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Interview

Shinedown im Interview: „Es ist der eine negative Kommentar, der dir im Kopf bleibt und dich belastet.“

Drummer Barry Kerch über soziale Medien, Politik und die neue Platte "Planet Zero".

VON AM 03/07/2022

Vergangene Woche servierten uns Shinedown endlich ihre neue Platte „Planet Zero“.

Im Interview erzählt Schlagzeuger Barry Kerch mehr über die Hintergründe des Albums, wie Social Media und die aktuellen Zustände in Amerika das Album inspiriert haben und warum Eric Smith seit den Aufnahmen vermutlich das ein oder andere graue Haar mehr hat.

Shinedown-Drummer Schlagzeuger Barry Kerch im Interview

Sarah-Jane | MC: Wann und wie ist die Idee für das neue Album entstanden?

Barry: Wir haben die „Attention Attention Tour“ beendet, kurz bevor die Corona-Pandemie uns alle getroffen hat. Wir waren also fertig, haben eine kleine Pause gemacht und wären für neue Aufnahmen bereit – dann wurde jedermanns Leben heruntergefahren. Also haben wir einfach angefangen, drauf loszuschreiben. Shinedown waren immer schon dafür bekannt, über das zu schreiben, was gerade vor sich geht und was in unseren Leben passiert und an diesem Punkt hat das Album dann angefangen, Form anzunehmen. Wir haben festgestellt, dass die meisten Songs von z.B Social Media und psychischer Gesundheit handeln. Unser Land ist aktuell sehr gespalten, es gibt Aufstände – all diese Verrücktheit, die vor sich geht, hat die Songs beeinflusst, „Planet Zero“ geformt und zu dem gemacht, was es jetzt ist.

Sarah-Jane | MC: Hattest du ein Thema auf „Planet Zero“, das dir persönlich sehr wichtig war?

Barry: Ich glaube, für mich war es das Thema Social Media und wie es die mentale Gesundheit beeinflussen kann. An sich ist Social Media ein tolles Werkzeug und ermöglicht viele wundervolle Dinge, aber gleichzeitig ist es wahrscheinlich eines der schlimmsten Dinge, die jemals erfunden wurden. Für die Psyche und ganz besonders, wenn ich mir die Jugend heutzutage ansehe, die Tag ein Tag aus von Likes lebt. „Seht mich an, wie cool ich bin“ und der ganze Müll – das trifft dann doch auch einen Nerv bei mir. Ich selbst bin eher Anti-Social Media.

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Ich benutze es zwar in Maßen für Shinedown, aber ich habe mich selbst auch dabei erwischt, als ich angefangen habe, Twitter und Instagram zu benutzen, dass man nicht drum herumkommt, sich die Kommentare anzusehen und was die Leute wohl von dir halten. Wir sind alle in bestimmten Aspekten fragil und natürlich verletzt es, wenn jemand kommentiert „Ich wünschte du wärst tot“, „Eure Musik ist scheiße“ oder „Eure Band ist schrecklich“. Du liest einen negativen Kommentar unter 100 positiven und es ist dieser eine, der dir im Kopf bleibt und dich belastet. Ich kann mir nur vorstellen, wie es sich für einen jungen Menschen anfühlt, der sich vielleicht in seiner eigenen Haut noch nicht wirklich wohlfühlt. Das kann einen enormen Schaden hinterlassen, daher war das ein sehr wichtiges Thema für mich.

Sarah-Jane | MC: Kennst du jemanden in einer solchen Situation? Also der so lebt, wie du es gerade beschrieben hast, beziehungsweise so aufwächst?

Barry: Ja. Ich habe Nichten und Neffen, die so leben. Jedes Mal, wenn ich sie sehe, sind sie an ihrem Handy, anstatt sich mit den Menschen um sich herum zu beschäftigen. Oder bei unserem Gitarristen – er ist ständig online und liked und schreibt Kommentare. Wir hatten schon viele Gespräche über das Thema. Klar, er ist erwachsen und das ist ihm alles selbst überlassen, was er tut. Wahrscheinlich verstehe ich es auch einfach nicht – ich meine er ist eine ganze Generation jünger als ich. Ich frage mich oft „Warum verschwendet du deine Zeit mit sowas?“. Aber er hat Freude daran, also wer wäre ich denn, wenn ich irgendjemanden dafür verurteile? Das ist einfach meine persönliche Meinung. Meine Nichte hat besonders damit zu kämpfen. Sie ist gerade in einem Alter, das sehr prägend ist und gerade, wenn du von allen gemocht und akzeptiert werden willst, kann das schwierig werden

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Sarah-Jane | MC: Ich würde gerne mit dir über den Aufnahmeprozess des neuen Albums sprechen. Ich habe gelesen, Eric hatte eine spezielle Art, wie er dieses Mal vorgegangen ist? Gab es irgendwelche Besonderheiten oder Schwierigkeiten dabei, „Planet Zero“ aufzunehmen?

