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Kritik: Jinjer machen mit ihrer „Micro EP“ definitiv Lust auf mehr

Dass Jinjer einer der vielversprechensten Acts der Gegenwart sind, ist wohl jedem bewusst, der sie bereits live erleben durfte. Durch ...

VON AM 08/01/2019

Dass Jinjer einer der vielversprechensten Acts der Gegenwart sind, ist wohl jedem bewusst, der sie bereits live erleben durfte. Durch die phänomenale Sängerin Tatiana Shmalyuk haben Jinjer bereits ein verdammt großes Wiedererkennungsmerkmal. Doch ist es nicht so, dass sich die Band auf ihre Sängerin reduziert, oder sie gar als Alleinstellungsmerkmal fungiert. Denn musikalisch sind Jinjer ebenfalls eine der heißesten Bands in der modernen Metalszene.

Jinjer beginnen stark, aber wenig zugänglich

Wie bereits auf „King Of Everything“ bewiesen, haben alle Instrumentalisten so verdammt viel auf dem Kasten, dass man neidisch werden kann. Mit „Ape“ haben Jinjer die erste Single seit ihrem letzten Album veröffentlicht und den Nagel komplett auf den Kopf getroffen. Dieser Song entspricht den Versprechungen der Band und ist manchen Fans vielleicht sogar einen Ticken zu „progressiv“, wobei dieser Terminus klar auf den technischen Aspekt und ungerade Takte bezogen ist.

Bereits am Anfang fällt der Bass-Sound positiv auf, denn Eugene Kostyuk beherscht sein Instrument und lässt durch seine extrovertierte Spielweise keine zweite Gitarre missen. „Ape“ ist ein fieser und harter Song, der mit ungeraden Taktungen an Spannung gewinnt, ungeschulte Hörer aber auch auf Dauer überfordern könnte. Einfach zugänglich sind nur die wenigen Momente, die meist mit Shmaylyuks cleaner Stimme untermalt sind, dann aber aprubt durch musikalische Wendungen unterbrochen werden. Für jemanden, der mit der Band noch nicht warm geworden ist, ist „Ape“ sicherlich der falsche Punkt, um damit zu starten. Nichtsdestotrotz bietet der Track wohl einen der groovigsten und härtesten Breaks, den die Band bisher zum Besten geben durfte. Denn das Ende des Tracks fetzt richtig.

Auch „Dreadful Moments“, die zweite Single der EP, haut in die selbe Kerbe wie „Ape“. Es fällt teilweise etwas schwerer, einen Überblick zu behalten, während der Chorus sich aber sehr zurückhält und durch die kräftige Stimme getragen wird. Irgendwie fehlt es dem Ganzen aber etwas an Kohärenz. So hauen Jinjer den nächsten Break hinterher, der hin und wieder kurz unterbrochen wird. Es fällt auf, dass die Songs auf „Micro“ viel härter, schneller und grooviger daherkommen als anfangs erwartet.

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„Teacher, Teacher!“ beginnt mit einer hypnotisierenden Stimme und entwickelt sich schnell zu einem Track, der mich persönlich stark an „Who Is Gonna Be The One“ erinnert. Zumindest die Pace und der Drive ist ähnlich zu dem Song vom „Cloud Factory“-Album. Doch auch „Teacher, Teacher“ hat ihn, den Refrain, der mit der rockigen Stimme von Tatiana Shmaylyuk an Eingängigkeit gewinnt und erneut durch Blast Beat-Gewitter unterbrochen wird. Zum Sound lässt sich sagen, dass diese Blast Beats unfassbar voll und hart klingen, während einzig der Gesang durch einige Layers und Effekte etwas gekünstelt wirkt. Insbesondere die Snare und die Kombination der verschiedenen Bells in den Songs auf „Micro“ machen das Schlagzeugspiel so interessant.

„Teacher, Teacher!“ ist auch der Song, der den ersten richtigen Cleanpart besitzt und mit atmosphärischer Fülle und virtuosem Bassspiel an Ambiente gewinnt, um dann in einem groovigen Chorus zu kulminieren. Dieser Aspekt ist es, der die Musik von Jinjer so kontrastvoll erfüllt und Shmaylyuks Stimme in voller Blüte scheinen lässt. Das hält die Ukrainer aber nicht davon ab, hier noch einen draufzusetzen und einen verdammt effektvollen Breakdown hinterherzuschmettern.

