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Kritik: Electric Callboy - "TEKKNO"
Electric Callboy gehören vermutlich zu dem Unterhaltsamsten und Besten, was der Metal aktuell zu bieten hat. Gerade live überzeugt die ...
VON
Kat Kronthaler
AM 13/09/2022
Electric Callboy gehören vermutlich zu dem Unterhaltsamsten und Besten, was der Metal aktuell zu bieten hat. Gerade live überzeugt die Band seit einiger Zeit immer wieder mühelos tausende Fans von sich. Nach Frontman-Wechsel, einer EP und einer Flut an Singles präsentieren sie uns kommenden Freitag endlich ihr neues Album. „TEKKNO“ ist der erste Longplayer der Gruppe seit 2019 und erscheint am 16. September 2022 via Century Media. Die Platte zählt zehn Songs, fünf davon dürften Fans bereits bekannt sein.
Electric Callboy laden zum Tanz
Mit diesen Singles starten wir auch gleich! Den Anfang macht „Pump It“, der ESC-Siegersong der Herzen. Allgemein brauchen wir zu den ersten Tracks auf „TEKKNO“ nicht allzu viel sagen. Um es mit Schlagzeuger Davids Worten im „Track by Track“ Video auszudrücken: „You already know ‚Pump It‘ motherfucker. It’s a good song.“
Dem kann man nur kommentarlos zustimmen.
Weiter geht’s mit „We Got The Moves“. Gemeinsam mit „Pump It“ waren dies Tracks die besten Momente auf dem Konzert der Band, das ich im April besucht hatte. Beide machen sowohl über Kopfhörern als auch live einfach so richtig Bock und beweisen nur noch einmal, warum Electric Callboy seit Ewigkeiten eine meiner absoluten Lieblinge sind, wenn es um Liveshows geht. Wer die Tour ebenfalls besuchte, der weiß, was ich meine.
Während die ersten Veröffentlichungen nach dem Frontmann-Wechsel leider – der eigenen Skepsis geschuldet – etwas an mir vorbeigegangen sind, haben mich diese neusten Single-Releases wieder komplett abgeholt.
Das Beste kommt direkt zuerst
Beim Album Durchhören von mir aber leider geskipped wurde „Fuckboi“ (feat. Conquer Divide). Gerade im Vergleich mit den anderen Openern war der Song in meinen Augen eher schwach und hat mir schlichtweg nicht gefallen. „Fuckboi“ hat sich fehl am Platz angefühlt, vor allem da uns der darauffolgende „Spaceman“ ohne wirkliche Konkurrenz klar den besten Song des Albums präsentiert.
„Spaceman” (feat. Finch) verkörpert wieder viel mehr den EC-Charakter, den ich über die Jahre lieben gelernt habe. Der Song ist von Anfang bis Ende top. Die Deutsch-Englisch-Kombi kennen wir ja bereits aus der Vergangenheit, zum Beispiel durch „Best Day“ feat. Sido auf „Crystals“ (2015). In diesem Fall hoffe ich aber, dass es keine rein englische Version geben wird – das Feature mit Finch passt wie die Faust aufs Auge und ist ein Zusammenschluss, den ich in Zukunft gerne öfter hören würde.
Mit den nächsten Tracks, “Mindreader“, „Arrow Of Love“ und „Parasite“ haben wir nun die Mitte von „TEKKNO“ und die neuen Tracks erreicht. Erstere konnten mich allerdings nicht komplett von sich überzeugen oder den am Anfang der Platte aufgebauten Hype aufrechterhalten. „Mindreader“ fühlte sich zum Teil an, als handle es sich um das jüngere Geschwisterchen von „Pump It“, das im Schatten seines großen Bruders steht.
„Arrow Of Love“ stach ebenfalls nicht wirklich hervor und blieb nach dem Anhören nicht besonders in Erinnerung. Der Nachfolger „Parasite“ dagegen fiel dann wieder viel positiver auf und erinnert sehr an die Trancecore-Wurzeln der Band. Dabei stellt der Song auch klar den stärkeren Track in diesem Trio dar.
„TEKKNO“ macht Stillhalten beim Zuhören schwer
Nachdem das Mittelfeld also zunächst abgeschwächt zu sein scheint, kam das Aufspringen auf den „Tekkno Train“ wie gerufen. Von den neuen Liedern ist es mein Favorit. Mit albernen Lyrics und einer großartigen Techno-Metalcore-Mischung macht der Song richtig Spaß beim Anhören und Stillsitzen ist schwer.
Ein Ballermann-Liebhaber und ein Deathcore-Fan gehen in eine Bar… Um „Hurrikan“ angemessen beurteilen zu können, habe ich mir eine professionelle Expertenmeinung eingeholt, und zwar vom größten Schlagerfan im wunderschönen Süden des Landes. Papa war zwar zunächst ein wenig schockiert, aber er feiert „Hurrikan“ inzwischen genauso sehr wie wir. „Bissl schlüpfrig.. .und die eine Hälfte konnte man kaum anhören.“ Welche Hälfte gemeint ist, das ist jedem selbst überlassen! Dieser traumhafte Schlagercore lässt keine Wünsche offen und lässt sich problemlos mit breitem Grinsen das ein oder andere Mal auf Repeat anhören.
Man soll bekanntlich aufhören, wenn’s am schönsten ist. Im Falle von „TEKKNO“ kriegen wir aber noch einen letzten Song zum Abschluss. Zwar kein Track, der zum Ende hin nochmal speziell heraussticht (nach „Hurrikan“ ist das zugegeben auch schwierig), aber trotzdem ein runder Album-Abschluss. „Neon“ gibt vor allem Sänger Nico noch einmal Gelegenheit, ein wenig mit seinen Vocals zu glänzen.
„TEKKNO“ ist Electric Callboys erste Longplayer seit „Rehab“ (2019). Als langjähriger Fan der Band seit „We Are The Mess“-Zeiten stand ich der ein oder anderen Stiländerung zwischenzeitlich sehr skeptisch gegenüber. Während ich dem Vorgänger überhaupt nichts abgewinnen konnte, ist „TEKKNO“ für mich aber ein Must-Hear.
Anfang und kompletten Einstieg bilden bereits veröffentlichte Singles und Zuhörer müssen bis zur Mitte des Albums warten, um für sie neue Musik zu bekommen. Das Gesamtwerk erscheint so beinahe ein wenig kurz bzw. abgehackt, weswegen ich mir vielleicht 1 – 2 Songs mehr gewünscht hätte. Gleichzeitig bilden genau diese Singles auch das Rückgrat von „TEKKNO“, da es sich bei zum Beispiel „Pump It“ und „Spaceman“ um die mit Abstand besten Vertreter der Platte handelt. Dicht gefolgt von „Tekkno Train“.
Foto: Christian Ripkens / Offizielles Pressebild
TEKKNO
Künstler: Electric Callboy
Erscheinungsdatum: 16.09.2022
Genre: Alternative, Metalcore, Modern Metal
Label: Century Media Records
Medium: CD, Vinyl, etc
- Pump It
- We Got The Moves
- Fuckboi (feat. Conquer Divide)
- Spaceman (feat. FiNCH)
- Mindreader
- Arrow Of Love
- Parasite
- Tekkno Train
- Hurrikan
- Neon
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