Barry: Es hat sehr viel Spaß gemacht, dass Eric die Platte produziert hat. Er hat auch „Attention Attention“ produziert, aber das war ein ganz anderer Vibe und ein sehr anders klingendes Album. Auf eine gute Art und Weise. Wir haben ein tolles Arbeitsverhältnis miteinander. Wir verstehen uns großartig, sind Brüder und lieben uns. Aber wenn er in Produzenten-Modus übergeht, bin ich Schlagzeuger, der für die Tracks spielt. Das ist teilweise ganz lustig für mich.

Er ist kein Drummer, wenn er mir also sagt: „Hey, ich will, dass es sich so und so anhört“, dann kann ich das in Schlagzeuger-Sprache übersetzen. Das war immer eine unterhaltsame Challenge und es war schön, die Möglichkeit zu haben, das in seinem Studio zu tun. Wir experimentieren gerne mit den Drums, denn Eric ist ein großer Schlagzeug-Fan. Wenn einmal der Basic-Track fertig ist, gehen wir zurück zu Percussion und Tambourines. Was hörst du? Was willst du? Das sind die Momente, die ich sehr aufregend finde, denn da kommt die Kreativität wirklich zum Vorschein!

Sarah-Jane | MC: Was war dein Lieblingspart bei der Aufnahme?

Barry: Das ist schwer zu sagen, ich fand alles toll! Ich mag die Herausforderung, etwas zu spielen, das ich normalerweise vielleicht nicht so gespielt hätte. Der Song „The Saints of Violence and Innuendo“ beispielsweise hat ein wirklich interessantes Bass Drum Muster in seinem Refrain. Das ist nichts, das ich normalerweise spielen würde, aber es hat sich total cool angehört. Sowas macht mir enorm Spaß!

Sarah-Jane | MC: Eure Tour beginnt ja bald! Gibt es für dich „nur“ die Proben und du bist bereit, oder hast du ein spezielles Pre-Show Programm, mit dem du dich auch auf Tour vorbereitest?

Barry: Wir proben sehr viel vor Tourneen, besonders vor dieser, da es ein komplett neues Bühnendesign ist. Wir müssen Placements verinnerlichen, wo wir während den Interludes, Videoparts, Pyrotechnik stehen, all diese Dinge. Wir werden vermutlich etwa eine Woche damit verbringen, das alles richtig zusammenzubekommen. Sobald wir dann auf Tour sind, haben wir unsere Soundchecks und falls ein neuer Track doch noch nicht so sitzt, wie wir es uns vorstellen, oder wir mit unserem Auftritt nicht zufrieden sind, sehen wir uns das nochmal genauer an und spielen Songs ein weiteres Mal, um alles wieder ins Muskelgedächtnis zu bekommen. Vor den Shows habe ich dann mein Aufwärmprogramm. Ich bin ein Gewohnheitstier, ich will meinen Rhythmus haben und dieses Programm spiele ich dann auch jeden Tag ab.

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Sarah-Jane | MC: Du bist also im Arbeitsmodus?

Barry: Es ist wie ein Sport. Du musst dich darauf vorbereiten und absolut fokussiert auf die Show sein. Vor allem in Anbetracht der Sache, wie groß die Shows inzwischen geworden sind. Die Konzentration muss sitzen!

Sarah-Jane | MC: Gibt es einen Song auf „Planet Zero“, auf den du besonders stolz bist?

Barry: Ich bin stolz auf sie alle weißt du? Ich bin vor allem auch stolz auf die Texte und wie sie mich selbst berührt haben. Ich wünschte, ich hätte das Talent, das Brent hat, wenn es ums Schreiben geht. Er schreibt etwas und man kann sich so sehr damit identifizieren, das haut mich einfach um. Ich bin noch stolzer auf meine Jungs. Wenn ich mir ihre Lyrics anhöre, denke ich mir: „Ihr habt echt eine Gabe“.

