News

MHW

MoreCare Week: Was können Angehörige tun?

Tipps und Ideen, um Angehörigen durch schwere Zeiten zu helfen.

VON AM 16/11/2020

Psychische Störungen erschweren nicht nur den Alltag von Betroffenen. Auch als Familienmitglied, Freundin, Freund oder Kollegin und Kollege kannst du dich schnell hilflos fühlen. Die ultimative Anleitung, wie du Personen mit psychischen Schwierigkeiten am besten unterstützen kannst, können wir dir nicht geben. Dafür sind jedes Störungsbild und jede Ausprägung von Symptomen bei den einzelnen Personen zu verschieden. Es gibt jedoch einige Verhaltensweisen, die beiden Seiten den gemeinsamen Alltag erleichtern.

Im Rahmen unserer MoreCare Week haben wir eine kleine Sammlung erstellt. Sie kann dir helfen, Ideen zu entwickeln, wie du für deinen geliebten Menschen in seinen oder ihren schweren Phasen da sein kannst.

Ernst nehmen!

Du kannst vielleicht nicht verstehen, warum die betroffene Person so oft schlecht drauf ist, viel weint oder sich zurückzieht? Dir fällt kein Grund ein, warum er oder sie so traurig oder ängstlich sein sollte? Die geäußerten Gedanken erscheinen dir total unrealistisch? Das ist okay!

Du musst nicht nachvollziehen können, wieso bei ihm oder ihr gerade solche Gedanken und Gefühle aufkommen. Die Gedanken und Gefühle entspringen einer psychischen Störung und diese kann sehr viele und komplexe Ursachen haben. Aber sie sind in jeden Fall vor dem Hintergrund der Erkrankung verständlich. Du solltest sie ernst nehmen und nicht als falsch abtun. Gerade bei suizidalen Gedanken gilt immer: Ernst nehmen!

Akzeptanz der Schwierigkeiten

Du fragst dich, warum die betroffene Person nicht einfach mal mehr rausgeht oder sich freut, dass die Sonne scheint? Für Menschen mit psychischen Störungen sind diese einfachen Sachen oftmals nicht möglich. Nicht weil sie nicht wollen, sondern weil sie es aktuell nicht können. Es ist nicht deine Aufgabe, Lösungen für ihre Probleme vorzuschlagen. Dies macht besser eine Therapeutin oder ein Therapeut.

Du kannst jedoch akzeptieren, dass Kleinigkeiten, die du mit links erledigst, für die betroffene Person eine große Hürde darstellen können. Du kannst sagen, dass du dir vorstellen kannst, dass diese Tätigkeiten für ihn oder sie wirklich schwer sind und Hilfe dabei vorschlagen.

Konkrete Hilfen vorschlagen!

Ein Satz wie „Melde dich, wenn du reden möchtest oder etwas brauchst“ wird oftmals nicht angenommen. Zu groß ist die Scheu, um Hilfe zu bitten und die Angst, anderen zur Last zu fallen. Besser ist es, direkt konkrete Fragen zu stellen oder Vorschläge machen. Vielleicht kannst du deine Freundin oder deinen Freund mal fragen, ob ihr zusammen spazieren gehen wollte oder du ihr oder ihm etwas kochen kannst. Oder du kannst vorschlagen, beim Beantworten wichtiger E-Mails und Briefe oder beim Putzen der Wohnung zu helfen.

Kontakt halten!

In anstrengenden Phasen kann es einer betroffenen Person schwerfallen, Kontakt zu ihrem Freundeskreis und der Familie zu halten. Du kannst unterstützen, indem du immer mal wieder nachfragst, wie es ihr geht und sie einladen, etwas gemeinsam zu unternehmen. Vielleicht fühlt sich die Freundschaft für dich zeitweise etwas einseitig an. Aber bedenke, dass die Betroffenen dich nicht mutwillig verletzen wollen, wenn sie es nicht schaffen, dir zeitnah zu antworten oder kein großes Interesse an deinen Neuigkeiten zeigen. Der Kopf ist vielleicht gerade nur komplett eingenommen von der psychischen Belastung.

Selbstwertgefühl stärken!

