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Interview

Boston Manor: „Es ist so viel schwerer, wenn man nicht aus London kommt“

Frontmann Henry Cox im Interview.

VON AM 07/11/2022

Wenn man bedenkt, welchen straffen Zeitplan Boston Manor in den letzten 12 Monaten durchgezogen haben, wäre es mehr als verständlich, wenn sich inzwischen eine gewisse Müdigkeit bei Sänger Henry Cox einstellen würde. Aber nein, der 29-jährige begrüßt uns äußerst wach zum Interview im Kölner Palladium, wo die Band abends Alexisonfire supportet (hier unser Bericht). Zu erzählen gibt es in jedem Fall genug.

Boston Manor: Längst mehr als ein Geheimtipp

Als Geheimtipp gehen Boston Manor beim besten Willen nicht mehr durch. Dafür ist die Band aus dem englischen Blackpool schon zu lange unterwegs. So hat sie sich auch hierzulande eine treue Fanbase aufgebaut. Diese wurde sicher auch durch die diesjährige Festivalsaison (unter anderem mit Shows bei Rock am Ring und Rock im Park) vergrößert. Außerdem liefert die Band beständig neue Musik. Das jüngste Album „Datura“ ist immerhin Studioalbum Nr. 4. Hinzu kommen noch einige EPs, unter anderem die hochgelobte „Desperate Times, Desperate Pleasures“ aus dem vergangenen Jahr.

Boston Manor
Foto im Auftrag von MoreCore.de: Julia Strücker (Julia_Rocknrolla)

Wer sich schon etwas länger mit der Band beschäftigt, wird wissen, dass der Sound sich über die Jahre deutlich gewandelt hat. War das Debüt „Be Nothing“ noch dem Pop-Punk zuzuordnen, ging es auf „Welcome To The Neighbourhood“, spätestens aber mit „Glue“ deutlich mehr in Richtung Alternative Rock. Insbesondere der verstärkte Einsatz elektronischer Elemente ist inzwischen fast stilgebend für den Sound von Boston Manor.

Für Henry Cox ist diese Entwicklung einerseits dem Zufall geschuldet, andererseits aber auch eine logische Entwicklung. „Wir sind alle älter geworden und haben uns weiterentwickelt. Das hört man der Musik an. Unsere Geschmäcker haben sich auch mit der Zeit verändert.“ Es sei aber nicht so gewesen, dass man als Band beschlossen hätte, einen ganz bestimmten Weg einzuschlagen oder eine andere Band als Vorbild ansehe. Letztlich also ein schleichender, aber logischer Prozess.

They don’t want a dilettante from up north in their club

Das UK kann bekanntlich mit guten Bands deutlich mehr überzeugen als mit gutem Essen oder sinnvollen politischen Entscheidungen. Letzteres – also der Brexit – ist für Henry Cox auch nach über sechs Jahren immer noch ein Grund, sich in Rage zu reden. Er könne nicht verstehen, wie sein Heimatland eine solche Entscheidung habe treffen können. Man habe sich dadurch selbst sanktioniert.

Für Bands sei dadurch gerade auf Touren alles schwieriger und teurer geworden. Zumindest Boston Manor habe aber eine solche Größe erreicht, dass der Brexit sie zwar beeinträchtige. Es sei aber zum Glück für sie weiterhin möglich, unterwegs zu sein.

Stichwort England: Dass Boston Manor aus dem Norden des Landes und nicht aus London kommen, habe die Entwicklung der Band gerade in der Anfangszeit stark gehemmt. „Man wird einfach viel weniger ernst genommen. Die Leute interessieren sich nur für das, was innerhalb einer Stunde von London zu erreichen ist“. So habe die Band in fast zehn Jahren auch noch nie eine Hometown-Show gespielt – weil es in Blackpool schlicht kaum geeignete Locations gebe. Im Dezember wird es aber endlich so weit sein. Gut für uns, dass Boston Manor so viel Durchhaltevermögen bewiesen haben.

Schaut man auf den Erfolg der Band, so scheinen die Fans diese Entwicklung zu honorieren. Dass „Datura“ – gerade auch im Vergleich zur unwesentlich kürzeren EP „Desperate Times, Desperate Pleasures“ – mit gerade einmal sieben Tracks ein äußerst kurzes Album darstellt, quittiert Henry Cox mit einem schelmischen Lächeln. Für die Band sei es ein Album, mit dem sie absolut zufrieden seien könnten. Das finden wir hier übrigens auch.

Boston Manor
Foto im Auftrag von MoreCore.de: Julia Strücker (Julia_Rocknrolla)

Dass Boston Manor nach ihrer Tour mit Neck Deep im Sommer nun schon zum zweiten Mal als Support in Europa unterwegs ist, hat für Henry Cox übrigens viele Vorteile. Als Support Act habe man weniger Druck, was Verkaufszahlen angehe. Man stehe weniger im Mittelpunkt. So könne sich die Band ganz auf seine Aufgabe als Warm-Up konzentrieren.

Und was unterscheidet Alexisonfire von Neck Deep? Henry betont zunächst einmal, dass beide Bands äußerst sympathisch seien. Es sei ein sehr angenehmes Touren sei. Bei Neck Deep habe man aber gemerkt, dass das eher jüngere Publikum schon deutlich vertrauter mit Boston Manor sei. Bei Alexisonfire muss dann eben mehr Pionierarbeit geleistet werden. Aber wenn man sich die Reaktionen der Fans anschaut, dann dürfte Boston Manor auch auf dieser Tour Sympathien en masse gesammelt haben.

Was erwartet uns 2023 von Boston Manor?

Support schön und gut. Aber die letzte Headliner-Tour in Europa liegt inzwischen auch schon wieder drei Jahre zurück. Und wenn man Henry Cox zuhört, wie er von der Street Art, den begeisterungsfähigen Fans und der Gastfreundschaft in Deutschland erzählt, stellt sich die Frage, wann wir die Band wieder hierzulande begrüßen dürfen. So ganz konkret werden will Henry Cox noch nicht. Aber: Wir sollten für 2023 in jedem Fall noch ein wenig Platz in unseren Kalendern lassen. Es wird sich lohnen.

Foto: Theodore Swaddling / Offizielles Pressebild

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