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Soulcrusher 2021: Dunkle Sphären und schwarze Schatten

Unser Bericht vom düsteren Fest.

VON AM 18/10/2021

Das Soulcrusher Fest lädt seit 2017 (mit Unterbrechung im Jahr 2020) ein, um sich an düsteren Klängen zu erfreuen. Bands wie YOB, Mayhem, Deafheaven und Triptykon besetzten die Headlinerslots der vergangenen Jahre. Dabei legt das Lineup stets wert auf eine gesunde Mischung aus düsterem Post-Metal, Doom, Black Metal und auch Hardcore. Genres, die allesamt jedoch auf einen experimentellen Einschlag setzen. Ein Anspruch, der auch mit dem diesjährigen Lineup des Soulcrusher Fests erneut erfüllt wurde.

Warm-Up

Der Freitag wurde angeführt von BÖLZER, die kurzfristig als Ersatz für Enslaved eingesprungen sind. Neben The Ruins Of Beverast, Autarkh und Noctambulist, die die Hauptbühne bespielten waren es auch unbekanntere Acts, die den Freitag spannend werden ließen. So etwa die lokal ansässigen Radeloos///Ziedend. Aber auch internationale Acts, wie Firebreather und Pothamus, die neben Hexis und Krypts sorgten für einen intensivem Festivalauftakt. Leider haben wir es aus logistischen Gründen nicht zum Festivalfreitag geschafft. Wir sind allerdings mit noch größerer Vorfreude am Samstag vor Ort gewesen und haben den Spirit des Soulcrusher für euch aufgefangen.

Psychonaut

Energetisch

Mit Psychonaut legte das Festival auf der kleineren Bühne, die dennoch bestens ausgeleuchtet und klanglich auf einem Niveau mit der großen Bühne von sich überzeugte. So wurde der ungeliebte Opener-Slot zu einem ebenbürtigen Erlebnis. Die drei Belgier hätten sicherlich auch zu einem späteren Zeitpunkt spielen können, doch eine zweite Show am Abend in Belgien zwang das Trio zu früher Stunde zu performen und die Messlatte enorm hochzulegen. Mit fünf Tracks ihres Albums „Unfold The God Man“ bewiesen Psychonaut schnell, dass ihnen der Mix aus anspruchsvollem Prog Metal und brachialem Post Metal bestens steht und bei ihnen sowohl instrumental als auch vokal alles perfekt abgestimmt ist. Mit einer eindrucksvollen Performance holten Psychonaut die früh angereisten Zuschauer*innen direkt ab und ließen sofort vergessen, dass man schon lange nicht auf einem solchen Event gewesen ist.

Psychonaut

Abrasiv

Deutlich brachialer, lauter und aggressiver ging es bei Regarde Les Hommes Tomber auf der Hauptbühne zu. Mit einer ästhetisch anspruchsvollen Lichtshow und feurigen Spielereien wurde das Set der Franzosen schnell zu einem weiteren Hingucker. Vor allem mit jeder Menge Tightness stellten sie unter Beweis, dass Black Metal im Jahr 2021 nicht mehr ranzig klingen muss, um zu begeistern. Und zwar noch bevor Doodswens mit einer ruppigeren Version des Genres auf der kleinen Bühne das Gegenteil bewiesen. Denn auch dreckige Black Metal funktioniert im Jahr 2021 noch bestens.

Regarde Les Hommes Tomber

Ätherisch

Der Anblick der Ästhetik von Wolvennest deutet auf ein ätherisches Erscheinungsbild, das auch in den Klängen der Band wiedergegeben wird. Im direkten Vergleich zu den vorherigen Bands wirkt die Musik der Band jedoch etwas einschläfernd, uninspiriert und dröge, was auch an der unspektakulären Performance der Sängerin liegen mochte. Alles in allem war Wolvennest eine Band, die mich kaum überzeugen konnte, dennoch positiv vom Publikum aufgenommen wurde. Zeit zu Crown zu gehen, die mit einem Synth Pop geladenen Doom Sound an Bands wie My Dying Bride oder gar Ulver erinnerten und etwas frischen Wind in die düsteren Klangsphären des Tages wehten.

