News

News

Live beim Reload Festival 2016

Am 26. und 27. August fand das Reload Festival in Sulingen zum zweiten Mal in Folge nach dem Aussetzen im ...

VON AM 01/09/2016

Am 26. und 27. August fand das Reload Festival in Sulingen zum zweiten Mal in Folge nach dem Aussetzen im Jahr 2014 statt. Die Geschichte des Festivals reicht bis in das Jahr 2003 zurück, wo es als Indoor-Veranstaltung begann. Nach der Pause 2014 wurde das Festival auf zwei Tage und weniger Bands auf nur einer Bühne verkürzt sowie auf ein neues Gelände verlegt. Bühne und Campingplatz des Reload Festivals sind nun zwischen großen Maisfeldern platziert und befinden sich anreisefreundlich direkt neben der Bundesstraße auf dem Weg zur Einheitsgemeinde Sulingen in der Nähe von Bremen. Nach einer Warm-Up Night am Donnerstagabend begann der Freitag mit Steak Number Eight, Fjort und Dog Eat Dog gleich laut und rasant. Aufgrund der Mittagshitze trauten sich jedoch nur wenige direkt vor die Bühne. Im Gegensatz zu den meisten anderen Festivals in dieser Saison erwischte das Reload heißes Sommerwetter vom Feinsten.

reload

Bei über dreißig Grad an beiden Tagen kamen Gäste, Musiker und Musikerinnen, Organisatoren und Helferinnen so richtig ins Schwitzen. Besonders hart traft es die Securitykräfte, welche in schwarzer Uniform von morgens bis abends in der prallen Sonne ihre Arbeit verrichteten. Dabei schafften sie es trotzdem die Fans vor dem Bühnengraben humorvoll zu unterhalten und jeden mit einem Lächeln zu empfangen. Das Gelände des Festivals hatte – wie fast jedes Festival – Probleme, genügend Schattenflächen für die Besucherinnen und Besucher bereitzustellen, sodass vor allem um die Mittagszeit die Meisten dicht gedrängt unter einer Pavillonfläche sowie den Markisen der Essensstände verharrten. Zur, bei diesen Temperaturen notwendigen, Erfrischung gab es eine kostenlose Trinkwasserausgabe, deren Standort jedoch verbesserungsfähig ist – sie befand sich im Bühnengraben in Händen eines Security und war bei den gut besuchten Shows nicht mehr zu erreichen. Da auf dem Gelände kein Toilettenwagen mit fließendem Wasser stand, gab es auch keine weitere Möglichkeit, mitgebrachte Tetrapacks wieder zu befüllen.

ded

Dog Eat Dog folgten Comeback Kid, die musikalisch gelungen zu Stick To Your Guns überleiteten. Die Band rund um Jesse Barnett schleppte sich nach nur drei Stunden Schlaf und einer weiten Anreise aus Griechenland in die brütende Hitze auf der Bühne und gaben die nächsten vierzig Minuten alles, was sie an Kraftreserven hatten, um ihre gewohnt energische und bewegungsreiche Show abzuliefern. Songs wie „Amber“ und „We Still Believe“ brachten die Menge zum Mitgrölen und vereinzelten Crowdsurfing. Der trockene Ackerboden vor der Bühne wurde durch mehrere Moshpits ordentlich aufgewühlt, sodass die meiste Zeit die vorderen Reihen im Publikum in einer dichten dunklen Staubwolke verschwanden. Der Stimmung tat das keinen Abbruch und so nahmen die Fans auch einen unbekannten neuen Song vom kommenden Album begeistert an. Stille trat ein, als Jesse Barnett den letzten Song dem kürzlich verstorbenen Gitarristen der Band Architects, Tom Searle, widmete. Die US-Amerikaner werden im Oktober zusammen mit den Briten von Architects und Bury Tomorrow auf Tour gehen.

