News

Interview

Lonely Spring im Interview: „Wir wollen allen gebrochenen Herzen einen Ausweg zeigen“

Das Debütalbum der Jungs erschien am Freitag.

VON AM 18/09/2021

Am Freitag veröffentlichten Lonely Spring ihr Debütalbum „Change The Waters“. Erst im Sommer flankierte die Band ihre zweite EP „Change The Waters Vol. 2: our sad weather hearts“, nun geht es bereits mit voller LP-Stärke weiter.

Wir konnten uns mit der Band über Lieblingssongs, schwierige Zeiten sowie über die Nu-Metal Ära und die eigene Jugend unterhalten. Freut euch auf spannende und ehrliche Antworten. Auf geht’s!

Lest jetzt unser Interview mit Lonely Spring

MC: Am Freitag erscheint euer neues Album „Change The Waters“. Wie fühlt ihr euch damit?

LS: Wir sind extrem glücklich und dürfen voller Stolz und ehrlich sagen, dass es sich bei „Change The Waters“ um genau das Debütalbum handelt, das wir immer schreiben wollten. Es ist sogar noch mehr. Mehr als wir uns erträumt hätten. So entspricht es allem, was wir jemals mit unserer Musik wollten und legt den Grundstein für alles weitere, was kommt und dank „Change The Waters“ sind wir bereit und gewappnet für die spannende musikalische Reise, die noch vor uns liegt.

Gleichzeitig hat uns „Change The Waters“ selbst daran erinnert, wie wichtig es für uns ist, trotz neuer Wege Musik zu machen, an unseren Wurzeln festzuhalten. Unsere 13-Jährigen Ichs wären verdammt stolz auf uns und darauf, dass wir unserem Weg treu geblieben sind, auch wenn wir gerade in so einer Nische agieren, in der einem viele Steine in den Weg gelegt werden.

MC: Ihr habt bereits mehrere Singles zuvor veröffentlicht. Was ist euer absoluter Lieblingssong auf der Platte und warum?

LS: Die Frage ist zu schwierig, um sie zu beantworten, denn wir lieben wirklich jeden Track des Album so sehr und konnten uns selbst kaum entscheiden, was wir davon als Singles auskoppeln. Am liebsten hätten wir alle 12 Songs als Singles veröffentlicht, das hätte die Entscheidung jedenfalls einfacher gemacht. Wir denken jedoch, dass wir uns, was das betrifft, richtig entschieden haben, wobei jedes einzelne Lied auf „Change The Waters“ seine ganz eigenen tollen Aspekte mitbringt, die es zu unserem Liebling machen könnte.

Songs wie „Change The Waters“, „Fix Me“ und „Satellite“ taten uns sehr gut, da sie uns erlaubten auch die härtere Seite von Lonely Spring auszuleben und damit unsere Emocore- und Nu-Metal-Vergangenheit zu huldigen. „Runaway“ beispielsweise ist ein so herrlich ehrlicher Track, begleitet von Ironie und Witz, bei dem wir uns ein bisschen wie Blink-182 fühlen, wenn wir ihn spielen. „December“ wiederum ist eher tragisch und doch aufbauend, wobei die Lyrics zu dem Song eine äußerst therapeutische Wirkung haben und dementsprechend sehr wichtig sind. So könnte man ewig weitermachen, also sagen wir unterm Strich ist jeder Track für sich der beste, in dem was er aussagt und wie er klingt.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

MC: In eurer Musik verarbeitet ihr viele persönliche Erfahrungen und schwierige Zeiten, die ihr erlebt habt. Hat euch die Musik geholfen, bestimmte Dinge besser zu verarbeiten und wie gelang dies im Detail?

LS: Irgendwie ist das sogar der Grund warum Lonely Spring überhaupt Musik macht. Zumindest einer der beiden Hauptgründe. Zum einen wollen wir anderen damit helfen durch den Tag zu kommen, zum anderen helfen wir uns damit auch selbst. Wir brauchen die Musik, die wir schreiben, um das, was um uns herum passiert, zu verarbeiten. Denn das Leben ist verwirrend, eine Tragödie, die gleichzeitig schöner nicht sein könnte. Man muss nicht immer alles verstehen können, aber man sollte Wege finden klar zu kommen.

Dieses nötige Ventil ist bei uns eben die Musik. Wir tun uns oft schwer dabei, das zu sagen, was uns auf dem Herzen liegt, darüber zu sprechen, um Ballast dadurch loslassen zu können. In unseren Köpfen wissen wir, was wir sagen wollen, aber in einer normalen Konversation scheinen nie die richten Worte unsere Lippen zu verlassen. Stattdessen ziehen wir uns zurück oder sagen schlichtweg etwas, was wir eigentlich anders meinen. Und dabei haben wir so viel zu sagen, aber in der Welt da draußen wissen wir oft einfach nicht wie.

