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Kritik: Carnifex - "Graveside Confessions"

Mit ganzen 63 Minuten Spielzeit und insgesamt 15 Tracks kommt das neue Carnifex-Album definitiv nicht zu kurz. Mit ihrem achten ...

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Mit ganzen 63 Minuten Spielzeit und insgesamt 15 Tracks kommt das neue Carnifex-Album definitiv nicht zu kurz. Mit ihrem achten Album beweisen die US-Amerikaner, dass sie auch anders können, als sich auf 30 – 35 Minuten zu beschränken und veröffentlichen mit „Graveside Confessions“ – zumindest was die Spielzeit betrifft – den Magnum Opus ihrer Karriere.

Jetzt wird geballert!

„Graveside Confessions“ startet mit dem namensgebenden Track und liefert direkt ab, was Carnifex schon immer am besten konnten: grandioses Geballer! Fiese Death Metal-Riffs, schnelle Blast Beats und eklige Shouts treffen auf Orgel-Synthesizer, die zusammen mit melodiösen Gitarren schnell zu einem abwechslungsreichen Albumopener avancieren. Doch auch für Downtempo-Elemente und dezent platzierte, schmetternde Breakdowns ist Platz im Sound von Carnifex, der sich erneut als dynamisches und abwechslungsreiches Treiben zeigt.

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„Pray For Peace“ und „Seven Souls”, die beide als Single-Auskopplungen gewählt wurden, führen den Sound, den „Graveside Confessions“ eröffnet hat, weiter. Mit eingängigen Strukturen gelingt es Carnifex, diese Songs in einem gut verdaulichen Format zu präsentieren, das leicht nachvollziehbar ist und übertriebene Strukturbrüche vermeidet. Stattdessen ist es die häufigere Repetition einzelner Parts, die den Stücken eine gute Struktur geben und zu spannender innerer Dramaturgie führen, wie der Aufbau von „Pray For Peace“ bestens unter Beweis stellt.

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Mehr Zeit

Zugegeben: Alleine ein Blick auf die Spielzeiten der einzelnen Tracks beweist, dass Carnifex sich von ihren frühen Deathcore-Zeiten wie „Dead In My Arms“, „The Diseased And The Poisoned“ und „Hell Choose Me“ entfernt haben. Die Formel hat sich geändert. Statt auf ein Übermaß von Breakdowns setzen Carnifex 2021 auf aussagekräftige Riffings und bestärken den Metalaspekt in ihrer Musik viel mehr als die Core-Einflüsse, zu denen die Band sich ohnehin nie allzu sehr bezogen hat.

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Etwas, das „Graveside Confessions“ auszeichnet, ist die durchweg bedrückende Stimmung, die dem Album innewohnt. Das Album ist ein düsterer Ort, der voller Negativität ist und mit einem Soundtrack versehen wird, der in jedem Horror Game Verwendung finden könnte. Das alles lässt sich auch in einem starken Black Metal-Vibe wiederfinden, der insbesondere in der Gitarrenarbeit des Albums durchklingt.

Black Metal

„Carry Us Away“ ist das perfekte Beispiel für einen stark Black Metal beeinflussten Song des Albums, der in seinem Intro mit Bands wie Dimmu Borgir gleichziehen kann, um dann in einem Behemoth-esken Death Metal-Riff zu landen und um eine djentige Groove-Komponente erweitert wird. Carnifex haben nichts an ihren rhythmischen Aspekten verloren, wenn auch diese dezenter und geschickter platziert zur Geltung kommen.

Die unnötige Wiederholung von Breakdowns wird mit sich ändernden Beats, additionalen Elementen wie Synthies oder Variationen umschifft und beweist, dass auf Tracks wie „Carry Us Away“ stets etwas in Bewegung ist. Sogar ein ätherisch anmutender Clean Part findet sich in diesem Song und lässt für einen Moment der Atmosphäre einen Lorna Shore-Vibe zu, der Carnifex verdammt gut steht und auch einen vergleichsweise stumpfen Endbreakdown zulässt.

Überraschungen

Mit „January Nights“ findet sich sogar eine vergleichsweise ruhige und instrumentale Nummer auf dem Album, die beweist, dass Carnifex uns sogar überraschen und sich von einer ganz anderen Seite zeigen können. Doch keine Sorge: Carnifex liefern über weite Strecken genau das, was man von ihnen erwartet: hemmungsloses Geballer. So beginnen die meisten Tracks mit trümmernden Blast Beats und schrecken auch nicht vor Gravity Blasts oder Slam Elementen zurück. Der Black Metal-Einfluss ist es jedoch nach wie vor, der die meisten Tracks hervorhebt. Mit „Alive For The Last Time“ endet das Album in brachialer Manier und zeigt zum letzten Mal seine orchestralen Züge.

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Auch das Korn-Cover „Dead Bodies Everywhere“ ist auf dem Album gelandet, das zusätzlich noch drei Neuaufnahmen altbekannter Tracks als Bonustracks mitliefert, die für alteingesessene Fans durchaus hörenswert sind.

Reifer als je zuvor

Das Wort Integrität im musikalischen Kontext ist oft schwer greifbar, doch scheint, es als würden sich Carnifex mit „Graveside Confessions“ wesentlich integerer zeigen als zuvor. Dafür sprechen ein reiferes Songwriting, das Ausbrechen aus altbekannten und totgespielten Strukturen oder ewig gleiche musikalische Parameter. Auch die Länge des Albums spricht für ein Ausbrechen aus dem immergleichen Käfig der Band, denn „Graveside Confessions“ ist ein für Carnifex sehr langes Album, das es jedoch schafft, über diese Länge durchweg spannend zu bleiben und einen reiferen Sound zu liefern als je zuvor.

Foto: Carnifex / Offizielles Pressebild

ALBUM
Graveside Confessions
Künstler: Carnifex

Erscheinungsdatum: 03.09.2021
Genre:
Label: Nuclear Blast Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Graveside Confessions
  2. Pray For Peace
  3. Seven Souls
  4. Cursed
  5. Carry Us Away
  6. Talk To The Dead
  7. January Nights
  8. Cemetery Wander
  9. Countess Of Perpetual Torment
  10. Dead Bodies Everywhere (Korn Cover)
  11. Cold Dead Summer
  12. Alive For The Last Time
  13. Collaborating Like Killers (Graveside Edition)
  14. My Heart In Atrophy (Graveside Edition)
  15. Slit Wrist Savior (Graveside Edition)
Carnifex Graveside Confessions
Carnifex Graveside Confessions
8.5
FAZIT
Es wirkt ein wenig, als wären Carnifex über die Jahre vom eher eindimensionalen Deathcore-Sound abgewichen, um sich in einem reiferen, durchdachteren und stimmigeren Klangbild wiederzufinden. Noch immer ist genug von dem, was die Musik der US-Death Metal-Institution ausgemacht hat, auf einem Album wie „Graveside Confessions“ zu finden. Alles in allem jedoch auf mehr Ebenen als je zuvor, die teils etwas überspitzt, aber nie gezwungen wirken.

Wenn den Sound von „Graveside Confessions“ etwas ausmacht, dann definitiv der orchestrale Touch, den einige Tracks innehaben sowie die Black Metal beeinflussten Tremoloriffings, die mitsamt Blast Beats daherkommen. Am Ende liefern Carnifex 15 gute Gründe, sich erneut in die Band zu verlieben – insbesondere dann, wenn man mit „World War X“ eher weniger anfangen konnte und sich etwas frischen Wind wünschte.