
Review
HardcoreMetalcore
Kritik: Code Orange - "The Above"
Im Windschatten lebt es sich bedeutend leichter. Man darf halt eben andererseits nur nicht erwarten, auch als Erster durchs Ziel ...
VON
Dennis Grenzel
AM 24/09/2023
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Im Windschatten lebt es sich bedeutend leichter. Man darf halt eben andererseits nur nicht erwarten, auch als Erster durchs Ziel zu gehen. Der Weg dorthin war für die aus Pittsburgh, Pennsylvania stammenden Code Orange seit dem Labelwechsel hin zu Roadrunner, im späteren Verlauf Blue Grape und der 2019er Tour im Vorprogramm von Slipknot zuletzt relativ rasant. Und nun, da die ehemalige Deathwish-Formation eigenen Aussagen zufolge das nächste Level erklimmen muss, um als künstlerisch wirkende Einheit weiterhin überhaupt bestehen zu können, möchte man sich wünschen, etwaige Ambitionen und die daraus resultierenden Entwicklungen wären komplett ausgeblieben.
Code Orange: Der Fokus liegt auf Außenwirkung
Und mit „Grooming My Replacement“ und der darauf folgenden Single „The Game“ nahm ja im Vorfeld alles bereits seinen Lauf. Hier merkte man schon, dass sich Code Orange mit ihrer Transformation zu einer neuartigen Award-Formation keinerlei Gefallen getan haben. Sogar die Kompositionen an sich wirken wie auf blanke Außenwirkung konzipiert. Schnödes, ideenlos wirkendes Geriffe macht während eines „The Game“ Platz für Samples ohne jedwedes Gespür für treffsichere moderne Sounds. Und leider nicht nur das: Jami Morgan bekam im Studio von Albini allem Anschein nach leider nicht so recht Druck hinter die Kessel, ebenso wie der Gitarenachse Balderose / Meyers die Fülle und Härte an den Sechssaitern abgeht. Dadurch wirken die Kompositionen zwar mit reichlich Drive versehen und für Code Orange gewohnt getrieben und bedrückend anmutend, Im Gesamtbild dann aber doch recht blutleer und drucklos.
EINIGE MOMENTE AUF „THE ABOVE“ SCHENKEN HOFFNUNG
Ein „Take Shape“ ist zumindest im Refrain noch vergleichsweise überzeugend und holt den Hörer mit seinen Melodien in Ansätzen ab. Der darauf folgende, gänzlich ruhige Part, der gesanglich dann von einem Billy Corgan angeführt wird, wirkt an sich komplett deplatziert, ja, fast schon theatralisch inszeniert. Man hat gegen Ende das Gefühl, dieser Song sei – und das nicht einmal versiert – komplett um ein Feature herum gebaut worden. Erst als sich ein Eric Balderose im Video im freien Fall befindet, merkt man, wie verzichtbar eben jener Auftritt tatsächlich war.
Man möchte es nur allzu gern mit der künstlerischen Freiheit und der Kunstoffenheit begründen, die Code Orange so gern attestiert wird, hier jedoch kommt es der Wahrheit am nächsten, wenn man von Ideenlosigkeit und dem blanken Willen, kommerziell auf plumpe Art auszubrechen, ausgeht. Und mal ehrlich: Gänzlich alle Trustkill-Kapellen der 2000er Jahre haben das auf eben ihre Art überzeugender hinbekommen. Gegen Ende stimmen zumindest „But A Dream…“ oder aber der finale Titelsong „The Above“ in Ansätzen versöhnlich.
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CODE ORANGE GEHT DIE IDENTITÄT AB
Während andere Formationen wie Loathe oder aber Spiritbox in kommerzieller Hinsicht ähnlich unterwegs sind, sich musikalisch aber stets weiterentwickeln und an Profil gewinnen, verlieren Code Orange langsam an eben jenem. Um auch musikalisch für sich selbst einstehen zu können, müssten sie sich zuerst einmal stilistisch authentisch verorten.
Diese halbgaren Tänzeleien zwischen Metal, Alternative Rock, in Teilen fast schon Industrial und auch noch Metalcore überfordern den US-amerikanischen Fünfer dahingehend, dass er bei aller Genrebreite seine eigene Identität komplett aus den Augen verliert. Live mag das ja durchaus noch funktionieren, im Studio hingegen offenbaren sich da mittlerweile recht große Schwächen. Und auch ein „Mirror“, das gesanglich von Reba Meyers zum Besten gegeben wird, mag im Gesamtkonzept nicht so recht überzeugen, auch wenn es zumindest mal ungewöhnlich ist. Auch hier entsteht der Eindruck, Code Orange würden einen für sie recht untypischen Song als kommerziellen Kompass nutzen.
Foto: Tim Saccenti / Offizielles Pressebild
The Above
Künstler: Code Orange
Erscheinungsdatum: 29.09.2023
Genre: Hardcore, Metalcore
Label: Blue Grape Music
Medium: CD, Vinyl, etc
- Never Far Apart
- Theatre Of Cruelty
- Take Shape (feat. Billy Corgan)
- The Mask Of Sanity Slips
- Mirror
- A Drone Opting Out Of The Hive
- I Fly
- Splinter The Soul
- The Game
- Grooming My Replacement
- Snapshot
- Circle Through
- But A Dream...
- The Above
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