weise die Strophen übernimmt. Besagter Track lässt sich generell als eine der stärksten der Platte festhalten, was nicht zuletzt auch am eindringlichen Refrain und am fantastischen Gitarrensolo zum Schluss liegt. Der bedächtige Closer “Pendulum” schlägt in eine ähnliche Kerbe und zeigt, dass sich die Essener auch abseits ihrer Komfortzone wohlfühlen. “Seasons” kommt ebenfalls ein ganzes Stück hymnischer daher und erinnert an die frühen While She Sleeps. Im Kontrast dazu bietet die Band aber mit den kompromissloseren Songs wie “Outcast” oder “Negative” ausreichend Moshpit-Futter und verzichtet dabei gänzlich auf Cleans.

Elwood Stray haben sich definitiv kein leichtes Unterfangen ausgesucht, sich an ein ganzes Album zu wagen – so gut wie sich ihr Sound eigentlich für den auf Streamingplattformen angelegten Veröffentlichungsrhythmus eignet. Sie stehen am Ende zum Glück die Landung – auch wenn sich festhalten lässt, dass sie von der kurzen Lauflänge und den gelegentlichen Ausflügen in melodischere Gefilde gerettet wurden. Gerade die Ausnahmetracks der Platte bleiben am Ende des Tages besonders im Kopf – weil sie eben nicht nach Schema F ablaufen und aus dem Rest der Platte noch ein wenig mehr herausstechen.

Foto: Kathi Sterl / Offizielles Pressebild

ALBUM
Gone With The Flow
Künstler: Elwood Stray

Erscheinungsdatum: 30.06.2023
Genre: ,
Label: Out Of Line Music
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Outcast
  2. Playing Along
  3. Half-Life
  4. Decay
  5. Uncertain Me
  6. No Cure
  7. Four Shells
  8. Seasons
  9. Relived
  10. Negative
  11. Pendulum
Elwood Stray Gone With The Flow
Elwood Stray Gone With The Flow
8.5
FAZIT
Elwood Stray haben mit ihrem ersten Longplayer “Gone With The Flow” ihren Status als eine der wichtigsten, aufstrebenden Metalcore-Bands Deutschlands zementiert. Zwischen hitverdächtigen Refrains, kantigen Breakdowns und unbändigem Gebrüll haben die Essener einen Sweetspot gefunden, der angenehm zugänglich ist. Nichtsdestotrotz punktet die Band noch mehr außerhalb ihrer gewohnten Strukturen - was sie hoffentlich auf kommenden Releases noch mehr ausreizen werden.