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Kritik: Eskimo Callboy - "MMXX" (EP)

Eskimo Callboy sind Back in The Bizz! Also nicht mit „The Scene“, das Album ist ja schon etwas älter, wir ...

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Eskimo Callboy sind Back in The Bizz! Also nicht mit „The Scene“, das Album ist ja schon etwas älter, wir reden hier schon von 2020. Also dem Jahr, nicht von der EP, aber die heißt ja auch so. Also fast genau so.

„MMXX“ ist der Name, wenn wir es dann endlich ganz genau nehmen. *Zwinkersmiley* Wir hören genau rein und finden heraus, welche Qualitäten die Jungs aus den tiefsten Tiefen des Ruhrgebiets alias Castrop-Rauxel im Gepäck haben. Besonders spannend wird das Release durch den neuen Sänger Nico Sallach (Ex-To The Rats And Wolves), der erstmals auf einer Platte der Band zu hören ist.

Die Sammlung kommt mit 6 Songs daher, gesplittet in zwei Teile. Die ersten drei Songs sind dabei komplett neue Tracks, während die letzten 3 Songs Neuinterpretationen älterer Songs mit Nico Sallach sind. Spannend!

Eskimo Callboy finden auf „MMXX“ in ihre alte Form zurück

Wir hören zuerst in die erste Single-Auskopplung „Hypa Hypa“ rein. Schon vor dem Release der EP hat der Song bandinterne Rekorde gebrochen. Kein anderer Track der Band konnte in so kurzer Zeit so viele Klicks bei YouTube generieren. Dafür auch erstmal einen herzlichen Glückwunsch vom MoreCore-Team! Für uns kommt der Einschlag tatsächlich auch wenig verwunderlich, denn zusammen mit dem Musikvideo ist er eine gelungene Party-Anspielung auf Kultband Scooter und ihrem Megahit „Hyper Hyper“.

Mit einem reinen elektronischen Intro, einer powervollen Hook im Refrain ein paar „Döp Döp Döp“ ist der Bezug auch direkt klar, hat aber sonst eher weniger mit seinem geistigen Vorbild auf der musikalischen Ebene gemein. Verzerrte Gitarren und heftige Shouts machen dann doch den bedeutenden Unterschied. „Hypa Hypa“ ist (zusammen mit dem genialen Video, den Kostümen, der Performance) einfach Unterhaltungs-Gold.

In meinem näheren Umfeld habe ich allerdings auch schon vernommen: Man kann den Track sowohl musikalisch als auch lyrisch anspruchslos oder gar stumpf finden, aber eines kann, denke ich, (fast) niemand abstreiten: Das Stück macht Bock, es macht gute Laune und wenn er einen wahnsinnig durchs Wohnzimmer springen lässt, dann macht er teilweise sogar Corona vergessen! Und das tut verdammt gut.

Der Erfolg gibt Eskimo Callboy Recht dabei. Und wer von euch vorhin aufgehorcht hat, als ich über die Lyrik gesprochen habe und sich ein eigenes Bild über den Text machen möchte, der kann bestimmt auch mal in unsere Rubrik „Marlon liest“ zu dem Song reinschauen.

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„Hate/Love“ kommt im Gegenzug zu „Hypa Hypa“ eine deutliche Spur ernster um die Ecke. Naja, jedenfalls so ernst, wie man als Eskimo Kohlboi wohl so sein kann. Er handelt von der titelgebenden Hassliebe in einer toxischen Beziehung. Die Essenz ist der Hass, der sich aus einer ehemaligen Liebe entwickelt hat.

Der Song hat im Gegensatz zu „Hypa Hypa“ nicht den Anspruch, Party zu machen; vielmehr zeigt er uns eine andere Facette der Band und vor allem von Nico Sallach, denn seine Arbeit steht hier offensichtlich im Vordergrund. Musikalisch liefert er uns gerade an der Gitarre kleine Nu-Metal- und Industrial-Einflüsse. Auch die Vocals erinnern stückweise an Marylin Manson. Nico zeigt uns also insgesamt als neuer Frontmann direkt (auch später mit „MC Thunder II“), dass er unterschiedliche Art von musikalischen Stücken durchaus beherrscht. Wirklich stark!

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„MC Thunder II (Dancing Like A Ninja)“ beginnt mit einem Paukenschlag. Der Rest der Instrumente fadet langsam ein. Der Song kommt mit einer eher einfachen Struktur, aber mit einer sehr eingängigen Gesangsmelodie daher. In diesem Track kommt vor allem das wunderbare Zusammenspiel der beiden Sänger Kevin und Nico zur Geltung. Der Track bringt im direkten Vergleich ordentliche Shouts an den Start.

Wie schon in „Hypa Hypa“ spielen sie mit Pigsquals und machen sie durchaus wieder salonfähig. Nachdem die erste Hälfte durchgelaufen ist, geht es aber erst richtig los! Ein Break wird aufgebaut – fühlt sich fast an wie ein Raketenstart. Dieser kommt und wird von einem richtig fiesen Syntheziser begleitet. Die Vocals bekommen durch ein Tremolo einen krassen Stottereffekt und der Break geht in den nächsten Break über.

