Review

Metalcore

Kritik: Callejon - "Metropolis"

Als bei uns in der Redaktion die Frage gestellt wurde, wer denn die Rezension zu „Metropolis“ von Callejon übernehmen möchte, ...

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Als bei uns in der Redaktion die Frage gestellt wurde, wer denn die Rezension zu „Metropolis“ von Callejon übernehmen möchte, hatte ich die Worte „HIER, ICH!“ quasi schon in den virtuellen Besprechungsraum gebrüllt. So groß war meine Vorfreude auf dieses musikalische Machwerk.

Ich denke, jeder hier hatte mal diesen verheißungsvollen Tag in seinem Leben, an dem er oder sie unter der Woche bis 0 Uhr wach blieb, um den neuen Song seiner Lieblingsband als einer der Ersten durch seine Gehörgänge jagen zu können. So ging es mir bei „Metropolis“ von Callejon. Ob es sich gelohnt hat, erfahrt ihr in den folgenden Absätzen.

Facts zu „Metropolis“ von Callejon

Aber aller Vorfreude zu Trotz gehen wir schön der Reihe nach die Fakten durch. „Metropolis“ ist das neunte Studioalbum, wiederum das siebte mit komplett eigenen komponierten Stücken und wird ab dem 28. August über Warner Music vertrieben.

Der geneigte Zuhörer kann sich zudem im Rahmen von elf vollwertigen Songs und einem Zwischenspiel/Intro auf 50 Minuten audiovisuelle Ekstase freuen.

Ein Feuerwerk nach altem Brauch…

Freuen ist hierbei auch schon das richtige Wort. Denn wer die bereits veröffentlichten Single-Auskopplungen gehört hat, wird feststellen: CALLEJON SIND WIEDER DA! Vorbei sind die Zeiten, in denen sanftere- oder gar fremde Klänge den musikalischen Output der Band bestimmten. Eher säuselt der Zuhörerschaft ein Sound um die Ohren, der Fans, die unter Umständen schon etwas länger Fan der Kombo sind, aufhorchen – und in Erinnerungen an alte Zeiten schwelgen lässt.

Und auch mir ist es nicht entgangen, dass die Jungs an einigen Stellen die Geister alter Alben beschwören. Und das sehr gekonnt.

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Auf altbekannten Callejon-Pfaden

Eben jene Geister finden sich aber nicht nur in der Musik wieder. Auch die Lyrics sind von ihnen belebt und erzählen passend zum Setting des Albums dystopische Geschichten auf dem schmalen Grat zwischen Wut („Blut“, „Fürchtet euch“) und Hoffnungslosigkeit („Gestade der Vergessenheit“).

Und wie man es von Frontmann und lyrischem Mastermind Basti Sobtzick gewohnt ist, wandeln sie zwischen Systemkritik und Pathos, wobei sich „Metropolis“ aber keinen allzu negativ auffallenden, pathetischen Ausrutscher leistet.

Natürlich ist es letztendlich jedem selbst überlassen, ob er einen Song namens „Gottficker“ für zu platt oder zu pathetisch hält, oder ob er einen weiteren systemkritischen Song hören möchte. Ich für meinen Teil genieße das Gesamtkunstwerk aus Lyrics und Musik. Denn dieses Kunstwerk passt einfach gut zusammen.

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Blitzkreuz aus der Mikrowelle?

Wer jedoch befürchtet, dass „Metropolis“ nicht mehr als ein reiner Lobgesang auf alte Zeiten ist, den kann ich beruhigen. Zwar könnte man denken, dass sich das eine oder andere Riff auch gut auf älteren Scheiben der Rheinländer hätte einbringen können.

Aber spätestens beim zweiten Durchlauf fällt auf, dass die Songs – selbst diejenigen, die die geneigte Zuhörerschaft zum Tanz anregen sollen – einfach reifer klingen als ältere Werke. Die Riffs sind in Intervallen und im Tempo abwechslungsreich, wirken aber im Kontext des Albums nie deplatziert.

Bastis Stimmeinsätze sowie seine Tonlagenvarianz sind gekonnt platziert und wirken zuweilen sogar etwas dramatisch, was dem Ganzen nochmal einen persönlichen Touch verleiht („Katakomben“).

Callejon schneidern sich somit ein akustisches Gewand, welches sich von bereits Bekanntem zu unterscheiden weiß, aber dennoch vertraut wirkt und mich als geneigten Zuhörer nach seinen 50 Minuten Spielzeit mit einem „Nochmal bitte“ zurücklässt.

Hat es sich also gelohnt, als erster „HIER, ICH“ zu brüllen, um diese Review schreiben zu dürfen? Für mich auf jeden Fall.

Foto: Lukas Richter / Offizielles Pressebild

ALBUM
Metropolis
Künstler: Callejon

Erscheinungsdatum: 28.08.2020
Genre:
Label: Warner Music
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Metropolis
  2. Gottficker
  3. Blut
  4. Die Krähe mit dem Schädelbauch
  5. Fürchtet euch!
  6. Die Fabrik
  7. Der Wald
  8. Herr der Fliegen
  9. Misraim
  10. Katakomben
  11. Dies Irae
  12. Gestade der Vergessenheit
Callejon Metropolis
Callejon Metropolis
8.5
FAZIT
Mit „Metropolis“ zeigen Callejon, dass sie über die Jahre nicht verlernt haben, ihren Signature Sound in ein neu anmutendes, aber dennoch vertraut klingendes Klanggewand zu kleiden, dessen Betrachtung die 50 Minuten Spielzeit wie im Flug vergehen lässt und zum sofortigen Replay anregt.

Kurzum: Wer sich als Fan schon immer einen musikalisch reiferen Bruder zu "Blitzkreuz" gewünscht hat, wird mit "Metropolis" und den Geistern der audiovisuellen Vergangenheit, die Callejon auf diesem Album beschwören, wunschlos glücklich. Hut ab!