Crown

Aggressiv

Mit Wiegedood fand der Abend bereits seinen brachialen Höhepunkt. Die drei ebenfalls aus Belgien stammenden Musiker lieferten ihren rohen Black Metal Sound, der das niederländische Publikum zweifelsohne begeisterte. Enorm tight, enorm präzise und schmetternd spielten Wiegedood einen lupenreinen Auftritt, der auf jegliche Black Metal Trademarks verzichtete und trotzdem überzeugen konnte. Eine Show, die so mitreißend war, dass ein Zugang zur kleinen Bühne und zum wahrlich bezaubernden Sound von Briqueville unmöglich wurde. Denn die Sets überschnitten sich jeweils um 5 Minuten, was einen Zugang zur kleinen Venue zwangsläufig regulierte.

Wiegedood

Finster

Aus dem französischen Lyon auf die Bühne des Soulcrusher kamen anschließend Celeste, die nicht mit der britischen Sängerin gleichen Namens zu verwechseln sind. Mit roten Kopfleuchten, erinnern die vier Musiker ein wenig an Bergmänner, die jedoch mitsamt eindrucksvoller Lichtshow und jeder Menge Stroboskopeffekte einen musikalisch versierten Eindruck vermittelten. Weniger im Black Metal verortet als Wiegedood war der Sound von Celeste allerdings kaum sanfter. Insbesondere die breiter aufgestellten Einflüsse ließen das Set der Franzosen unfassbar intensiv wirken, was nicht zuletzt durch die synchronisierte Lichtshow bestärkt wurde. Wer Celeste noch nicht live gesehen hatte, sollte dies dringend nachholen.

Celeste

Celeste

Atmosphärisch

Während wir die Zeit in der Schammasch spielten als Pause nutzten (ein hineinkommen wäre wie zuvor bereits ohnehin unmöglich gewesen), bereiteten sich The Ocean auf der Bühne vor. Ebenso eindrucksvoll in ihrer Lichtshow sorgte das in Berlin-ansässige Kollektiv für einen prominenten und unverkennbaren Sound, der zwischen Post-Rock, Post-Metal und Progressive Metal für eine willkommene Abwechslung sorgte. Ein klarer Fokus auf die zuletzt erschienenen Phanerozoic-Alben ließ das Set besonders düster werden. Aber auch zwei ältere Tracks finden ihren Weg in die Darbietung, während sich Schlagzeuger Paul Seidel für einen Song ans Mikro begab und von der Variabilität der Band überzeugte. Alles in allem waren The Ocean mit einer begeisternden Performance das klare Highlight des Festivals… zumindest wenn man auf Post-Metal steht.

Experimentell

Doch auch da haben Oranssi Pazuzu aus Finnland noch ein Wörtchen mit zu reden. Die Veranstalter*innen konnten den Headliner in letzter Minute trotz abgesagter Tour noch für einen exklusiven Gig gewinnen, was sich auch im großen Andrang der Besucher*innen zeigte. Noch bevor das Set der niederländischen Verwoed beendet war, war ein Großteil des Publikums bereits im großen Saal und wartete auf Oranssi Pazuzu. Mit ihrem hypnotischen Mix aus Psychedelic Rock, Noise Rock und Black Metal waren die Finnen das experimentelle Highlight des Festivals. Eine Erfahrung die gleiches Wegs verblüffend, als auch begeisternd wirkte. Um nicht zu sagen, dass man eine solche Performance auch nachts auf Arte hätte zeigen können. Das ist jedoch nicht dispektierlich gemeint, denn diese Show war so besonders war, dass ich mir diese Band unbedingt ein zweites Mal ansehen möchte.

Oranssi Pazuzu

Oranssi Pazuzu

Begeisternd

Als „Rausschmeisser“ lockten letztendlich Coilguns aus der Schweiz mit ihrem experimentellen Hardcore Sound auf die kleine Bühne. Damit sorgten sie für Moshpits und Stagedives, die den letzten Rest Energie aus dem Publikum entlockte. Am Ende des Tages war das Soulcrusher ein Event, das mit musikalischer Qualität, überragendem Sound und eindrucksvollen Lichtshows überzeugte. Es ist mit Spannung erwarten zu erwarten, welches Lineup sich im nächsten Jahr einfinden wird. Sicher ist jedoch, dass es wieder Bands aus düsteren Klangsphären sein werden, die allesamt etwas besonderes in ihrer Musik haben. Der Termin steht bereits, denn das nächste Soulcrusher findet vom 21. – 22. Oktober statt. Wir sind bereit!

Foto-Credit: Rodney Fuchs im Auftrag von MoreCore.de

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