Das Selbstwertgefühl von Betroffenen einiger psychischer Störungen kann durch die Erkrankung und die Schwierigkeiten im Alltag verletzt sein. Wertschätzende Worte und Erklärungen, was du besonders an ihm oder ihr magst, können helfen, ein positiveres Selbstbild zu bekommen.

Wenn du in besonders engen Kontakt zu Betroffenen stehst, z.B. weil dein Partner oder deine Partnerin erkrankt ist, kannst du dich schnell von der Situation belastet fühlen. Das ist okay und nachvollziehbar! Schließlich musst du mit ansehen, wie eine geliebte Person leidet. Und es kann passieren, dass du dich selbst irgendwann in der Rolle einer Pflegerin oder eines Pflegers siehst. Es gibt aber ein paar Tipps, mit denen du trotz dieser Belastung stabil und gesund bleiben kannst.

Informieren!

Es wird dir sehr helfen, dich über die Krankheit zu informieren. So kannst du die betroffene Person besser verstehen und ihr Verhalten einordnen. Aber achte darauf, dass du auf professionelle Informationsquellen zugreifst. Einzelne Meinungen von persönlichen Blogs oder in Forendiskussionen können dir ein falsches Bild von der Krankheit vermitteln.

Eigene Gefühle kommunizieren!

Betroffene hören oft lieber, dass du dich hilflos fühlst oder es dich anstrengt, dass sie zu viel Aufmerksamkeit oder Unterstützung brauchen, als dass aus deinem Verhalten herausinterpretieren zu müssen. So zeigst du ihnen, dass du sie trotz ihrer Krankheit als Person wahrnimmst, mit der man erwachsen umgehen kann und dass du ehrlich zu ihnen bist. Kommuniziere solche Gefühle in Ich-Botschaften und gut überlegt, damit sie nicht wie Vorwürfe oder Abwertungen rüberkommen.

Grenzen setzen!

Denkst du, du musst immer sofort zur Stelle sein, wenn es deinen geliebten Menschen schlecht geht? Aufopfernde Hilfe bringt niemandem etwas. Wenn du nicht auf deine Ressourcen achtest, kannst du bald gar nicht mehr unterstützen. Wenn du merkst, dass dich bestimmte Situationen selbst zu sehr belasten, dann sage, dass du dich abgrenzen musst. Nenne aber einen Zeitpunkt, an dem du dich wieder meldest. So fühlt sich die betroffene Person nicht im Stich gelassen oder ignoriert. Es ist gesund und richtig, wenn du auf dich selbst achtest!

Verantwortung hinterfragen!

Du bist nicht verantwortlich für das Wohlergehen der betroffenen Person. Wenn diese ein selbstschädliches Verhalten aufweist oder keine Hilfe annehmen will, kannst du dagegen nichts machen. Das Verhalten von erwachsenen Personen liegt allein in ihrer eigenen Verantwortung. Du kannst regelmäßig Unterstützung anbieten – aber eine Verantwortung oder gar Schuld trägst du nicht.

Professionelle Hilfe einschalten!

Gerade wenn es um selbstverletzendes Verhalten oder Suizidgedanken geht, ist es wichtig, dass du dir vor Augen hältst, dass hier professionelle Hilfe notwendig ist. Schlage der betroffenen Person vor, sich an Notfallnummer zu wenden oder rufe diese im Gefahrenfall selber an.

Eine psychische Erkrankung ist nicht nur für die Betroffenen schwer, sondern auch für ihre engen Angehörigen. Gemeinsam können aber Wege gefunden werden, wie beide Seiten damit zurechtkommen werden. Eine Übersicht über die Inhalte der Woche findest du hier.

Solltest du selbst das Gefühl haben, dass du dich in einer belastenden Situation befindest, dann kontaktiere bitte umgehend die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhältst du anonym Hilfe von Beratern, die mit dir Auswege aus schwierigen Situationen finden und eine großartige Stütze sein können. Danke, dass du es versuchst!

Feature

The Ghost Inside

Es war eine dieser Sekunden, die ein Leben von Grund auf verändern können. Von hier an hast du genau zwei …

von