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Interview

Rise Against-Bassist Joe Principe: „Der ‚American Dream‘ existiert nicht“

Der Musiker über das neue Album, den Sound der Band und Punkrock im Allgemeinen.

VON AM 16/06/2021

Rise Against haben vor kurzem ihr brandneues Album „Nowhere Generation“ und damit den neunten Longplayer ihrer Karriere auf en Markt gebracht.

Wir durften uns mit Bassist Joe Principe über die neue Scheibe unterhalten und haben erfahren, was es mit dem Titel auf sich hat. Der Musiker verriet uns weiterhin, was er von seinen Kindern lernen möchte und welche positiven Aspekte er aus der Pandemie mitgenommen hat.

Rise Against-Bassist Joe Principe im Interview zum neuen Album „Nowhere Generation“

MC | Mauritz: Hallo Joe, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Euer neues Album „Nowhere Generation“ ist gerade erschienen. Kannst du uns mehr über den Titel erzählen? Wie seid ihr darauf gekommen?

„Nowhere Generation“ richtet sich an die Jugend, an die jüngeren Generationen. Es geht dabei um die alltäglichen Sorgen, die sie haben, z.B. in der Schule oder wenn es darum geht, einen Job zu bekommen und genug Geld zu verdienen, um ein gutes Leben führen zu können, ohne sich Sorgen darum zu machen, die Miete nicht zahlen zu können. Für uns fühlt es sich so an, als würde es immer schwerer für die Jugend werden. Der Titel ist also eine Art Anerkennung für die jungen Leute: Wir hören und sehen ihre Probleme.

MC | Mauritz: Sind diese Probleme etwas, das typisch für die USA ist?

Naja, wir sehen die Probleme natürlich vor allem hier in den USA. Es gibt ja den berühmten „American Dream“ – doch was soll das eigentlich sein? Der „American Dream“ existiert nicht. Die Probleme, die ich gerade beschrieben habe, sind für die Jugend sehr real. Und sie werden von den Älteren, die ihre Chefs sind, davon abgehalten, ihren Traum zu leben.

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MC | Mauritz: Ihr seid als Band inzwischen über 20 Jahre unterwegs. Denkst du, dass ihr trotzdem noch eine Verbindung zur „Nowhere Generation“ habt?

Vor der Pandemie bin ich regelmäßig zu kleinen Punkrock-Shows gegangen, um in Kontakt mit der Szene zu bleiben. Meine ältester Sohn ist jetzt 12 und ich habe ein großes Interesse daran zu erfahren, womit er und seine Freunde sich gerade beschäftigen. Ich glaube, das ist unser Job als Eltern: Wir sollten ein Auge auf sie werfen, ohne sie zu umklammern.

MC | Mauritz: Du hast gerade schon die Pandemie angesprochen. Hatte Covid-19 einen Einfluss auf euer Songwriting für „Nowhere Generation“?

Das ist ganz interessant, denn wir hatten alle Songs etwa 2 Wochen, bevor die Pandemie losging, schon im Kasten. Es war dann frustrierend, die Songs, an denen wir so hart gearbeitet hatten, nicht veröffentlichen zu können, auch wenn wir natürlich wissen, dass es vielen anderen Bands ebenso ergangen ist. Aber jetzt ist es einfach schön, dass es weitergeht. Damit fällt uns auf jeden Fall eine Last von den Schultern. Endlich können wir planen, die Songs live zu spielen und unsere Fans wiederzusehen. Wir können es nicht abwarten, wieder nach Deutschland zu kommen.

MC | Mauritz: Ich habe mir das Album angehört und es war wirklich toll, neue Musik von euch zu hören. Aber ich würde auch sagen, dass es „Rise Against at its best“ ist – Viel Altbewährtes und wenig Überraschungen.

Ich glaube, wir haben einfach unseren Sound etabliert. Wenn wir Songs schreiben, achten wir darauf, dass sie natürlich klingen und zu uns passen. Wir wollen keine Parts aus dem Nichts hineinwerfen, nur damit es anders oder besonders klingt. Mir gefällt, dass „Nowhere Generation“ musikalisch einfach nach vorne geht. So kann man sich auch besser auf die Message und die Lyrics konzentrieren. Viele Bands, die ich mag, wie The Ramones oder Bad Religion haben es auch immer so gemacht.

