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MetalcoreModern Metal

Kritik: Architects - "the classic symptoms of a broken spirit"

„the classic symptoms of a broken spirit“ – Architects-Album Nr.10 steht in den Startlöchern. Nach nur gut eineinhalb Jahren legt ...

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„the classic symptoms of a broken spirit“Architects-Album Nr.10 steht in den Startlöchern. Nach nur gut eineinhalb Jahren legt uns die Band aus der britischen Kreativhauptstadt Brighton den Nachfolger von „For Those That Wish To Exist“ vor. Ein „broken spirit“ ist beim Quintett um Fronter Sam Carter also ganz offensichtlich nicht zu erkennen. War es also die durchaus vorhandene negative Kritik ihrer langjährigen Fans am letzten Album? Oder wollte die Band so schnell wie möglich zurück auf Platz 1 der britischen Albumcharts? Wahrscheinlich nichts von alledem. Doch eines steht schon früh fest: Eine Kurskorrektur hat die Band nicht geplant.

Dass die Architects den mit „For Those That Wish To Exist“ eingeschlagenen Pfad – weg von allzu technischen und komplexen Songstrukturen und hin zu erhabenen, tragenden Vibes – weiter verfolgen wollen, lässt sich schon im Opener „deep fake“ feststellen. Der Song kommt, wie schon der Großteil der Songs auf dem letzten Album, ohne überaus technische Gitarrenriffs und Rhythmusstrukturen auf. Vielmehr konzentriert man sich auf einen catchy Refrain, in dem Sam Carter ebenso wie in den Strophen nahezu ohne Shouts auskommt.

Der Evolutionsprozess der Architects geht weiter

An dieser Stelle in Sachen Soundentwicklung Vergleiche zu Bring Me The Horizon anzustellen, würde letztlich beiden Bands nicht gerecht werden. Doch gewisse Parallelen sind erkennbar. Das wird auch in einem Song wie „tear gas“ deutlich. Der Refrain ist ohne Frage eingängig, doch gleichzeitig so glatt, dass selbst eine Band wie Escape The Fate hier nicht mithalten könnte. Und auch die heavy parts sind nicht vergleichbar mit der alten Mathcore-Zeit. Sound und Produktion sind selbstverständlich wie immer über allen Zweifeln erhaben. Aber der Sound auf „the classic symptoms of a broken spirit“ ist eben auch ein weiterer großer Schritt heraus aus dem Core und hinein in die Welt der stadiontauglichen Songs.

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Wahrscheinlich hört sich das alles jetzt viel negativer an als es gemeint ist. Das, was uns Architects auf ihrer neuen Platte anbieten, ist zwar anders als ihre früheren Werke. Doch das allein macht „the classic symptoms of a broken spirit“ ja nicht zu einem schlechten Album. Ganz im Gegenteil: Viele Songs haben absolutes Ohrwurmpotential und laden nicht nur zum Mitnicken, sondern auch zum Mitsingen ein. Und will es wirklich irgendjemand einer Band, die so viel erreicht hat, verdenken, neue Wege zu gehen? Immer wieder Alben im Stile von „All Our Gods Have Abandoned Us“ zu veröffentlichen, würde der Band letztlich irgendwann ebenso viel Kritik einbringen wie eine solche Entwicklung. So ist es bekanntlich auch schon Bands wie Bring Me The Horizon oder Parkway Drive ergangen.

Eine erstaunliche gesangliche Vielfalt

Um nun wieder etwas sachlicher zu werden und zur Musik zurückzukommen: Davon gibt es neben viel grundsolider Arbeit auch einige Ausreißer nach oben. Das gilt zum Beispiel für „doomscrolling“, in dem Sam Carter die gesamte und beeindruckende Range seiner Stimme zeigt. Natürlich vermisst man hin und wieder das „Blegh“, das ihn so berühmt gemacht hat. Aber: Live werden wir in Zukunft sicher eine gute Mischung aus alten und neuen Songs zu hören bekommen. Und wenn Sam Carter das alles dann auch live hinbekommt, dann wird sich der Konzertbesuch schon wegen seiner Stimme lohnen.

Während „the classic symptoms of a broken spirit“ gesanglich also äußerst abwechslungsreich daherkommt, gilt dies für die Gitarrenarbeit nicht uneingeschränkt. Wie schon erwähnt, war diese in den letzten Jahren immer eine Stärke der Architects-Songs. Doch auf dem neuen Album müssen sich Gitarrenriffs und Rhythmik doch ein wenig zu häufig dem großen Ganzen unterordnen. Das macht einige Songs der Platte nahezu austauschbar. Schade, hier hätte man sich ruhig auf die alten Tugenden verlasen können.

Zum Ende des Albums legen Architects dann aber doch noch einmal einen Gang zu. Eine Art Versöhnungsangebot an die Fans der ersten Stunde? Das wohl nicht, doch die Band zeigt in Songs wie „a new moral low ground“ eindrucksvoll, dass sie keineswegs altersmilde geworden sind und lyrisch wie musikalisch nach wie vor äußerst bissig agieren können.

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„be very afraid“ ist dann als letzter Song ein so brachialer und konsequenter Rausschmeißer, das jede Disko um fünf Uhr morgens neidisch werden kann. Vielleicht kein Versöhnungsangebot, aber ein ganz klares Zeichen, dass diese Band weder ihre Wurzeln vergessen noch ihr Handwerkszeug verlernt hat.

ALBUM
The Classic Symptoms Of A Broken Spirit
Künstler: Architects

Erscheinungsdatum: 21.10.2022
Genre:
Label: Epitaph
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Deep Fake
  2. Tear Gas
  3. Spit The Bone
  4. Burn Down My House
  5. Living Is Killing Us
  6. When We Were Young
  7. Doomscrolling
  8. Born Again Pessimist
  9. A New Moral Low Ground
  10. All The Love In The World
  11. Be Very Afraid
Architects
Architects
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FAZIT
Der Evolutionsprozess geht weiter – die einstige Metalcore-Walze hat offensichtlich Gefallen daran gefunden, sich und ihren Sound weiterzuentwickeln. Das geht nicht ohne Verlust und so wird auch "the classic symptoms of a broken spirit" nicht jeden Fan der ersten Stunde glücklich stimmen. Zu deutlich liegt der Fokus auf einem erhabenen, großen Gesamtsound und auf eingängigen Refrains. Das wird nicht allen gefallen, aber das, was die Band da macht, macht sie wirklich gut. Die Band und vor allem Sänger Sam Carter zeigen, wie vielseitig sie sein können. Und schon das allein ist beeindruckend.