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Pop-PunkPunkrock
Kritik: All Aboard! - "The Rules Of Distraction"
“Eine Platte, auf die niemand gewartet hat” – normalerweise sind solche Sätze “Red Flags”, wenn eine Band versucht, sich oder ...
VON
Maik Krause
AM 23/05/2021
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“Eine Platte, auf die niemand gewartet hat” – normalerweise sind solche Sätze “Red Flags”, wenn eine Band versucht, sich oder ihren Output besonders ironisch anzupreisen und damit in der Regel schnell auf die Nase fällt. Bei All Aboard! ist dies nicht der Fall, und auch das hat mal wieder mit der Pandemie zu tun.
Wenn wir eins aus den letzten fast 1,5 Jahren gelernt haben, dann dass Kunst und Kultur nur eine begrenzte Wertschätzung in unserer Gesellschaft (und vor allem aus der Politik) erhält. In Zeiten, in denen Begriffe wie “Systemrelevanz” allgegenwärtig sind und die hiesigen Kulturschaffenden, Clubs und die beteiligten Akteur*innen nach und nach den Mut zu verlieren scheinen, entscheiden sich All Aboard! aus Mönchengladbach genau das Gegenteil: sie beginnen, wieder eine Band zu sein.
Nach dem Erscheinen ihres letzten Albums “Aficionado” (2015) war es um die Punkrock-Band recht ruhig geworden. In über zehn Jahren hatte man zwar mehr als 200 Shows und diverse Touren durch ganz Europa gespielt, doch der Fokus auf Job und Familie führte zu der Erkenntnis, dass man die Band auch langsam auslaufen lassen könne. Doch mit dem Lockdown kamen neue, frische Ideen und somit auch neues Feuer, um die freie Zeit irgendwie sinnvoll zu nutzen.
All Aboard!: Gefühlvoller Punkrock, der Hoffnung macht
So ist “The Rules Of Distraction” in der Tat ein Album, mit dem wohl keiner mehr wirklich gerechnet hätte, wobei sich das “Warten” absolut gelohnt hat.
Irgendwo zwischen Bands wie Gnarwolves, The Menzingers oder Hot Water Music finden sich All Aboard! soundtechnisch wieder, auch wenn sie vergleichsweise weniger rau daherkommen – auch mit Hinblick auf frühere Releases.
Dies ist aber eher eine Feststellung, denn Songs wie “57 Walnut Street”, “On & On” und “Satisfaction” sich sowohl stimmlich als auch instrumental wirklich mitreißend. Bei letzterem gibt es übrigens ein kleines Feature von James Hull, Bassist der großartigen Apologies, I Have None.
Geht es lyrisch überwiegend sehr persönlich zu, entstand “Mouth Of The Shark (All Aboard?)” in Anlehnung an die Gedichte von den Geflüchteten Abdel Wahab Latinos und Warsan Shire: “future was just a dream in our heads but the truth is we’re better off dead.”
Natürlich erfinden All Aboard! auf “The Rules Of Distraction” das Rad nicht neu. Dennoch klingt die Band in 2021 sehr erfrischend und befeuern das Verlangen nach Live-Musik, Festivals oder einfach einen guten Abend in der Lieblingskneipe.
Dass die Band, die auch über ihr eigenes Schaffen hinaus ein wichtiger Bestandteil der örtlichen Kulturszene ist oder war, wieder Bock auf Musik machen hat, dürfte sicherlich Hoffnung für die Zukunft machen. Immerhin steht und fällt das Ganze auch mit seinen Akteuren.
Foto: All Aboard! / Offizielles Pressebild
All Aboard! News
The Rules Of Distraction
Künstler: All Aboard!
Erscheinungsdatum: 21.05.2021
Genre: Alternative, Punkrock, Rock
Label: Bakraufarfita Records
Medium: CD, Vinyl, etc
- Attraction
- Perfect Stranger
- Satisfaction
- On & On
- Mouth Of The Shark (All Aboard?)
- Crossroads
- 57 Walnut Street
- What Dying Feels Like
- Like Lyrics
- Footsteps
- Why Pretend?
- Distraction
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