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Kritik: Casey - "How To Disappear"
Als Casey vor gut einem Jahr ihr Comeback bekanntgaben, gab es schon das ein oder andere überraschte Gesicht. Zwar hatten ...
VON
Mauritz Hagemann
AM 09/01/2024
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Als Casey vor gut einem Jahr ihr Comeback bekanntgaben, gab es schon das ein oder andere überraschte Gesicht. Zwar hatten sich die Waliser nach zur zwei Alben 2019 schon sehr früh in den musikalischen Ruhestand verabschiedet. Doch auch wenn Album Nummer 2 „Where I Go When I Am Sleeping” für viele Fans nicht ganz an das Debüt „Love Is Not Enough“ heranreichte, erschien es jedenfalls für Außenstehende keineswegs so, dass Casey schon zu diesem Zeitpunkt alles gesagt hätten. Doch für die Band fühlte es sich genauso an. Deshalb die frühe Trennung. Deshalb auch zunächst keine Absicht, zurückzukommen.
Doch im letzten Jahr waren die Speicher für Energie und Kreativität wieder aufgeladen. Und so ging es mit den beiden Singles „Atone“ und „Great Grief“ sowie einigen Debüt-Shows weiter. Und weil sowohl Songs als auch Live-Shows gut ankamen, gibt es jetzt auch endlich Album Nummer 3: Vorhang auf für „How To Disappear“!
Casey bleiben sich treu – und entwickeln sich trotzdem weiter
Als Casey vor 10 Jahren ihre allerersten Songs veröffentlichten, passten diese genau in den Post-Hardcore-Sound der Zeit – und waren doch durch ihre Zerbrechlichkeit, ihre Melodien und die Stimme von Tom Weaver etwas ganz Besonderes. Würde es musikalisch genauso weitergehen? Diese Frage haben Casey schon in Form der bereits genannten Singles „Atone“ und „Great Grief“ mit einem klaren Jein beantwortet. Kein völliger Stilbruch. Aber eben doch eine moderne Version ihres alten Sounds. Eine Weiterentwicklung, die Sinn ergibt. Songs, die reifer und erwachsener wirken, aber dennoch das Casey-Feeling vermitteln. Und hieran knüpfen auch die ersten Tracks auf „How To Disapper“ an.
Der einzigartige Casey-Sound
Schon der Opener „Unique Lights“ gibt uns einen sehr guten Vorgeschmack darauf, was wir im Jahr 2024 von Casey erwarten können. Der Midtempo-Song überzeugt durch die Atmosphäre und den dramatischen Refrain. Und es geht im ähnlichen Stil weiter. Tom Weaver hatte uns im Interview beim Jera On Air schon verraten, dass er schon bei den ersten Demos für die neuen Songs sofort wusste, dass es Casey-Songs werden. So fühlt es sich auch beim Hören des neuen Albums an. Der Sound ist größer und gewaltiger. Nicht mehr so verletzlich wie noch die ersten Songs der Band. Aber während andere Bands immer wieder daran scheitern, sich weiterzuentwickeln, aber trotzdem keinen völligen Stilbruch zu vollziehen, gelingt Casey diese Gratwanderung ohne Wenn und Aber.
Was von uns bleibt, wenn wir gehen
Da ist aber noch eine Gratwanderung, die Casey schon immer sicher beherrscht haben und auch auf „How To Disappear“ beherrschen. Die Songs zwängen sich bei Weitem nicht in klassische Songstrukturen, verlieren aber auch den roten Faden nicht. Uns wird beim Hören nicht langweilig, doch überfordernd ist es auch nicht. Und wenn wir schon dabei sind, die Dinge aufzuzählen, die Casey vor der Pause so einzigartig gemacht haben, dann dürfen die Songtexte natürlich nicht fehlen. Und – es wird fast schon langweilig – auch hier schafft es die Band, sich selbst neu zu erfinden, ohne auf das Bewährte zu verzichten.
Es dürfte kein Geheimnis sein, dass die Texte von Tom Weaver eines der Aushängeschilder der Band machen. Doch waren die Lyrics auf den ersten beiden Alben stark auf Liebe und Beziehungen fokussiert, geht er auf „How To Disappear“ einen Schritt weiter. Wie der Titel schon verrät: Alle Texte beschäftigen sich damit, was man zurücklässt, wenn man stirbt. Ohne Frage keine ganz leichte Kost. Aber es lohnt sich, das Album einmal – oder auch öfter – von vorne bis hinten zu hören und sich auch mit den Texten zu beschäftigen. „How To Disappear“ mag ein großes Oberthema haben, die einzelnen Texte differenzieren aber und ergeben so ein interessantes Gesamt- oder besser Kunstwerk.
How to Disappear ist ein Gesamtkunstwerk
Wir sollten aber auch noch ein paar Worte über die Musik verlieren. Und da ist Casey dann vielleicht ausnahmsweise eine ganz „normale“ Band. Das Niveau der Platte ist auch musikalisch angenehm hoch. Doch es gibt Songs, die schneller den Weg ins Ohr finden. Dazu gehören – kein Wunder – vor allem vorab ausgekoppelte Singles wie „Puncture Wounds To Heaven“ oder „Bite Through My Tongue“ stechen durch ihre Dynamik hervor. Aber es lohnt sich auch, bei Songs, die in einem etwas anderen Gewand daherkommen – zum Beispiel „Those That I’m Survived By“ – reinzuhören. Generell gilt: Wer noch behauptet, dass Alben im Streaming-Zeitalter keine Daseinsberechtigung haben, wird hier eines besseren belehrt. Musik ist eben Kunst.
Foto: Casey / Offizielles Pressebild
How To Disappear
Künstler: Casey
Erscheinungsdatum: 12.01.2024
Genre: Melodic Hardcore, Post-Hardcore, Rock
Label: Greyscale Records
Medium: CD, Vinyl, etc
- Unique Lights
- I Was Happy When You Died
- Sanctimonious
- For Katie
- Selah
- Bite Through My Tongue
- Those That I'm Surprised By
- St Peter
- Puncture Wounds To Heaven
- Space Between
- Blush
- How To Disappear
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