Review

Punkrock

Kritik: Donots - "Heut ist ein guter Tag"

Das Wetter ist grau und trüb? Es ist noch viel zu kalt? Heute alles egal, denn „Heut ist ein guter ...

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Das Wetter ist grau und trüb? Es ist noch viel zu kalt? Heute alles egal, denn „Heut ist ein guter Tag“, das neue Album der Donots steht in den Startlöchern. Fans der Band aus NRW mussten sich ganze fünf Jahre gedulden. Das vergangene Album „Lauter als Bomben“ schlug ein wie eben selbige und umso gespannter konnte man auf die neuen Klänge sein. Wie das 15 Tracks starke Album klingt und was wir davon halten, das erfahrt ihr in unserer ausführlichen Review.

Die Donots sind keineswegs eine unbekannte Band und so beginnt auch der erste vollwertige Song „Auf Sie mit Gebrüll“ mit gewohnter Punk-Attitüde. Dabei bringt das Tempo, das Thema der Gemeinschaft und nicht zuletzt der punchige Beat einen Hauch von Festival zurück in die Wohnzimmer. So kann man bereits im Februar den Staub des Circle-Pits förmlich schmecken. Ähnlich verhält es sich mit „Längst noch nicht vorbei“, einem durchweg positiven Song mit starkem Ohrwurm-Charakter.

Bis hierher scheint es so, als wäre zwischen dem Vorgänger-Album „Lauter als Bomben“ und „Heut ist ein guter Tag“ kaum eine Entwicklung festzustellen. Die Donots machen ihr „Donots-Ding“ und alle sind glücklich, richtig? Falsch!

Eine grundlegende Haltung schwingt auf der neusten Veröffentlichung der Donots mit, die auf vergangenen Releases eher selten, oder unterschwellig zu finden war – und das ist Melancholie. Sei es der wehmütige Grundton in „Augen sehen“, einem Track, der sich durchaus so deuten lässt, als würde man sich nach vergangene Zeiten zurücksehnen, oder der eingängige, musikalische Rückblick in „Solange wir uns haben“, der der Band ausgesprochen gut steht.

Die Donots zwischen Altbewährtem und neuen Wegen

Auch wenn es so scheint, als würden die Donots sich Zeit und Raum nehmen, vergangene Zeiten zu besingen und herbeirufen zu wollen, so zeigt sich im Song „1,21 Gigawatt“ eine grundsätzliche Gesellschaftskritik, verpackt in feinstem Hardcore/Punk-Gewand. Dabei lässt sich das inhaltliche Thema auf unterschiedliche Weisen interpretieren. Zum einen wird der starke Elektrifizierungstrend und die damit zusammenhängende Konsumgesellschaft an den Pranger gestellt, zum anderen resultiert aus selbiger eine grundlegende Unruhe mit dem Verlust des Im-Moment-Seins.

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Es wird also deutlich, dass die Band aus Ibbenbüren keineswegs ihr Gespür für gesellschaftsrelevante Themen haben, jedoch scheint es so, als würde auf „Heut ist ein guter Tag“ ein Stück weit die Tiefe fehlen. „Radikale Passivisten“ kritisiert eine grundsätzliche Passivität und die fehlende Motivation Dinge zu ändern. Dabei kratzt der Song leider eher an der Oberfläche und legt den Fokus verstärkt auf den relativ kurzen Refrain.

Ähnlich verhält es sich bei „Hunde los“. Die Donots schaffen es, die generierte Aufbruchsstimmung beinahe spürbar zu machen, ein Kribbeln beim Hören im gesamten Körper herbeizurufen, auch hier ist die textliche Tiefe jedoch letztlich ausbaufähig.

Tiefe auf Anfrage

Und dann gibt es sie doch noch, die Tracks die musikalisch passen und zugleich einen verbalen Interpretationsspielraum ermöglichen, die für Tiefe sorgen und dazu anregen, sich mehr mit den Lyrics zu beschäftigen. „Kometen“ schafft den Spagat zwischen einem Loblied auf das Unangepasstsein und der Zufälligkeit des eigenen Daseins. Dabei führen die Donots die eigene Vergänglichkeit unterschwellig vor Augen und sorgen mit einem „A Clockwork Orange“-Zitat für ein wenig gesellschaftliche Endzeitstimmung.

Auch der finale Song „Endlich Irgendwo“ weist Finesse auf. Während das anfängliche Meeresrauschen und der Song in seinem Konzept für ein Durchatmen und ein Ankommen sorgen, schließt der Track mit den Worten „Heut ist ein guter Tag“. Dadurch wird nicht nur der Albumtitel aufgegriffen, es wird darüber hinaus ein Bogen zum ersten, gleichnamigen Song geschlagen.

Dieser Gedanke verstärkt sich durch die beinahe zu lange „Ah“- und „Oh“-Passage, die durchaus als Alpha und Omega (Anfang und Ende) gedeutet werden kann. So schaffen es die Donots auf den letzten Metern eine Versöhnung mit „Heut ist ein guter Tag“ herbeizuführen. Nach dieser musikalischen Achterbahnfahrt können Fans dann doch endlich durchatmen, denn ja, heut ist ein guter Tag!

Foto: Danny Kötter / Offizielles Pressebild

ALBUM
Heut ist ein guter Tag
Künstler: Donots

Erscheinungsdatum: 03.02.2023
Genre: ,
Label: Warner Music
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Heut ist ein guter Tag (Intro)
  2. Auf sie mit Gebrüll
  3. Augen sehen
  4. 9 Leben (feat. Jörkk Mechenbier)
  5. Längst noch nicht vorbei
  6. 1.21 Gigawatt
  7. Hunde los
  8. Kometen
  9. Traurige Roboter
  10. Apokalypse Stehplatz Innenraum
  11. Es tut nur weh, wenn ich lache (feat. Sarah De Castro)
  12. Radikale Passivisten
  13. Solange wir uns haben
  14. Hey Ralph
  15. Endlich irgendwo
Donots Heut ist ein guter Tag
Donots Heut ist ein guter Tag
7.5
FAZIT
Mit ihrem neuen Album „Heut ist ein guter Tag“ setzen die Donots ihren punkigen Musik-Feldzug fort. Das Album besitzt die Merkmale, für die die Band aus NRW bekannt ist. Zusätzlich wirkt das Album allerdings so, als würde verstärkt eine rückblickende Haltung einnehmen. Damit wird es spannend, wie die Band sich zukünftig musikalisch aufstellt. Zum einen gibt es das Potenzial, sich neu und kraftvoll aufzustellen, zum anderen gibt es an der ein oder anderen Stelle eine kleine Tendenz zum zahnlosen Parolengebrüll. An diesen vereinzelten Stellen würde man sich schlichtweg mehr Tiefgang und Varianz wünschen.