Review
Punkrock
Kritik: Descendents - "9th & Walnut"
Aufräumen, Ausmisten und Sortieren… das dürfte in vielen Haushalten weltweit eine der Lieblingsbeschäftigungen im Lockdown gewesen sein. So auch im ...
VON
Mauritz Hagemann
AM 22/07/2021
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Aufräumen, Ausmisten und Sortieren… das dürfte in vielen Haushalten weltweit eine der Lieblingsbeschäftigungen im Lockdown gewesen sein. So auch im Hause Descendents – und herausgekommen ist nicht weniger als ein neues Album mit dem Titel „9th & Walnut“ – vollgepackt mit Songs, die allesamt zwischen 1977 und 1981 geschrieben, zum großen Teil bereits im Jahr 2002 aufgenommen und nun mit dem charakteristischen Gesang von Sänger Milo Aukerman versehen wurden.
Über Descendents und ihre Bedeutung für die Entwicklung des Punkrocks in den letzten 40 Jahren ist schon so viel geschrieben worden, dass es hier nicht nochmals ausgebreitet werden soll. Fest steht jedenfalls, dass die 1977 in Kalifornien gegründete Band nicht nur mehrere Generationen von Musikfans geprägt und zahlreiche Bands inspiriert hat, sie hat es auch geschafft, einen ganz eigenen Stil zu ihrem Markenzeichen zu machen.
Und ganz gleich, ob man die Mischung aus schnellen, harten Rhythmen mit melodiösen Gitarren und ebenso melodiösem Gesang nun als Melodic Hardcore oder doch als Melodycore bezeichnet: Ihren Ursprung hat diese Musikrichtung eindeutig bei den seit ihrer Gründung mehrfach aufgelösten bzw. für mehrere Jahre inaktiven Descendents.
Ein gelungenes Comeback
Aufgrund dieser zwischenzeitlichen Inaktivität ist es auch nicht verwunderlich, dass mit „9th & Walnut“ – benannt nach der Kreuzung, an der ihr erster Proberaum lag – nun auch „erst“ Studioalbum Nr. 9 in den Startlöchern steht. Verwunderlich ist hingegen, dass die aus der Anfangsphase der Band stammenden Songs überhaupt nicht antiquiert klingen. Vielmehr geht es direkt zu Beginn Descendents-typisch zur Sache: Songs wie der Opener „Sailor’s Choice“ oder vor allem „You Make Me Sick“ zeigen direkt, was den charakteristischen Sound der Songs ausmacht. Rhythmisch klar strukturiert, gesanglich und lyrisch pointiert.
Zwar wird nicht verraten, wieviel bei den Songs noch nachbearbeitet wurde, doch wenn bloß die grobe Song- und Soundstruktur wirklich schon Ende der 70er-Jahre vorhanden war, dann kann man vor einer für diesen frühen Zeitpunkt schon so reifen Leistung nur den Hut ziehen.
Descendents holen ihre Goldstücke aus der Mottenkiste
Ebenfalls nicht bekannt ist auch, wie viele Songs aus der Frühphase der Band für das Album zur Debatte standen, doch das kann letztlich auch dahinstehen, denn die getroffene Auswahl überzeugt auf ganzer Linie. Und wer fürchtet, dass die Band den Hörerinnen und Hörern gar keine Atempause gönnt, tut dies zwar nicht völlig zu Unrecht, darf sich aber auf die etwas gemäßigten und melodischeren Songs „Tired Of Being Tired“ und „Mohicans“ freuen.
Übrigens finden sich auf „9th & Walnut“ nicht ausschließlich unveröffentlichte Songs. „Ride The Wild“ und „It’s A Hectic World“ wurden bereits 1979 – als erste Songs der Band – veröffentlicht, sind aber nun zum ersten Mal in einer vom erst 1981 zur Band gestoßenen Milo Aukerman gesungenen Version zu hören. „Like The Way I Know“ entstand bei den Aufnahmen zum schon wegen des Albumcovers legendären Debütalbum „Milo Goes To Collage“ und wurde für „9th & Walnut“ noch einmal neu aufgenommen. Das „The Dave Clark’s Five“-Cover „Glad All Over“ rundet das neue, alte Descendents-Erlebnis perfekt ab.
Froh, dass es damit vorbei ist, dürften aber nur wenige sein – froh, dass das Album auch bei dritten, vierten, fünften Hören nicht langweilig wird, schon eher.
Bild: Descendents / Artwork zu „9th & Walnut“
9th & Walnut
Künstler: Descendents
Erscheinungsdatum: 23.07.2021
Genre: Punkrock
Label: Epitaph Records
Medium: CD, Vinyl, etc
- Sailor’s Choice
- Crepe Suzette
- You Make Me Sick
- Lullaby
- Nightage
- Baby Doncha Know
- Tired of Being Tired
- I’m Shak
- Grudge
- Mohicans
- Like the Way I Know
- It’s A Hectic World
- To Remember
- Yore Disgusting
- It’s My Hair
- I Need Some
- Ride the Wild
- Glad All Over
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