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Live bei: Ghost Bath und MØL in Wiesbaden

Es ist kalt, finster und ungemütlich geworden. Der auslaufende November lässt den dunkeln deutschen Winter, der meist mehr mit Schmuddelwetter ...

VON AM 25/11/2018

Es ist kalt, finster und ungemütlich geworden. Der auslaufende November lässt den dunkeln deutschen Winter, der meist mehr mit Schmuddelwetter als mit Winter Wonderland vergleichbar ist, einbrechen. Es regnet, ist neblig und die Sonne zeigt sich nur ab und zu. Diese Stimmung passt perfekt zu meinem Musikkonsum. Ich vergrabe mich in melancholischen und düsteren Alben und fokussiere mich auf Genres wie Post Metal, Black Metal oder klassische Musik. Umso passender, dass MØL mit Ghost Bath auf Tour waren, um die “Luminescence” Tour im Schlachthof Wiesbaden ausklingen zu lassen!


MØL

Die Dänen MØL haben sich mit ihrem Album “Jord” einen Platz in meinen Lieblingsalben von 2018 bereits erspielt. Zwar war ich Anfangs aufgrund der Deafheaven-Epigonalität skeptisch, wurde nach längerem Hören aber eines besseren belehrt. Denn die Mannen kopieren nicht, sie haben ein eigenes Werk geschaffen, dass viele Einflüsse vermuten lässt, dennoch aber mit eigenem Sound begeistert!

Dass sich MØL wohl an Deafheaven orientiert haben, ist auch an den Moves von Sänger Kim zu erkennen. Sein Blick, der oft verstörend ernst wirkt, erinnert teils stark an die Artikulation von George Clarke. Dabei ist Kim ebenfalls Mittelpunkt des performativen Geschehens der Band. Er weiß mit seinem Mikroständer umzugehen und lässt diesen hoch in die Luft steigen und nutzt ihn als Instrument seiner Performance. Teilweise hat man das Gefühl er richtet und posiert mit besagtem Mikrofonständer und attackiert die erste Reihe. Doch richtet er diesen nur scherzhaft auf beängstigt zurückweichende Fans, die über diese Aktion nur peinlich berührt schmunzeln können.


Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Rodney Fuchs

Ruhe vor dem Sturm kennen MØL nicht, die wortwörtlich mit “Storm”, dem Opener von “Jord” ihr Set eröffnen. In genau dieser Wirkung schmettert sich der Song durch das Kesselhaus. Auch Songs wie “Penumbra” oder etwa “Virga” überzeugen. Letzterer insbesondere mit seiner träumerisch verspielten Shoegaze-Komponente, die mit den Lichtern bei geschlossenen Augen fast schon psychedelische Zustände erreicht hat.

Der Rest von MØL agiert in großen Nebelschwaden und ist keinesfalls statisch veranlagt. Einzig der Drummer geht im Blitzlichtgewitter der synchronisierten Stroboskope etwas unter und ist weniger sichtbar als andere. Dennoch sorgt er für das durchweg tighte Set. Wenn diese 35 Minuten etwas bewiesen haben dann, dass MØL eine der Bands sind, auf die man in Zukunft nicht nur ein Auge, sondern zwei Ohren werfen sollte. Mit ekstatischer Performance, fetter Lichtproduktion und allen voran bombenstarken Songs auf einem wirklich guten Album, haben die Dänen eine Grundlage gelegt, die sehr viel für die Zukunft verspricht. Ich kann nur jedem Fan von modernem Post Black Metal, Post Rock oder Shoegaze ans Herz legen sich mit dieser Band auseinanderzusetzen. Es wird sich definitiv lohnen.

Ghost Bath

Ich habe Ghost Bath bereits einmal zuvor live gesehen und muss gestehen, dass diese Erfahrung teils verstörend war. Denn damals hat sich die Band kaum bemüht eine Show zu bieten, wirkte stark differenziert und türmte die Bühne wortlos nach dem letzten Song. So verrückt dieser Auftritt auch war, so eindrucksvoll wirkte es, dass die Band diese Show mit kompletter Seriosität gespielt hat.

Wer mit Ghost Bath vertraut ist, weiß vielleicht, dass sie oft als „Hipster Black Metal“ diffamiert werden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sie teilweise in weißen Jump Suits aufgetreten sind, ihre Namen nicht publik gemacht haben und stattdessen durch chinesische Schriftzeichen (mit Ausnahme des Gitarristen, der Tim heißt [wtf?]) ersetzt haben. Ein weiterer Grund sind die sehr hohen und kläglichen Schreie des Sängers (“Nameless”), die teils an schreiende Ziegen erinnern und so eher den Namen „Goat Bath“ nahelegten. So wurden Ghost Bath oft als Cringe rezipiert, während die Musik in den Hintergrund geraten ist.



Nichtsdestotrotz hat sich “Moonlover” einen Platz in meinem Herzen erspielt. Dies kann primär daran liegen, dass ich eine persönliche Verbindung zu diesem Album habe und meine Denotation diese reflektiert. Dennoch sehe ich, dass “Moonlover” ein großartiges Post Black Metal-Album ist, das so fragil, ehrlich und emotional geschrieben ist, wie kaum andere Alben dieses Genres.

Glücklicherweise spielten Ghost Bath ganze vier Songs dieses Albums live, begannen aber direkt mit “Ambrosial”. “Starmourner” hat nicht ansatzweise diese Griffigkeit, die “Moonlover” für mich hatte. Vereinzelte Songs, die zum Teil auch live dargeboten wurden (“Thrones”) sind durchaus gut geschrieben und cool arrangiert, stehen aber im Schatten von Tracks wie “Golden Number” oder “Happy House”. Im Vergleich zu MØL sind Ghost Bath durch ihre Dur-Harmoniken viel weniger melancholisch und haben einen Unterton, der sich am besten als Uplifting beschreiben lässt. Fröhlicher Black Metal? Klingt strange, ja. Aber genau das ist es, was die Musik von Ghost Bath so schwierig macht und ihnen den schlechten Ruf in Szenen des „Trve Black Metal“ beschert.

Ghost Bath

Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Rodney Fuchs

Es gab sie aber doch, die unangenehmen Momente auf dem Konzert. So etwa ein sturzbetrunkener Fan, der sehr passioniert zwischen jeden Song gröhlte und zwar als einziger, wohlbemerkt. Oder die Tatsache, dass der Applaus nach “Golden Number” während des Outros verstummte und nach Ende des Songs eine peinliche Stille von knappen 2 Minuten entstand. Auch die Tatsache, dass sich das Publikum nicht so wirklich um eine Zugabe bemühte, ließ es der Band schwer fallen, noch einmal auf die Bühne zurückzukehren. Dies mag zum Teil am geringen Aufkommen im Publikum gelegen haben, zum Teil aber auch daran, dass es fast unangenehm war zu klatschen, da man nicht so richtig wusste, ob die Band das überhaupt noch möchte.

Nichtsdestotrotz war die Zugabe, bestehend aus “The Silver Flower, Part 2” ein guter Abschluss für ein durchweg solides Konzert. Doch sind manche Pausen, Klimpereien und Abläufe im Set der Band noch immer etwas stümperhaft, wenn sich zumindest die Performance stark verbessert hat! Ich sage es gerne, denn ich würde mir Ghost Bath auch noch drei weitere Male ansehen, denn was für mich in erster Linie zählte war die Musik. Und diese wurde professionell dargeboten, das steht außer Frage.

Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Rodney Fuchs
Offizielle Website der Band

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