styg

Nach Stick To Your Guns hätten Terror die Bühne betreten sollen, da diese jedoch aufgrund von Scott Vogels Gesundheit absagten, füllte mit Agnostic Front eine der ältesten heute noch aktiven Hardcore-Punk-Bands den Timeslot. Als prägende Einflussgrößen für den New York Hardcore und ähnlich Subgenres ließen Agnostic Front nicht nur viele der älteren Besucherinnen und Besucher in Erinnerung schwelgen sondern auch ihrer Musikerkollegen. So betonte beispielweise Christoph von Freydorf, Sänger der nachfolgend spielenden Emil Bulls, welche Ehre es sei, mit Idolen wie Agnostic Front die Bühne teilen zu dürfen. Die Münchner Emil Bulls, welche kaum über Deutschland hinweg bekannt sind, haben sich in ihrer Wahlheimat über die mehr als fünfzehn jährige Bandgeschichte eine treue und immer größer werdende Fanbase herangezogen.

Ihre Fans initiierten immer wieder von alleine Circle Pits, begaben sich zum Crowdsurfing und riefen den Bandmitgliedern Insiderwitze zu. Auch eignete sich der dreisilbige Bandname – einem Kinderbuch entstammend – für das Publikum hervorragend, um zwischen den Songs mit „Emil Bulls“ – Rufen die Stimmung eines Fußballstadions abzubilden. Sänger Christoph agierte familiär mit den Zwischenrufen, ging auf Insiderwitze ein und gab Kontra.

Die familiäre Stimmung bei Emil Bulls spiegelt den Gesamteindruck vom Reload Festival wieder. Ausschließlich ehrenamtlich organisiert hat es das Festival zu einer erstaunlichen Größe gebracht – mit knapp 10.000 Besucherinnen und Besuchern konnte die Publikumszahl im Vergleich zum Vorjahr beinahe verdoppelt werden – ohne dabei den Charme eines Gemeinde(rock)festes ganz abzulegen. Ungewohnt wenige Besucherinnen und Besuchern zeigten sich im Merch aktuelle beliebter Hard- und Metalcore-Bands, dafür kamen viele Anhänger klassischer Metalbands und Altrocker aus der Umgebung mit Familien und Bewohnern des Landkreises zusammen. Das Line-Up des Reloads war geschickt an diese durchmischte Zielgruppe angepasst.

limp-bizkit

Am Freitagabend folgten bewährte und bekannte Namen wie Fear Factory, Arch Enemy, Hatebreed und Limp Bizkit. Mit den kühleren Abendstunden sammelten sich vermehrt Leute vor der Bühne. Hatebreed lieferten eine routinierte Show mit typischer Setlist, aber einer beeindruckenden Lichtshow, die immer wieder Strahler auf das Publikum richteten und einen konstant mahlenden Circle Pit zum Leuchten brachte. Als Headliner traten Limp Bizkit mit sehr professionellem Bühnenbild und –show auf. Fred Durst hatte gute Laune und führte freudig durch das durchgeplante, wohlüberlegte Set. Für Spontanität war dort kein Platz, der Sound klagt zeitweise zu steril und doch feierte die Menge Klassiker wie „Rollin“ oder „Nookie“ ausgelassen. Einzig als Limp Bizkit zwei Nirvana-Songs coverten blickten Einige verwundert.

Ganz anders als Limp Bizkits Show war die des Abschlussacts um ein Uhr nachts: Itchy Poopzkid stolperten in verpeilter Manier auf die winzige Bühne im Partyzelt und erfreuten sich der skurrilen Atmosphäre, staubbedeckte junge Punkrockfans unter Plastikpalmen und 80er-Jahre-Kronleuchtern begrüßen zu dürfen. Die Drei aus Eislingen an der Fils lachten über ihre technischen Probleme, den kläglichen Versuch des Drummers, einem Fan auf Wunsch hin einen Drumstick zuzuwerfen (weit verfehlt) und vor allem über sich selbst. Ein Song wurde der Rückkopplung gewidmet, Run D.M.C. als Indieband bezeichnet und die Backlinecrew an die Instrumente geholt, um Sibbi und Panzer beide Hände zum Performen ihrer Version von „It´s Tricky“ zu lassen.

