Review

Metalcore

Kritik: Caliban - "Dystopia"

Ein Vierteljahrhundert Caliban – auch wenn sich an der Band seit jeher die Geister scheiden, ist es fraglos ein Meilenstein, ...

VON

Ein Vierteljahrhundert Caliban – auch wenn sich an der Band seit jeher die Geister scheiden, ist es fraglos ein Meilenstein, ununterbrochen 25 Jahre als Band unterwegs zu sein. Dieses freudige Ereignis verdient daher zurecht ein neues Studioalbum, wobei dieses den gar nicht so freudigen Titel „Dystopia“ trägt.

Caliban bleiben sich auf „Dystopia“ treu

Das Album startet direkt mit dem Titeltrack, der zwar etwas hölzern, aber direkt mit viel Energie startet. Dass sich die Band direkt für den ersten Song Unterstützung von Christoph Wieczorek (Annisokay) hinzuholt, mag auf den ersten Blick verwundern, macht sich aber auch bezahlt. Der Refrain ist zwar generisch, aber er bleibt ohne Frage im Ohr.

Und auch wenn die Band auf „Ascent Of The Blessed“ das Tempo wieder etwas herunterschraubt, weiß der Refrain hier ebenfalls zu überzeugen. Eingängig wie der Refrain von „Dystopia“, aber eine Spur mehr Variation im Gesang. Dieser Anfang nährt die Hoffnung auf ein gelungenes Jubiläumsalbum. Und selbst wenn Caliban in Sachen Songwriting auch für „VirUs“ – der ein Feature mit Heaven Shall Burn-Fronter Marcus Bischoff für uns bereithält – keinen Innovationspreis gewinnen, bleibt erneut ein überzeugender Gesamteindruck. Die Mischung aus den schnellen Strophen, dem erneut mitreißenden Refrain und den fast schon obligatorischen Breakdowns dürfte jedenfalls gute Chancen haben, dauerhaft Teil des Livesets zu werden.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

In den vielen Jahren der Bandgeschichte haben sich Caliban meistens nur so verändert und entwickelt, wie es gerade eben nötig war. Das hört sich vielleicht härter an als es ist – schließlich ist es auch ein Zeichen von Qualität, dass sich die Band zwar stets dem modernen Sound angepasst, ansonsten aber keine krassen Stilbrüche begangen hat. Und diesem Credo bleibt sich die Band auch „Dystopia“ treu.

Auch ein Song wie „Phanton Pain“ weist zwar wenig Überraschungsmomente auf, ist aber letztlich auch genau das, was die Fans von Caliban erwarten. Doch es ist nicht so, dass der frische Wind auf „Dystopia“ gar keine Chance hat. So gibt es zum Beispiel in „Dragon“ nicht nur ein weiteres Feature – dieses Mal mit Jonny Davy von Job For A Cowboy – zu hören, sondern auch eine im Vergleich zu den anderen Songs eine etwas untypische Songstruktur. Das ist einerseits notwendig und erfrischend, geht aber auch zu Lasten der Eingängigkeit des Songs.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Auch „Hibernate“ steigt mit einem dem Titel entsprechenden sphärischen Intro ein und zeigt sich in den Strophen erstaunlich zurückhaltend. Der Song, der erst in der Mitte wirklich aus sich herauskommt, wird gerade durch diese Dynamik zu einem echten Geheimtipp auf „Dystopia“, was auch an den am Ende einsetzenden ungewöhnlichen, aber guten Leadgitarren liegt.

Damit aber niemand auf die Idee kommt, dass Caliban sich auf ihre alten Tage noch eine überaus progressive Band entwickelt haben könnte, geht es gegen Ende des Albums wieder klassisch daher – wenngleich Songs wie „mOther“ oder „The World Breaks Everyone“ nicht mehr ganz so eindeutig auf bewährte Metalcore-Songstrukturen zurückgreifen wie die ersten Songs des Albums.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Nachdem Caliban mit ihrer EP „Zeitgeister“ und den deutschen Texten schon Neuland betreten hatten, geht es also auf „Dystopia“ wieder in bekannte Gefilde zurück. Das wie gewohnt von Benny Richter zusammen mit Gitarrist und Songwriter Marc Görtz produzierte Album wird dem Titel nicht nur lyrisch, sondern auch atmosphärisch ohne Frage gerecht.

Was den Sound angeht, passen sich Caliban den modernen Entwicklungen an – Fans der ersten Stunde wird es vielleicht sogar schon zu viel Anpassung sein. Doch nur wer den schmalen Grat zwischen „bekannt und bewährt“ und „modern“ nicht verlässt, hat nach 25 Jahren als Band noch eine Zukunft. Insofern stehen die Chancen gut, dass es auch nach „Dystopia“ noch weitere Caliban-Alben geben wird.

Bild: Offizielles Cover-Artwork zu „Dystopia“

ALBUM
Dystopia
Künstler: Caliban

Erscheinungsdatum: 22.04.2022
Genre: ,
Label: Century Media Records / Sony Music
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Dystopia (feat. Christoph Wieczorek)
  2. Ascent of the Blessed
  3. VirUS (feat. Marcus Bischoff)
  4. Phantom Pain
  5. Alien
  6. sWords
  7. Darkness I Became
  8. Dragon (feat. Jonny Davy)
  9. Hibernate
  10. mOther
  11. The World Breaks Everyone
  12. D I V I D E D
Caliban Dystopia
Caliban Dystopia
8
FAZIT
Das Fazit fällt am Ende längst nicht so düster aus wie die Platte selbst. Mit "Dystopia" zeigen Caliban, dass sie nach wie vor den Anspruch haben dürfen, zu den großen deutschen Metalcore-Bands zu zählen. Es gelingt der Band, sich einerseits zu modernisieren und andererseits auch das Bewährte nicht aus den Augen zu verlieren. Wenn dabei auch noch so viele gute und eingängige Songs wie auf "Dystopia" herauskommen, dann hat die Band offensichtlich vieles richtig gemacht. 25 Jahre und kein Ende?