„Auf unseren Songs haben wir keine Angst davor, uns verletzlich zu zeigen“

Hier kommt unsere Musik ins Spiel. Mit ihr können wir uns ausdrücken. Dort können wir uns so ausleben, wie wir es wollen und genau die Stimmung erzeugen, die es braucht, um in unser Inneres zu blicken. Wenn man bei unseren Songs genau genug hinhört und sich dem öffnet, dann blickt man direkt in unsere Herzen. Auf unseren Songs haben wir keine Angst davor, uns verletzlich zu zeigen und wenn wir vor etwas Angst haben und das sind sehr viele Dinge offen gestanden, dann singen wir auch darüber.

Mit unserer Musik erschaffen wir unsere eigene Welt, in der Platz für alle Menschen ist, die ihr Herz öffnen und sich nicht dafür schämen wollen. Die Musik ist der Ort, wohin wir uns zurückziehen, wenn wir unsere Orientierung verloren haben. Ein Ort, an dem wir uns ausnahmsweise nicht wie Aliens fühlen.

„Wir hoffen, einmal in die Fußstapfen von My Chemical Romance zu treten“

MC: Ihr seid absolute Fans des 2000er-Nu-Metal und der Emo-Zeit. Was sind euren Lieblings-Künstler*innen und warum? Und gibt es vielleicht Künstler*innen, die den Hype bis heute lebendig halten bzw. diesen wieder aktuell zum Leben erwecken?

LS: Also die Band, auf die wir uns alle ganz eindeutig einigen können, welche sogar unsere größten Idole sind, denen wir seit jeher nacheifern, ist My Chemical Romance. Sie vereinen all das, was wir an diesem Genre so unendlich lieben. Gitarrenmusik, von strange bis poppig, von Geschrei bis hymnische Melodien. Emo-Rock ist so grenzenlos und so ist es die Musik von My Chemical Romance auch, ebenso wie sie zeitlos ist. Demzufolge kann man den zweiten Teil der Frage durchaus bejahen. My Chemical Romance ist, wie man an der unfassbar schnell ausverkauften Comeback-Tour erkennen kann, immer noch eine der einflussreichsten Bands in der Szene und darüber hinaus. Sie repräsentieren schlichtweg Emo-Rock und wir hoffen eines Tages in ihre Fußstapfen treten zu dürfen.

Darüber hinaus gibt es natürlich viele andere Artists aus dieser Zeit, wie Fall Out Boy, Taking Back Sunday oder Papa Roach, die wir alle lieben und welche den Hype nach wie vor am Leben erhalten. Diese Bands sind immer noch verdammt riesig. Zusätzlich dazu gibt es neue Künstler*innen aus der Szene, die mehr und mehr Aufmerksamkeit bekommen, zum Beispiel Yungblud. Man darf also hoffen, dass die breite Masse wieder Zugang zur Rockmusik findet.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

„Nostalgie ist etwas Schönes, also warum ihr den Platz in unserer Musik verwehren?“

MC: Ihr versucht den Sound alter Tage in eurer Musik neu zu interpretieren. Warum nicht einfach etwas ganz Neues wagen, anstatt an bereits Gehörtem rumzudoktern?

LS: Naja, irgendwie tun wir ja genau das, nur statt etwas gänzlich Neues zu bauen, recyclen wir quasi alte Rocktraditionen, geben unsere eigenen, individuellen Bauteile hinzu und erschaffen damit unsere eigene Marke. Eine Marke, die ihrer Herkunft Tribut zollt, aber gleichzeitig neue Wege aufweist. Nostalgie ist etwas Schönes, also warum ihr den Platz in unserer Musik verwehren, nur weil dann jemand auf die Idee kommen könnte, man doktore bloß an bereits Gehörtem herum. Außerdem gibt es so etwas wie „etwas ganz Neues“ im eigentlichen Sinne in der Musikwelt gar nicht. Alles ist eine Art Evolution, entstanden aus etwas anderem. Es gibt keine Akkordfolge, die nicht bereits gespielt wurde. Das was es anders und neu klingen lässt ist die Interpretation davon.

Demzufolge ist das, was wir tun, tatsächlich genau das, „etwas ganz Neues“. Denn die Bauteile in dieser Konstellation zusammenzusetzen hat sonst noch niemand gemacht. Das ist neu. Betrachtet man es nur dann als gänzlich neu, wenn man die Bauteile von Grund auf neu erfindet, dann lebt man ein paar Jahrhunderte zu spät. Die einzige Folge aus dieser Denkweise ist fernbleibende Innovation. Denkt man so, würde einem das nur Verzweiflung bringen, weil es schon wirklich alles gab. Aber sieht man genau hin, erkennt man, dass man das, was man kennt, dekonstruieren kann, um es anschließend zu rekonstruieren und etwas zu kreieren, was noch nie da gewesen war.

