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PunkrockRap
Kritik: Antilopen Gang - "Alles muss repariert werden"
Die Antilopen Gang war schon immer dafür bekannt, sich nur ungerne an Regeln zu halten und weitgehend frei von allen ...
VON
Mauritz Hagemann
AM 15/09/2024
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Die Antilopen Gang war schon immer dafür bekannt, sich nur ungerne an Regeln zu halten und weitgehend frei von allen Konventionen ihr sehr erfolgreiches Dasein zu fristen. Man weiß nie, was das Trio als nächstes ausheckt. Am vergangenen Freitag, den 13. gab es für uns aber weder Unglück noch Horror. Vielmehr gab es jede Menge neue Musik von Danger Dan, Koljah und Panzer. Nicht nur ein neues Album, sondern gleich zwei – „Alles muss repariert werden“ ist sowohl Rap- als auch Punk-Album. Zunächst 10 Songs im klassischen Hip Hop-Gewand und dann noch einmal 12 Punksongs. Das müssen wir uns einmal genauer ansehen und vor allem anhören, oder?
Melancholisch wie man die Antilopen Gang kennt
Die Platte startet im für die Antilopen Gang typischen Sound. „Nichts für immer“ trägt reichlich Melancholie in sich. Sicher nicht der innovativste Song der Band. Aber eine klare Ansage, was wir von den kommenden Songs erwarten können. Und trotz aller Schwere schafft es die Antilopen Gang dennoch, Trost und Hoffnung zu spenden. Auch das gehört zur DNA der Band. Zu den eindrucksvollsten Songs der Platte gehört ohne Frage auch „Oktober in Europa“, das sich mit dem Antisemitismus nach dem Massaker vom 7. Oktober beschäftigt. Der Song geht musikalisch nicht nur, aber auch wegen des Features von Sophie Hunger unter die Haut und tut es auch lyrisch. Die Band wechselst zwischen Betrachtung, Analyse und eigener Meinung, lässt aber auch genügend Raum, um sich eigene Gedanken zu machen. Wichtig in diesen Zeiten.
Schwere Kost mit Hoffnungsschimmern
Es ist in großen Teilen schon schwere Kost, die uns in der ersten Hälfte von „Alles muss repariert werden“ angeboten wird. Aber zum Glück nie ganz ohne die kleinen Hoffnungsschimmer. So ist „Rannte der Sonne hinterher“ ein wunderschönes Abschiedslied für den im letzten Jahr verstorbenen Egotronic-Frontman Torsun Burkhardt – inklusive Egotronic-Referenzen versteht sich. Damit es nicht allzu bedrückend wird, geizt die Antilopen Gang zum Glück nicht mit der ebenfalls zur Standardrepertoire großen Portion (Selbst-)Ironie wie im launigen „Direkter Vergleich“. Und auch „Wenn das hier vorbei ist“ ist ein erfrischender Rausschmeißer, auch wenn der Songs weder musikalisch noch lyrisch zu den stärksten Tracks des ersten Teils der Platte gehört.
Kann die Antilopen Gang auch Punk?
Machen wir weiter mit der zweiten Hälfte – sozusagen mit der B-Seite. Diese startet mit dem bereits als Single veröffentlichen „Oberbürgermeister“. Auch hier stellt die Antilopen Gang ohne Frage ihr Gespür für die richtigen Opener unter Beweis. Eingängig, aber nicht zu platt. Mit Punk hat der Song zwar eher wenig zu tun, aber so fällt der Kulturschock für alle Fans der „klassischen“ Antilopen Gang zumindest nicht zu stark aus. In der Folgezeit hört es sich dann mitunter mehr nach Punk an – das muss aber bekanntlich kein Qualitätsmerkmal sein. „Ich helfe nicht bei Umzügen“ oder „Weg von hier“ sind vor allem ein Beispiel für die unbestrittenen lyrischen Qualitäten der Antilopen Gang. Musikalisch geht es doch ziemlich belanglos zu. Hater werden nun sicher sagen, dass dies zum Punk gehört wie die rote Bomberjacke zu Danger Dan. Und die Band hat die musikalische Messlatte sicher bewusst niedrig gelegt. Doch am Ende hören sich zu viele Songs so an, als hätte man das letzte – bekanntlich ziemlich einfältige – Album von Feine Sahne Fischfilet auf Temu bestellt.
Hier und da gibt es Lichtblicke
Der große Unterschied ist und bleibt aber: Die einen können es wohl nicht (mehr) besser, die anderen wissen sehr genau, was sie da tun und warum es sich so anhören soll. Doch so richtig mag der Punkrock-Funke auch nach mehreren Runden nicht überspringen. Aber es gibt auch einige Lichtblicke. Zum Beispiel „Netter Nachbar“, das schnell seinen Weg ins Ohr findet. Oder „Ruhrpott Rodeo“, das durchaus als Hommage an das gleichnamige Festival verstanden werden darf. Doch davon abgesehen bleibt die Antilopen Gang in der zweiten Hälfte des Albums insgesamt zu oft unter ihren Möglichkeiten. Das mag alles ganz genau so platt und einfach gewollt sein, aber das macht es ja auch nicht unbedingt besser. Am Ende bleibt vor allem der Kontrast zwischen der ersten und der zweiten Hälfte hängen. Rap und Punk – oder eben gut und nicht ganz so gut.
Ein Doppel-Album, das sowohl klassische Rap-Songs als auch Punk beinhaltet? Eine Idee, die wohl zu keinem anderen Act so gut passt wie zur Antilopen Gang. In der Umsetzung zeigt sich aber klar, wo sich das Trio musikalisch zuhause fühlt. Wo Punk drauf steht, ist eben nicht immer auch Punk drin.
Foto: Danny Kötter / Offizielles Pressebild
Antilopen Gang News
Alles muss repariert werden
Künstler: Antilopen Gang
Erscheinungsdatum: 13.09.2024
Genre: Crossover, Punkrock, Rap
Label: Sony Music/Antilopen Geldwäsche
Medium: CD, Vinyl, etc
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