Apropos Kontrast: „Perennial“ beginnt mit Geflüster und einem kurzen Interlude, bevor er in Norma Jean-esker Art und Weise richtig beginnt. Die Riffs auf „Micro“ sind alle wirklich sehr Groove betont, während die melodische Komponente etwas in den Hintergrund gerät. So benötigten Jinjer nicht mal Breakdowns um zu grooven oder gar reinzuhauen. Genau betrachtet, finden sich Breakdowns nur selten, aber dann sehr effektvoll zur Geltung gebracht.

„Perennial“ bietet einen weiteren Cleanpart, der kompositorisch leicht an Between The Buried And Me erinnert und erneut durch den Bass und die Vocals getragen wird, während er sich langsam zu seiner Klimax aufbaut. Diese Klimax erinnert unweigerlich an die Art und Weise, die Jinjer beim zuvor angesprochenen „I Speak Astronomy“ aufgezeigt haben. Langsam aber sicher wendet sich die EP zum Ende zu, um für einen kurzen Augenblick alles zusammenzurollen.

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Mit „Micro“, dem Titeltrack, haben Jinjer ein weiteres kleines Gimmick auf ihre Platte gebracht. Denn repräsentativ ist dieser Track nicht wirklich. In nicht ganz zwei Minuten gibt es Rhythm and Bass, beziehungsweise Percussions und Bassgitarre. „Micro“ ist etwas experimentell, wirkt aber eher wie ein kurzer Jam, als ein Stück das auf diese EP gehört. Wie auch schon „Beggars Dance“, das eher jazzige Stück auf dem gleichnamigen Album, erlauben sich Jinjer diesen musikalischen Ausflug. Zugegeben: Jinjer können, was sie hier probieren, verpassen aber die Chance, es geschickt in ihrer Musik zu verbauen. So wirkt auch „Micro“ irgendwie disparat und eher wie ein Gag, als eine Zugehörigkeit zu den vorherigen vier Songs aufzuweisen.

Fazit:

Jinjer haben eine progressive EP versprochen und liefern eine vertrackte, harte EP, die den Erwartungen definitiv gerecht wird. Eine Komponente, die mir allerdings fehlt, ist, dass Jinjer weitestgehend heavy bleiben und sich kaum den schönen und ruhigen Passagen widmen. Es sind lediglich die Refrains, die etwas zurückgeschraubt sind und die Musik in den Hintergrund des Gesangs stellen.

„Micro“ ist eine anständige EP und fungiert super als Appetithappen auf ein kommendes Album der Ukrainer. Die vier Songs auf „Micro“ überzeugen alle mit einer sehr groovigen Komponente und stellen wohl das härteste Release der Band dar. Auch in Sachen Progressivität kann man Jinjer eine noch technischere Komponente zusprechen. Es wirkt jedoch so, als würden die Ukrainer sich etwas zu sehr auf ihren Sound versteifen, während die Ausbrechung aus dem Sound, den Jinjer mit „Ape“ und „Dreadful Moments“ beginnen, schwer zu sein scheint.

Es gelingt Jinjer, sich aus dieser sehr ähnlichen Songkonstruktion zu lösen und experimenteller zu werden. Nichtsdestotrotz klingt auch „Micro“ 100% nach Jinjer und bietet eben genau das was Fans der Band erwarten können. Dazu kommt ein härterer Ton, heftige Breakdowns und eine starke Produktion. Jetzt wird es aber wirklich Zeit für ein neues Album, denn auch „King Of Everything“ wird dieses Jahr schon drei Jahre alt werden. Dazu kommt die unfassbar hohe Livefrequenz, die Jinjer bieten und sie zeitlich ziemlich limitieren müssen. Umso besser, dass man sieht, dass die Band am Ball bleibt und tatsächlich auf dem besten Weg ist, das nächste große Ding zu werden!

Wertung: 7,5/10

Band: Jinjer
EP: Micro
Veröffentlichung: 11.01.2019

Offizielle Website der Band
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