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AlternativePunkrockRock

Kritik: Cadet Carter - "Perceptions"

An das zweite Album einer Band werden immer besondere Maßstäbe gesetzt. Kann die Gruppe an den Erfolg der ersten Platte ...

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An das zweite Album einer Band werden immer besondere Maßstäbe gesetzt. Kann die Gruppe an den Erfolg der ersten Platte anknüpfen? Kann sie diesen sogar noch weiter ausbauen? Und wie sieht eigentlich die musikalische Entwicklung aus? Die Jungs von Cadet Carter stehen nach der Veröffentlichung ihres Selftitled-Debütalbums aus dem Jahre 2018 genau vor diesen Fragen.

Mit „Perceptions“ beschert uns die Band aus München, die bereits mit Bands wie Itchy, Basement und den Blackout Problem die Bühne teilte, ihren zweiten Longplayer. Dieser kommt mit zwölf neuen Tracks daher und wurde von uns vorab auf Herz und Nieren geprüft. Hierzu veröffentlichte die Kombo bereits mit „Be Somebody“ eine 15-minütige Dokumentation über den Entstehungsprozess des Albums, wodurch intime Einblicke ermöglicht wurden.

Bereits der Blick auf das Albumcover verrät Einiges, was den Hörer in diesem musikalischen Abschnitt der Band erwartet. Zu sehen ist ein verlassener Wartesaal eines Flughafens, der hauptsächlich in Blautönen gehalten ist. Die Ruhe und Intensität, die das Artwork mit sich bringt, spiegelt sich auch auf musikalischer Ebene wider.

Cadet Carter treten mit „Perceptions“ in ihre eigenen musikalischen Fußstapfen

Der Titeltrack „Perceptions“ bietet hierzu die passende Einleitung. Der Song steht an erster Stelle des gleichnamigen Albums und ist mit einer Länge von 2 Minuten wie eine Art musikalischer Wegweiser zu verstehen. Die ruhigen Gitarrenklänge, gepaart mit der eindringlichen sanft-rauen Stimme von Cadet Carter-Frontmann Nick weckt verträumte Gefühle, die eine konträre Mischung aus Positivem und Melancholischem hervorrufen.

„Speed of Sound“ bietet dann den endgültigen Einstieg in das Album. Stilistisch ist der Song schwierig einzuordnen, da er zwar die erwachsene Form des Pop-Punk darstellt, zusätzlich noch darüber hinaus geht und ebenfalls einen eher britischen Rock-Sound aufweist.

Der Song wirkt erwachsen, die Instrumente in ihrem leicht crunchigen Klang eher minimalistisch und gleichzeitig auf den Punkt gebracht. Der Refrain geht darüber hinaus definitiv ins Ohr und lässt Gedanken an Bands, wie The Gaslight Anthem oder Jimmy Eat World, aufkommen.

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Der Song „Telescope“ wurde bereits vorab veröffentlicht und schlägt eine ähnliche Kerbe. Das Stück behandelt in zentraler Form die Suche nach sich selbst und wirkt sehr persönlich, während er gleichzeitig Leichtigkeit versprüht. Zusätzlich hat man beim Hören gleich diverse Filmszenen im Kopf, auf die dieser Song passen könnte. Was man dem Lied zu Lasten legen kann, ist die Tatsache, dass der Gesang an der ein oder anderen Stelle etwas dünn klingt, was der Gesamtstimmung des Stücks allerdings keinen wirklichen Abbruch tut.

„A Bad Few Weeks“ beginnt mit einem radioartigen Effekt auf dem Gesang, verwandelt sich dann in einen waschechten Rock-Song, der definitiv tanzbar ist. Inhaltlich thematisiert die Band die Erholung nach einer schwierigen Zeit, das befreiende Gefühl und die Last, die von den Schultern fällt. Diese Befreiung und positive Grundhaltung steckt in jeder einzelnen Zeile des Songs und wird musikalisch bestens transportiert.

Die Verbindung zwischen Text und Musik ist definitiv auf den Punkt getroffen und schwappt auf den Zuhörer über.

