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Interview

You Me At Six im Interview: „Das Album ist eine Hommage an diese Szene“

Die Band über die neue Platte "Truth Decay" und Blicke zurück und nach vorn.

VON AM 08/02/2023

Nach kleiner Verzögerung bringt das das englische Quintett You Me At Six am 10. Februar ihr nunmehr achtes Album „Truth Decay“ an den Start. Das Versprechen: Ein Emo- und Pop-Rock-Album, das die Band in ihrer Quintessenz beschreibt, und dennoch im heutigen Zeitalter angekommen ist. Wir hatten die Chance, uns im Vorhinein mit den Gitarristen Max Helyer und Chris Miller in Berlin zu unterhalten.

You Me At Six zum neuen Album: „Eine Hommage an die Szene“

Seit über 15 Jahren ist die Band mittlerweile aktiv – und aus dem Bilde der britischen Rockszene nicht mehr wegzudenken. Während sich die erste Hälfte ihrer Diskografie, vor allem das 3. Studioalbum „Sinners Never Sleep“, seinen Platz im 2010er Szene-Kanon erspielt hat, schlugen die Veröffentlichungen der letzten Jahre (wie „VI“ und „SUCKAPUNCH“) experimentellere Richtungen ein. Was können wir von Longplayer 8 erwarten?

Schon vor Albumrelease sind sechs der 13 Tracks als Singles veröffentlicht worden, zuletzt „God Bless the 90s Kids“ als letzter Vorgeschmack. „Wir wollten mit dem Gefühl und dem Stil räsonieren, den wir beim Aufwachsen hatten“, beschreibt Max. Chris ergänzt: „Es ist eine Hommage an diese Szene.“ Damit ergibt sich schon ein gutes Bild davon, was „Truth Decay“ kann: ein Blick zurück, eingebettet im Bandsound im Jahr 2023. Wer sich zum Beispiel die Single „Deep Cuts“ anschaue, führt Max aus, erkenne Indie-Rock-Einflüsse, die sich zunächst im My Chemical Romance-Style in Emo-Punk-Sounds verwandeln, bevor sie in einen großen Pop-Rock-Chorus à la Blink-182 zusammenkommen.

Für Chris trägt „Truth Decay“ Spuren von all den Alben in sich, die You Me At Six bis dato produziert haben – nur diesmal ganz natürlich, ohne Druck und ohne Stress. Auf die Frage hin, welcher Song denn wohl das Potenzial zum Fanliebling hat, vervollständigt sich das Bild. Denn auch wenn Max denkt, dass „No Future“ würdig an „Bite My Tongue“ anknüpfe, oder „:mydopamine:“ alte Tage von „Hold Me Down“ in Erinnerung rufe, hebt er eines hervor: Die aktuelle Single „God Bless the 90s Kids“. Es soll an den Sound und das das Gefühl der Bands erinnern, die die Szene dorthin gebracht hat, wo sie heute ist.

Was allerdings nicht heißen muss, dass die Band für das Album ein Schritt zurück ist – im Gegenteil, sagt Chris: „Ich weiß, es ist ein Klischee, aber wir haben zurückgeschaut, um weiter nach vorne zu kommen. Ohne die Alben und der Erfahrungen der letzten Jahre wäre wir heute nicht mit ‚Truth Decay‘ hier, sie haben uns viel herausgefordert und beigebracht.“ Am Ende sei das Album in den Wurzeln genau das, worum es You Me At Six schon immer ging: Gute Riffs mit catchy Vocals.

Über Männlichkeit und Gefühle

Auch textlich trauen sich die Jungs, spezifisch Sänger und Texter Josh Franceschi, mittlerweile mehr als noch zu Anfang der Bandkarriere. Die Single-Auskopplung „Mixed Emotions (I Didn’t Know How to Tell You What I Was Going Through)“ ist bereits seit November veröffentlicht, das passende Video wurde mit Olli Appleyard von Static Dress produziert. Der Song thematisiert toxische Männlichkeit mitsamt ihrer negativen Folgen.