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von LONELY SPRING (@lonely_spring)

MC: In euren Texten erzählt ihr viel vom Erwachsenwerden und der damit oft einhergehenden emotionalen Isolation. Was war für euch in eurer Jugend besonders prägend und welche Momente wollt ihr am liebsten für immer festhalten?

LS: Dinge, die wir zum ersten Mal gemacht haben und dabei scheiterten, weil wir zu naiv waren. Das sind zur selben Zeit die Dinge, die einen am meisten prägen und ebenso nie wieder loslassen, auf eine fast romantische Art und Weise. Denn wir lernen und das führt dazu, dass man die Welt in einem anderen Licht sieht. Momente aus der Vergangenheit, die einst himmelblau eingefärbt waren, erscheinen später grau. Nur noch die Erinnerung ist mit Farbe bedeckt. Das ist das Konzept, was auch der sogenannten rosaroten Brille zu Grunde liegt. Man sieht die Welt anders als sie ist, aber dafür schöner, weil man es nicht besser weiß oder vielleicht gar nicht besser wissen will.

Setzt man diese Brille ab, gibt es kein zurück mehr, denn lernt man die Wahrheit kennen, kann man sie nicht mehr vergessen. Alle vier von uns haben Dinge erlebt und getan, die niemals wieder so passieren würden, weil wir es mittlerweile schlichtweg besser wissen. Liebe, Drogen, Sex, Freundschaft. Vor allem die Liebe ist beim ersten Mal einfach anders. Nicht dass man nie wieder lieben kann, das ist eine eher deprimierende Auffassung der Liebe und des Lebens, die auch nicht wahr ist. Dennoch liebt man vielleicht nie wieder genau so. Vielleicht schon, aber etwas wird immer anders sein, die Naivität.

„Ab und zu wäre es schön, wieder naiv zu sein.“

So sehr sie uns auch auf die Schnauze fallen ließ, so schön war sie auch in jenen Momenten, an denen man blind dem Universum vertraute, jung und nichtsahnend, dass es auch anders kommen kann. Ab und zu wäre es schön, wieder naiv zu sein, es ist so viel leichter als das Leben jetzt, in dem man sich wiederum viel zu viele Gedanken macht. In der realen Welt führt Naivität aber meistens zu Schmerz und so schön die Leichtigkeit des Moments dann auch sein mag, sollte man die Augen öffnen, bevor man sich irgendwo weit unten wiederfindet. Das hat uns ein Stück weit erwachsen werden lassen. Vielleicht ist es genau das, was Erwachsenenwerden bedeutet. Trotzdem leben die schönen, leichten Momente für immer in unseren Herzen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

MC: Auch Lonely Spring werden älter. Wie lang wollt ihr die „ewige Jugend“ in euren Songs noch hochhalten?

LS: Da wir erst Anfang/Mitte 20 sind, haben wir noch etwas Zeit, denken wir. Trotzdem darf man über alles singen und musizieren, was einem auf dem Herzen liegt. Der Prozess des Erwachsenwerdens ist bei uns noch nicht abgeschlossen und wahrscheinlich der gemeinsame Nenner aller bösen Geister, die unsere Gedankenwelt heimsuchen. Folglich bleibt er auch noch weiterhin Part unserer therapeutischen Auseinandersetzungen mit unserer eigenen Psyche, woraus unsere Musik entsteht. Sollten wir eines Tages nichts mehr dazu zu sagen haben, tun wir das auch nicht. Aber diese Freiheit und Entscheidung bleibt uns selbst überlassen.

MC: Hier ein paar Zeilen an eure Fans…

Ihr seid der Puls, der Lonely Spring am Leben erhält und somit auch uns als Individuen. Wir können euch für eure Unterstützung nicht genug danken und hoffen, dass ihr so viel Kraft aus unserer Musik zieht, wie wir aus eurem Support. Am Ende des Tages seid ihr diejenigen, weswegen wir das Ganze machen. Wir wollen allen gebrochenen Herzen einen Ausweg zeigen und zu neuem Glück verhelfen. Wir können das Leid der Welt nicht wegzaubern, aber manchmal genügt es bereits zu wissen, dass man mit dem, was man fühlt, nicht alleine ist, um weiterzumachen.

Wir erzählen euch unsere Geschichte, damit ihr wieder aufsteht und durchhaltet, denn ihr seid nicht allein und so müsst ihr euch auch nicht fühlen. Zusammen machen wir diese Welt ein bisschen schöner, für den Moment und die Ewigkeit.

Wer Lonely Spring aktuell sehen möchte, wird sich erstmal etwas gedulden müssen, denn die letzten Termine der „The Not So Lonely Summer Tour“ sind soeben beendet.

Derweil findet ihr alle wichtigen Informationen zu Lonely Spring hier!

Foto: Katharina Aigner / Offizielles Pressebild

Feature

The Ghost Inside

Es war eine dieser Sekunden, die ein Leben von Grund auf verändern können. Von hier an hast du genau zwei …

von