Der Song wird tiefer, um dann später in einen dritten Break zu gehen, der wieder tiefer wird und von mächtigen Shouts in kräftige Growls mündet. Holy Moly. Ich habe den Track ca. zehnmal gehört und ich bekomme an der Stelle einfach immer noch Gänsehaut. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das zumindest mein persönlicher Song des Jahres wird. Unglaublich.

Ich würde gerne mehr dazu schreiben, aber zum einen würde es einfach ausufern und zum anderen hab ich (auch jetzt grade beim Schreiben) das Gefühl, meine Worte werden dem gar nicht gerecht. Ich bin gespannt ob der Song nach einiger Zeit immer noch so wirkt. Vielleicht lässt mich „MC Thunder II“ auch nur in äußerster Demut zurück, weil ich ganz genau weiß, dass er auf Konzerten und Partys absolut abreißen würde und wir das momentan leider (noch) nicht erleben können.

Ich bin wirklich gespannt, wie sich das noch entwickelt und ob er auch genau so gut ankommt wie „Hypa Hypa“. Ich wäre wirklich verwundert, wenn es nicht so käme.

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Der erste Teil der Platte kommt also wunderbar vielseitig. Die heilige Dreifaltigkeit sozusagen. Er überrollt uns mit Spaß, Emotionen und Abriss!

Im zweiten Teil bekommen wir dann alte Songs komplett neu aufgenommen und mit Nico Sallach als Sänger auf die Ohren. Total überraschend sind die nächsten beiden Tracks Neuinterpretationen von den allerersten Veröffentlichungen von Eskimo Callbboy. Die Titel sind leicht anders benannt.

So kann ich die neuen Tracks auch nur am Titel unterscheiden und laufe nicht Gefahr, ein Durcheinander in meinen Bibliotheken zu bekommen (ein nur kleines Detail, was aber Freude macht).

Der allerletzte Track ist mit „Prism“ eine Version eines jüngeren Songs. So bildet der zweite Teil ganz gut in einem kurzen Umfang von drei Tracks die bisherige Entwicklung der Band ab.

Der erste neue alte Song „Monsieur Moustache“ lässt zumindest im Titel die Clitcat zuhause und glänzt mit einer viel runderen Produktion als zuletzt vor zehn Jahren. Am meisten hört man das am Syntheziser, denn er scheint mit Mix den Song nun viel mehr zu füllen. Damals schon ein Hit für mich gewesen, kocht Nostalgie in mir hoch. Ich erinnere mich an einen kleinen lockigen Fanboy erster Stunde mit jungen 15 Jahren in der Jugendfreizeitstätte umme Ecke.

Ich wusste da allerdings noch nicht, dass diese Liebe noch mal einen anderen Sänger erreichen wird und dass ich auch mal einen Moustache tragen würde. Absoluter Fan-Service verpackt in neuem Gewand, für neue und alte Fans perfekt.

Das gleiche Gefühl breitet sich anfänglich beim Lesen des Titels „Dramaqueen“ aus. Hier gefällt mir der Mix allerdings nicht so gut wie der des Originals, denn irgendwie habe ich hier das Gefühl, da geht Power verloren. Macht euch doch am besten ein eigenes Bild. Trotzdem ist der Track mehr als hörenswert. Man kann sich ein Bild machen, wie EC dann auch live mit alten Songs auf der Bühne klingen könnten.

Mit „Prism“ in einer ruhigen Version wird die EP nicht nur als Ganzes mit einem schönen ruhigen Akustik-Song abgerundet. Kenner von Eskimo Callboy wissen, dass „Prism“ der Song ist, dessen Coverversion Nico Sallach in die Band gebracht hat. So bekommt der außerdem eine sehr persönliche und emotionale Note im Unterton.

Außerdem wird hier durch den Fokus auf die Stimme einfach besonders klar: Der Junge kann singen! Wir wissen, warum er der neuer Sänger geworden ist und es passt auch einfach wie die Faust aufs Auge.

Foto: Eskimo Callboy / Offizielles Pressebild

ALBUM
MMXX (EP)
Künstler: Electric Callboy

Erscheinungsdatum: 11.09.2020
Genre: , ,
Label: Century Media
Medium: CD

Tracklist:
  1. Hypa Hypa
  2. Hate/Love
  3. MC Thunder II (Dancing Like A Ninja)
  4. Monsieur Moustache
  5. Dramaqueen
  6. Prism (feat. Tobias Rauscher)
Eskimo Callboy MMXX
Eskimo Callboy MMXX
8.5
FAZIT
"MMXX" gibt einen Ausblick auf die Entwicklung von Eskimo Callboy: Vielseitig und im Kern seinen Stil beibehaltend. Die neuen Tracks sind die nächste Stufe einer Reise, die Vorfreude auf ein vollwertiges Album macht. Aber die EP hilft, um jetzt den Fans etwas Neues anzubieten, um über eine schwere Zeit hinweg zu trösten.

Die Bewertung scheint trotzdem erstmal nicht zum vorherigen Text zu passen. Die Ansätze für ein sehr gutes Album sind vorhanden, allerdings lassen drei Neuaufnahmen und drei Songs, die schon veröffentlicht worden sind, insgesamt etwas Neues vermissen.