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MoreCare Week: „Let It Out!“ – Künstler äußern sich zu Mental Health – Teil 1

Äußerungen von Künstlern aus Rock und Metal.

VON AM 17/11/2020

Jede Lebenslage bringt neue Herausforderungen mit sich. Herausforderungen, die uns an unsere Grenzen bringen können. „Ups“ und „Downs“ gehören ganz natürlich dazu, wie die „Hochs“ und „Tiefs“ einer Wetterprognose. Wenn die Achterbahn der Gefühle jedoch eine längere Talfahrt für uns bereithält, ist es nicht leicht, sich aus dem Gefühlstief wieder herauszukämpfen.

Was vielen von uns dann besonders hilft ist die Musik. Wie Jonathan Davis, Sänger der Band Korn, einst sagte: „Music is one of the most powerful things in the entire world, it has the power to heal people.“

Oftmals hilft bereits die Erkenntnis, dass wir mit unseren Gefühlen nicht allein sind. Besonders viel Trost spenden uns Texte, mit denen wir uns besonders identifizieren können.

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Häufig hören wir in Interviews, dass Künstler ihre Gefühle und Emotionen in der Musik verarbeiten. Josh Katz von Badflower äußerte sich folgendermaßen dazu: „It’s easier for me to write songs about emotions, that spark up conversations, that needs to be had.“

Seltener sprechen Künstler in Interviews explizit über ihre Gefühle und ihren Kampf mit der psychischen Gesundheit. Darüber zu singen und darüber zu sprechen ist nicht unbedingt dasselbe und erfordert viel Mut. Jesse Leach von Killswitch Engage erklärte es einmal so: „It‘s not fun to sit here and talk about your weaknesses, but to me doing that is a strength, it‘s brave.“

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Dass man hier von Mut und Stärke sprechen muss, liegt an dem Stigma, das diesem Thema immer noch zugesprochen wird. Vorurteile und Klischees machen es Betroffenen schwer, sich zu öffnen und damit gleichzeitig Möglichkeiten zu finden, mit ihren Gefühlen umzugehen.

Anlässlich unserer MoreCare Week haben wir das Internet nach Interviews durchforstet, um Musiker zu finden, die sich zum Thema Mental Health äußern. Wir wollten wissen, wie die Musiker es geschafft haben, aus den „Downs“ wieder „Ups“ zu machen. Was tun eigentlich einige Metalcore-Größen wie In Hearts Wake oder Workaholic Corey Taylor, um sich nach schwierigen Zeiten wieder zu fangen? Welche gesunden Gewohnheiten legen Künstler wie die Jungs von Korn oder Bring Me The Horizon an den Tag, um etwas Gutes für die eigene Psychohygiene zu tun?

”Exercise is the key”

Wer denkt, dass Leute, die nach außen sehr geschäftig wirken, nicht auch unter Stress und Depressionen leiden können, der kann ja mal Corey Taylor fragen. Zwei Bands und jetzt noch solo unterwegs? Für ihn sind da nicht nur die Gespräche mit seinem Therapeuten wichtig, auch der sportliche Ausgleich trägt zu seinem Wohlbefinden bei:

„I have tried meditating and I don’t have the mind or calmness for it, because I’m such a fucking maniac. I’m up and down, and I’m just a ball of crazy bullshit half the time anyway. I go through huge spurts of reading, so that helps sometimes, but I don’t get to do it as much anymore. But I exercise. I try to stay healthy as much as possible. I’ve tried to cut out all the negative shit in my life, as far as chemicals, boozing, all that shit. I’ve tried to focus on the shit that matters, which is my career, my kids, my creativity, and just trying to stay healthy enough, because I want to be able to do them for a very long time.“

Der Slipknot und Stone Sour-Sänger scheint seinen persönlichen Antrieb für einen gesünderen Lebensstil gefunden zu haben, nämlich in seiner Familie.