MC | Mauritz: Ihr seid als Band gerade in Deutschland sehr groß geworden. Hast du jemals mit so einem Erfolg gerechnet?

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Nein, auf gar keinen Fall. Als wir die Band gegründet haben, hatten wir sehr kleine Ziele. Wir wollten einfach an viele verschiedene Orte kommen. Wir hatten aber keine Vorstellungen, was die Größe der Konzerte angeht. Wir wollten einfach so viele Shows spielen wie möglich und auf einem coolen Indie-Label wie Fat Wreck sein. Ich erinnere mich an unsere erste Tour in Deutschland als Vorband von Sick Of It All. Von da an wurde es wie ein Schneeball einfach immer größer.

Und warum wir gerade in Deutschland so viele Fans haben? Ich glaube, ihr Deutschen seid einfach sehr offen, was Punkrock angeht. In den USA ist es oft so, dass es einen Trend, eine bestimmte Band gibt und dann erst einmal alle diese Band nachahmen wollen. Das ist in Europa und gerade in Deutschland oft anders. Man ist loyaler und es geht weniger nach dem aktuellen Trend.

MC | Mauritz: Du hast gerade schon erwähnt, wie wichtig euch die Message der Rise Against-Songs ist. Denkst du, eure Themen kommen nach wie vor bei den Leuten an, auch wenn ihr längst keine kleine Punkrock-Band mehr seid?

Ja, ich glaube, das was wir unseren Fans über unsere Social Media-Kanäle, aber auch auf der Bühne zwischen den Songs mitgeben, wird gehört. Wir wollen niemandem eine bestimmte Sichtweise aufzwängen, sondern einfach Fakten vermitteln, damit sich die Leute eigene Gedanken machen. Aber wir möchten niemanden, der unsere Songs hört, zwingen, sich mit den Themen zu beschäftigen. Das würde ich selbst nicht wollen.

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MC | Mauritz: Noch einmal zurück zur Pandemie. Wie hast du die staatliche Unterstützung für die Musikszene in den USA erlebt?

Die US-Regierung hat Kunst in der Pandemie lange nicht beachtet. Es war schon schwer, überhaupt irgendeine Unterstützung , z.B. für Veranstalter und Venues, zu bekommen. Mit der Wahl von Joe Biden hat es sich etwas gebessert. Er interessiert sich einfach mehr für die Künste und ist nicht einfach irgendein reicher Wahnsinniger. Hier in Chicago haben die meisten Venues die Pandemie bisher überstanden und inzwischen bekommen sie auch staatliche Hilfen.

MC | Mauritz: Wie hast du die letzten Monate erlebt? Wie war es, so lange zuhause bleiben zu müssen?

Ich glaube, insgesamt war es gut, zuhause zu sein. Ich konnte für meine Kinder da sein, für die es natürlich auch eine schwierige Zeit war. Ich habe versucht, die Zeit für sie so normal wie möglich zu gestalten. Und ich habe meine Liebe zur Musik und vor allem zum Punkrock erneuert. Das mag seltsam klingen, doch oft sieht man etwas als selbstverständlich an, wenn man es für eine lange Zeit macht. Jetzt habe ich so viel Lust auf Musik, dass ich zu viel mehr Shows gehen will. Und natürlich freue mich auf meine Freunde in anderen Bands und auf unsere Fans.

MC | Mauritz: Joe, vielen Dank für deine Zeit und hoffentlich bis nächstes Jahr!

Sehr gerne. Wir können es kaum abwarten, nach Deutschland zurückzukommen. Nirgendwo sind die Hallen größer und nirgendwo wird lauter mitgesungen! Nächsten Sommer sind wir auf den Festivals unterwegs und dann ist für den Winter eine Hallentour geplant!

Beitragsfoto zu Rise Against im Auftrag von MoreCore.de: Karoline Schaefer (Cat Eye Photography)

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