Ein Debut in der Bandkarriere, in dem Texte bisher oft leichter und weniger politisiert waren. „Wir sind alle älter und reifer geworden“, erklärt Chris. „Josh kann seine Geschichten mittlerweile anders teilen, auf seine Art und Weise“. Was die wichtigste Veränderung gewesen sei, ist dass Josh den Rest der Band mittlerweile an seinem Prozess teilhaben lasse. „Früher kamen wir ins Studio und wussten überhaupt nicht, worüber er singt. Mittlerweile ist alles viel offener, wir fühlen uns eingebunden“, beschreibt Max.

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Ob das die Songs besser macht? Laut Chris gäbe es dadurch mehr Tiefe, und auch Max spürt, dass die Musik sich anders zuschneiden lässt: „Wenn wir als Instrumentalisten wissen, worum es geht, ist klarer, was wir erreichen wollen. Es geht um eine Stimmung, eine Farbe, ein Licht. Die Stimmung in ‚Mixed Emotions‘ ist wie hell und dunkel – wir steuern mit der Atmosphäre gegen den schweren Inhalt, aber lenken auch Aufmerksamkeit auf ihn“.

Die Gäste der Platte

Nicht nur im Sound von „Truth Decay“ lässt sich eine Rückkehr zu den Wurzeln wiederfinden – auch in der Form steck Intention. „‘Sinners Never Sleep‘ war das letzte Album, auf dem wir Kollaborationen gemacht haben und ‚Bite My Tongue‘ mit Oli [Sykes] von [Bring Me The] Horizon war ein Eckpfeiler der Musik, die wir damals gehört haben“, erklärt Max.

Die Künstler*innen der Kollaborationen auf „Truth Decay“ sollen nicht nur Repräsentanten ihrer Generation sein, sondern die Lieder mit ihrem eigenen Flair bereichern. „Wir haben nicht danach ausgewählt, große Namen auf der Tracklist zu haben“. Viel mehr erfüllen die Gäste auf der Platte eine ganz bestimmte Aufgabe, bringen Energie oder Wut, wie Rou in seinem Feature. So ist im Wut-Track der Platte „No Future? Yeah Right” Rou Reynolds, Frontmann von Enter Shikari zu hören, während das Album mit der in Deutschland noch als Newcomer*in zu verordnenden träumerischen Stimme von Cody Frost abschließt.

„Truth Decay“ Live in Europa

Natürlich können wir uns im Zuge des neuen Albums auch auf eine Tournee quer durch Deutschland freuen. Im Vereinigten Königreich werden You Me At Six im Moment glatt von drei Bands (The Maine, Waterparks und Bears In Trees) unterstützt. Hierzulande wird uns eine Co-Headline-Tour mit The Hunna, langjährige Freunde des Quintetts, und Support von der australischen Gruppe Yours Truly beschert. In den vielen Supportbands finde sich auch der Ethos des Albums wieder – ein Zurückgeben an die musikalische Community, ein Teilen von Erfahrungen, anstatt „eigene kleine Inseln“ sein zu wollen, so Max.

Es ist You Me At Six‘ erste Tour in Deutschland, seitdem pandemiebedingt die „SUCKAPUNCH“ Tour ins Wasser fiel. Demnach ist sowohl bei Max als auch Chris die Vorfreude groß: „Einige unserer besten Shows waren in Europa!“, erinnert sich Max. Die lange Pause steigere die Vorfreude nur. Zu guter Letzt – was können wir vom Set erwarten? „Kommt, egal ob es zwei, drei Jahre her ist, dass ihr uns das letzte Mal gesehen habt, oder auch zehn oder elf – wir werden eine große Mischung all unserer Songs spielen, neue Lieder, aber natürlich auch Klassiker“.

Die Daten der Tour findet ihr hier:

22.02.2023 – BE – Antwerpen, Trix
23.02.2023 – NL – Amsterdam, Melkweg
25.02.2023 – DE – Köln, Essigfabrik
27.02.2023 – DE – Münster, Skaters Palace
28.02.2023 – DE – Hamburg, Markthalle
01.03.2023 – DE – München, Backstage Werk
02.03.2023 – AT – Wien, WUK
07.03.2023 – DE – Berlin, Huxleys

Foto: Olli Appleyard / Offizielles Pressebild

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