Wie so oft können uns unsere Liebsten und engsten Freunde aus einer schwierigen Lage helfen, doch in manchen Situationen können uns besonders diese Menschen in ein Gefühlschaos stürzen. Wie einsam man sich nach einem Liebesaus fühlen kann, beschreibt We Came As Romans-Fronter Dave Stephens. Er sieht in der Einsamkeit eine Art „Lücke“, die er irgendwie füllen muss:

„There’s a void that you wind up trying to fill. I would go out with friends, act like I didn’t care. We would party every night, drinking lots and it was fun. It felt good while it was happening, but anytime I wasn’t out with them, anytime I wasn’t partying – I guess there’s still a void […]. At that point I was like ‘okay, I have to find something else to fill this that isn’t so bad for me, that isn’t so destructive’ and one of the big things that I really got into, when everything ends, was fitness. It’s something I’d always been into. I started to learn how to live by myself.“

Klassischerweise verarbeiten Künstler ihr erlebtes Leid in ihren Songs. Stephens nutzt diese Leere sogar zu seinem eigenen Vorteil und macht stattdessen Platz für gesunde Gewohnheiten – er wird geradewegs zum Fitnessjunkie. Aber das ist noch längst nicht alles:

„In order how I was feeling I was just like ‘I have to get used to this, I have to get through this‘ and I would try to keep myself really busy: I would read a lot or just something I never used to do. I never used to read. Reading helped my writing as well, so I was reading a ton, started trying to learn a foreign language – that kept me busy.”

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Mit seiner Strategie „Ablenkung ist der erste Weg zur Besserung“ ist er so gut gefahren, dass sich diese obendrein auch positiv auf weitere Lebensbereiche ausgewirkt haben. Davon kann man sich wahrhaftig noch eine Scheibe abschneiden, wie wir finden. Doch auch andere Musiker schwören auf das Dogma, das lauten könnte „My body is a temple“:

Frank Carter bevorzugt dabei vor allem das Bouldern „I think exercise is key. I climb, I just go bouldering– it‘s about taking that time out of your day to just slow things down or speed things up, like away from the world just with you.“

Derselben Meinung ist Jonathan Davis, denn wenn es nach ihm geht, hilft jede Form der körperlichen Betätigung:

„My trick is when you‘re feeling depressed and you don‘t want to get the fuck out of bed: Just get up, force yourself to do things that you feel like you‘re too depressed to do and it helps. Another good thing that helps is exercise. If you just can get out and walk or do any kind of exercise, it has some way of helping your body to get through the depression.“

Was ein Thom Yorke von Radiohead macht, fragt ihr euch?: “Running helps and yoga is essential to me. Swimming, physical stuff is really important and reading a book.”

Triviums Matt Heafy erklärt dieses „Phänomen“ so:

„ I find that what people need to do is find their outlet. They don‘t have to be musicians or have to be creative people or have to be artistic, but what they need to do is, put negative energy into something positive, because if you don‘t have that release then it sticks with you and it brings you down“.

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James Clark von Kill the Lights erzählte uns in einem Interview, dass er einfach lieber trainieren geht:

„Ich versuche wirklich mein Bestes, um mich nicht über Dinge aufzuregen, die außerhalb meiner Kontrolle liegen (was im Umgang mit Angst leichter gesagt ist als getan) und tue mein Bestes um Stresssituationen mit unterschiedlichen Atemtechniken zu bewältigen, wenn dies überhaupt möglich ist. Ich muss dringend wieder mehr trainieren, was mir immer geholfen hat, mich gut zu fühlen und mein Energieniveau zu steigern. Es ist leicht, sich im Lärm zu verlieren. Ich muss mich häufig daran erinnern, mir Zeit zu nehmen und Dinge zu tun, die mir helfen, mich zu entspannen – wie Lesen, Kunst schaffen und Musik hören.“

„It‘s okay to be a certain way“

So sehr aktive körperliche Betätigungen helfen können, so wichtig ist es auch, den Geist einzubeziehen. Dani Winter-Bates von Bury Tomorrow sieht das so:

„Ich versuche, sehr achtsam zu sein und mich mit dem Hier und Jetzt zu beschäftigen. Man muss verstehen, dass Körper und Geist miteinander verbunden sind und auf unsere Umgebung reagieren.“

Beartooth Sänger Caleb Shomo hält sich u.a. mit der richtigen Ernährung gesund:
„I try to find alternative ways to cope — things like breathing exercises and meditation. Also, eating right and sleeping well helps me a lot.“

Für Hayley Williams steht aber vor allem die eigene Akzeptanz an oberster Stelle. Sie legt großen Wert darauf deutlich zu machen, dass eine Medikation keine Ruhigstellung darstellt. Gefühle so anzuehmen wie sie sind, ist ihr wichtig:

„I think that it‘s very valuable to appreciate all of your emotions. Imagine yourself sitting with the feelings and notice what they want to show you about yourself, your life or your outlook – and it may not be nice. Sometimes discomfort is a way to grow. It‘s been very liberating to be honest and it‘s not just put my hands down to my side and say actually ‘this is how I am and come along for the journey if you want.’“

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Anzuerkennen, dass man genauso in Ordnung ist, wie man ist, liegt auch Brian Burkheiser (I Prevail) am Herzen. Auf Konzerten versucht er, seinen Fans deutlich zu machen, dass jeder Mensch etwas Besonderes ist:

„We’re going to tell people it’s OK to have negative thoughts. It’s OK to not always feel at your best. If you are feeling a little shitty, text your dad, text your mom, text one of your close friends or text your significant other. It’s OK to be a certain way.“

Sich jemanden anzuvertrauen ist sicherlich ein großer Schritt. Für Joel Birch von The Amity Affliction reicht es auch schon zu wissen, dass er mit der Familie und Freunden reden kann: „All they did was being available for me to talk to if I wanted to. The feeling of knowing you can talk about it is often enough“.

Für Frank Carter gehört noch mehr dazu. Er und seine Bandkollegen kennen sich mittlerweile so gut, dass sie einander ansehen, wenn es ihnen schlecht geht. In solchen Situationen hat er einen besonderen Trick auf Lager:

„You just don‘t say anything, just give them a cuddle, but don‘t let them go. Hold on to him a bit longer that its comfortable for them and then, after a while, you feel that whole body relaxed – and then here you go, gotcha.“

Für diejenigen, die lieber etwas Außergewöhnliches probieren möchten, empfiehlt Frank ein Salzwasserbad oder Meditation: „I just layed in a float tank for an hour and it was so sick – you are just floating in the warm water, it‘s like going back to the womb. Meditation is time for yourself, it‘s time to think for yourself and it‘s about removing all outside influences.“

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Meditation hat Rou Reynolds von Enter Shikari so stark beeinflusst, dass er seine positiven Erfahrungen mit anderen teilen wollte und für seine Fans geführte Meditationen über Instagram anbot. Wer da mal reinhören möchte, kann diese über seinen Podcast „Here, Now, Together“ u.a. bei Spotify aufrufen. Nebenbei schreibt er noch ein Tagebuch, lernt sich dabei selbst besser kennen und behält dadurch seine Ziele im Blick:

„I am making a bit of time everyday to log pregress, like, what thoughts I had that day or what I had overcome. You geht to know yourself more. You set yourself small goals to combat the normal things that stop you from doing something, like in a social situation.“

Besonders die kleinen Erfolge zählen für Nothing More Fronter Jonny Hawkins: „You don‘t have to go a mile, just go an inch.“

Vergiss auf keinen Fall, dich dafür zu belohnen:

„Pat yourself on the back for it, reward yourself, tell yourself ‘that‘s good, all right, I got an inch’. Just focus on your breathing, just focus on one good thing.“

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Ähnlich macht es auch Mike Hranica (The Devil Wears Prada). Der bekennende Christ betont in einem Interview, dass es für ihn kein Gebet braucht, um in sich zu kehren. Das Motorradfahren hingegen hat für ihn beinahe etwas Meditatives, was dem Beten nahekommt. Vielleicht ist es ja auch das Freiheitsgefühl auf dem Motorrad, welches ihm wieder einen Auftrieb gibt:

„The beautiful thing I started to find more and more in something I do, hopefully once a day or frequently throughout the week, is just having this moments of self-in. I feel like going on a motorcycle ride, almost feels like a prayer. There’s nothing you have to worry about, it’s almost a meditation.“

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Vielleicht war hier schon etwas dabei, was ihr für eure Psychohygiene mitnehmen könnt. das sich für die Künstler von Bring Me The Horizon, Bad Wolves oder Yungblud bewährt hat, erfahrt ihr in Teil zwei unseres Betrags “Let it out! Don’t hold it in” – Künstler der Szene und ihre Selfcare-Tipps.

Solltest du selbst das Gefühl haben, dass du dich in einer belastenden Situation befindest, dann kontaktiere bitte umgehend die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhältst du anonym Hilfe von Beratern, die mit dir Auswege aus schwierigen Situationen finden und eine tolle Stütze sein können. Danke, dass du es versuchst!

Von Cassandra Hillgruber und Kathrin Löffler

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