Spätestens als Gitarrist Sibbi auf einem Gitarrenkoffer in der Menge surfend sein Solo spielte, tobte das Publikum. Es wurde laut mitgesungen und gesprungen bis die verlegten Holzdielen bedrohlich bebten. Musikalische Avantgarde bilden Itchy Poopzkid nicht, sie spielen einfach gestrickten Punkrock, aber überzeugen menschlich auf ganzer Linie. Ihre Selbstironie und ihre authentische humorvolle Art zauberten auch den müdesten Besucherinnen und Besuchern um knapp zwei Uhr nachts noch ein Lächeln ins Gesicht und so spazierte man nach dem ersten Tag glücklich am Maisfeld entlang zum Campingplatz.

awa

Der Sonntagmittag begann mit zwei Bands, die jeweils den zweiten und ersten Platz des Reloader Bandcontest belegten: As We Arise, die klassischen Metalcore auf die Bühne brachten und Friday Flashback, welche sonnigen Pop-Punk passend zum Wetter spielten. Die Sonne brannte wie am Tag zuvor und brachte ein eher träges Publikum hervor. Bei dem Auftritt von Burning Down Alaska führte die Hitze zu Problemen beim Abspielen ihrer Samples und kurzer Ratlosigkeit auf der Bühne. Schade, dass sie damit eines Teil ihrer Spielzeit beraubt wurden, denn die jungen Musiker aus Recklinghausen legten motiviert los und knallten dem noch nicht sehr zahlreichen Publikum harte Riffs und wuchtige Drums um die Ohren.

In ihren einzigartigen Sound mischen sie dazu melodiöse Gitarren und gefühlvolle Shouts. Burning Down Alaskas sphärische Klänge werden seit kurzem durch einen zweiten Sänger ergänzt, der den Cleangesang übernimmt. Kassim Auale hüpfte vor Energie sprühend über die Bühne und hielt nur inne, um seiner starken tonsicheren Stimme Ausdruck zu verleihen. Ihren Song „Blossom“ widmeten sie ihren Vorbildern Architects und sorgten für einen Gänsehautmoment bei dreißig Grad, als Kassim mitten in den aufwühlenden Song ein „Rest in Peace Tom Searle“ rief.

adept

Folgen sollte die Band Unearth, die jedoch nach Absage durch die Bremer von Watch Out Stampede würdig ersetzt wurden. Deren Post-Hardcore leitete von Burning Down Alaska nahtlos über zu den ebenfalls die Verbindung von süßlicher Melodie und brechender Härte liebenden Schweden von Adept. Sie lieferten harten Sound, der jedoch etwas unter der schwachen Cleanstimme des Sängers litt. Sänger Robert gewann die Sympathie des Publikums jedoch durch das Vorführen seiner Deutschkenntnisse und stimmte „Mein Hut hat drei Ecken“ an.

Zum Sonnenuntergang hin erfolgte ein radikaler Wandel im Line-Up und Monsters of Liedermaching bestuhlten die Bühne für ihren Akustikauftritt. Mit ihren lockeren, ironischen Songs entschleunigten sie die Stimmung und zogen eine andere Zielgruppe vor die Bühne. Die Kassierer setzten noch einen drauf in Sachen Ironie und bespaßten vor allem das alkoholisierte Publikum. Dramaturgisch gab es mit Einbruch der Dunkelheit abermals eine rasante Wende mit dem Auftritt der Thrash-Metal-Band Sodom. Es reihten sich die Australischen Hard-Rock-Legenden von Airbourne und die Metalheads von Five Finger Death Punch ein. Der Acker vor der Bühne war brechend voll und es wurde ausgelassen der Festivalabschluss gefeiert.

Das Reload Festival zeigt damit, dass es gelingen kann, mit nur einer Bühne mehrere verschiedene Zielgruppen zufrieden zu stellen und auch bei dreißig Grad und wenig Schatten Freundinnen und Freunde der harten Musik in Bewegung zu versetzten. Für 2017 sind bereits die ersten Bands bekannt gegeben: Die Ausrichtung des Festivals wird bleiben, die Besucherzahlen hoffentlich weiter steigen.

Autorin: Lisa Wittig
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Julia Strücker (Kamerageil)

Feature

Future Palace

„Ich wusste an dem Tag gar nicht, dass gefilmt wurde!“, erklärt Maria Lessing, Sängerin von Future Palace über das Zustandekommen …

von