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Songs wie „Windshields“ oder „On The Edge“ weisen ähnliche Merkmale auf und sind über das Album verteilt, um keine Eintönigkeit aufkommen zu lassen. Man erkennt allerdings eine klare Handschrift der Band, die sich definitiv sehen lassen kann.

Mit „Hold Me Down“ gelingt Cadet Carter ein waschechter Akustik-Song, der auf jede entsprechende Playlist gehört. Der Song ist im 3/4-Takt geschrieben und schwingt dementsprechend sanft vor sich hin, getragen von seiner Ruhe, die er durchgängig ausstrahlt. Die Energie, die dem Song innewohnt, geht hauptsächlich vom Schlagzeug aus, das gemeinsam mit dem kräftigen Gesang den Drive des Stücks ausmacht.

Gegen Ende steigert sich die Musik noch einmal und schafft dadurch eine Dramatik, wie sie auch aus der Feder eines Nathan Gray stammen könnte.

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„Run For Me“ zeigt durch den Gesang eine ganz neue Klangfarbe und bereichert das Portfolio von „Perceptions“. Die Vocals klingen weniger rau, wirken dadurch allerdings (auch durch die Wiederholung einiger Zeilen) etwas dick aufgetragen. Hier kommen die Emotionen nicht so gut an, wie es bei anderen Songs der Fall war.

Ganz anders bei „New Shores“. Das Lied schafft es, die Emotionen auf den Punkt zu inszenieren, sie akzentuierter einzusetzen und sie deutlicher von den Instrumenten im Song tragen zu lassen. An dieser Stelle ist das Spiel von Drummer Benny Paska hervorzuheben, welches es schafft, den Song musikalisch abzurunden. Der C-Teil des Stücks sticht durch die abweichende Klangfarbe und den Wechsel des Song-Flusses besonders hervor und stellt eines der Highlights des Albums dar.

Apropos Highlight des Albums: „Dead Hands“. Auffallend sind der Hall und die Fülle, mit dem das Schlagzeug auffährt und dem Ganzen eine Fülle geben, die bisher nicht in diesem Maße zu hören war. Der Song geht gemeinsam mit den crunchigen Gitarren ordentlich nach vorne und besitzt eine auffallende Durchschlagkraft.

Darüber hinaus gibt es zwei Aspekte, die dem Song weitere Akzente verleihen. Dies ist auch hier der herausstechende C-Teil, der die Vielseitigkeit des Songs noch einmal verstärkt, ohne ihn überladen wirken zu lassen sowie der gekonnte Einsatz von kurzen Pausen, der den Spannungsbogen des Stücks verstärkt.

Foto: Bastian Scholl / Offizielles Pressebild

ALBUM
Perceptions
Künstler: Cadet Carter

Erscheinungsdatum: 08.05.2020
Genre: , ,
Label: Uncle M
Medium: CD

Tracklist:
  1. Perceptions
  2. Speed Of Sound
  3. Telescope
  4. A Bad Few Weeks
  5. Hold Me Down
  6. Windshields
  7. End / Begin
  8. On The Edge
  9. Run For Me
  10. Dead Hands
  11. New Shores
  12. We Haven't Met
Cadet Carter Perceptions
Cadet Carter Perceptions
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FAZIT
Mit ihrem zweiten Album schaffen es Cadet Carter, in die Fußstapfen ihres Debüts zu treten und noch einen Schritt weiter zu gehen. „Perceptions“ klingt erwachsen und befasst sich in zentraler Form mit innerlichen Kämpfen, schwierigen Phasen im Leben und der Zeit danach. Der alternative Rock-Sound der Münchener wirkt darüber hinaus ausgereift und schafft es, durch den Einsatz von Hintergrundinstrumenten, wie Rasseln oder dem Tamburin, Akzente zu setzen, die positiv auffallen.

Der Gesang wirkt an der ein oder anderen Stelle etwas schwächer und auch von musikalischer Seite bewegt sich die Band in einem recht engen Korsett. Fans des Genres dürfte das Album aber definitiv gefallen, da es durchaus auf eine Stufe mit den Großen der Szene gestellt werden kann; und auch der breiten Masse dürfte der Sound des Albums sicherlich gefallen. Wir freuen uns darauf, hoffentlich noch viel von den Jungs hören zu können.