Sarah-Jane | MC: Du meintest, ihr habt diesmal alle gemeinsam an den Lyrics gearbeitet, richtig?

Barry: Ich selbst bin kein Lyriker, ich werde nie einer sein. Ich kann es einfach nicht. Ich kann es versuchen, ich habe es versucht, aber ich bin einfach zu wissenschaftlich und faktenbasiert (lacht). So kommt es dann auch heraus, es ist schlichtweg zu direkt. Dadurch habe ich mir manchmal auch schon Ärger eingehandelt in Meetings mit Management und Labels. Ich habe keinen Filter und dann sag ich was Falsches und alle sind sauer (lacht). Also lasse ich es bleiben, Brent übernimmt das dann. Er kann es sehr gut, auf eine positive Art und Weise zu überzeugen – ich kann ein Arschloch sein (lacht).

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Sarah-Jane | MC: Manchmal muss man aber auch direkt sein! Wenn du ein großer Fan von Lyrics bist – hast du ein Song-Zitat auf der neuen Platte, das dir besonders gefällt?

Barry: Es gibt eine Line in „America Burning“, die lautet: „You might be woke but not awake“. Die hat mich gepackt. Wenn du sie im Kontext des Songs hörst, wirst du feststellen, dass es darum geht, dass wir wieder mehr zusammenkommen müssen, anstatt zu spalten. Wir müssen unsere Differenzen zur Seite stellen, echte Gespräche führen, auch, wenn wir vielleicht nicht immer einer Meinung sind. Menschen werden schnell gecancelled und leicht gehasst, anstatt dass wir versuchen, uns gegenseitig zu verstehen.

Sarah-Jane | MC: Ja, das ist mir ebenfalls aufgefallen, als ich für ein paar Monate in den Staaten war. Das was du gerade geschildert hast, habe ich tatsächlich etwas beobachtet. Es ist ein sehr seltsames Gefühl.

Barry: Wir sind nicht politisch, wir reden nicht über Politik – wir halten uns davon fern. Unsere Hörer sind ein breites Spektrum an Menschen und wir wollen keinen Teil unseres Publikums ausschließen, nur weil wir derselben oder eben nicht derselben Meinung sind. Das sind nicht wir. Wir wollen die Leute zusammenbringen, darum geht es auch in unseren Texten. Über die Jahre hinweg haben wir viele verschiedene Geschichten von Fans gehört und das hat mich sie alle umso mehr wertschätzen lassen.

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Sarah-Jane | MC: Um nochmal auf das neue Album zurückzukommen: du hast die kommende Tour angesprochen. Hast du einen Live-Favoriten, auf den du dich bei den Shows besonders freust?

Barry: Das kommt immer auch ziemlich auf die Show an. Wir haben eine kleine Tour an der Westküste gespielt, kurz nachdem „Planet Zero“ (die Single) rauskam. Ich freue mich immer sehr darauf, die Reaktionen der Fans zu sehen. Es ist nicht leicht, einen Favoriten auszuwählen. Mein Lieblingssong wird immer der, bei dem eine Verbindung mit jemandem in der Menge entsteht und du diese Reaktion siehst. An einem Abend ist das vielleicht „I’ll Follow You“ und dieses Paar in der ersten Reihe fängt an zu weinen, denn es ist der Song, zu dem sie geheiratet haben. Solche Momente sind der Hammer. An einem anderen ist es „Enemies“ und du siehst einen Haufen junger Fans, die einen Pit starten und eine richtig gute Zeit haben. Und das ist jede Nacht neu und einfach toll.

Sarah-Jane | MC: Da die Fans bisher nicht die Chance hatten, das Album zu hören – kannst du es in drei Worten beschreiben?

Barry: Okay drei Worte! Aggressiv! In your face! Das waren eigentlich schon drei Worte. Yep, In your face.

Sarah-Jane | MC: Ihr habt aber auch ruhigere Songs! Die mag ich auch.

Barry: Es wäre nicht Shinedown ohne sie! Wir wollen dich auf eine Reise mitnehmen und das tut auch „Planet Zero“. Wir haben auch hier unsere Balladen und sentimentalen Songs. Wir schreiben, was von Herzen kommt.

Foto: Sanjay Parikh / Offizielles Pressebild

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