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Kritik: Behemoth zeigen auf „I Loved You At Your Darkest“ neue Facetten

“Blow your Trumpets, Gabriel!” sind die Worte, die mir sofort in den Kopf schießen, wenn ich an Behemoth denke. Eine ...

VON AM 08/10/2018

“Blow your Trumpets, Gabriel!” sind die Worte, die mir sofort in den Kopf schießen, wenn ich an Behemoth denke. Eine Stock dunkle Essigfabrik, der markante Gitarrenriff und das ganze Publikum, das Sänger Nergal ohne irgendeine Aufforderung diese vier Wörter entgegen brüllt. Epischer kann eine Band wohl kaum ihr Konzert beginnen. Auch heute kriege ich immernoch eine Gänsehaut, wenn ich “The Satanist” einlege und mich der düsteren Stimmung hingebe.


Behemoth bauen ihre Vormachtstellung weiter aus

Es wirkt fast schon als bräuchten Behemoth keine Einleitung mehr. Nach nun mehr als 25 Jahren und unzähligen Veröffentlichungen sind die Polen um Sänger Adam Michel “Nergal” Darski eine DER Namen im europäischen Metal. Angefangen im tiefschwarzen Gefilde des Black Metal erweiterten Behemoth ihren Sound immer weiter und ließen Elemente aus Death-Metal und Post- sowie (Stoner-)Rock einfließen. Vor allem ihre letzten beiden Alben “Evangelion” und “The Satanist” brachten damit frischen Wind und zementierten Behemoths Status als absolute Macht auf Platte als auch live. Auch wenn sich die Band über die Jahre vom klassischen Black Metal-Sound entfernt hat, blieb die Thematik überwiegend satanistisch/ anti-religiös. Diese kritische Einstellung gegenüber dem Christen- und Judentum, sowie dem Islam brachten Behemoth immer wieder Probleme ein. Vor allem in ihrer katholischen Heimat Polen wurde Nergal mehrere Male angeklagt, da er öffentlich eine Bibel zerriss und sich gegen die katholische Kirche aussprach. Auch Probleme bei der Einreise in verschiedensten Ländern sind auf Behemoths satanistische Haltung zurückzuführen.

Seit “The Satanist” sind nun vier Jahre vergangen und Behemoth nutzten diese Zeit vor allem für intensives Touren und die Veröffentlichung ihres Live-Albums “Messe Noir”. Mit “I Loved You At Your Darkest” melden sich Nergal, Inferno und Orion nun zurück und versprechen, dass es sowohl das blasphemischste als auch rockigste Album bisher sein wird. So entzündet die Kerzen, zeichnet das Pentagramm und bereitet das Opfer vor, denn wir beginn unsere schwarze Messe.

Beim erste Flug über das zwölfseitige heidnische Pamphlet wird man als Behemoth-Fan nur wenig überrascht. Die Idee von “The Satanist” wird in der Grundstruktur fortgeführt, jedoch lassen Nergal und Kollegen innerhalb dieses Konzeptes mehr Platz für Experimente. Die Gitarren nehmen hier und da ein wenig Gain weg, die Drums erzwingen weder Blast-Beats noch Double-Bass-Gewitter und die zusätzliche Instrumentalisierung greift vor allem auf Hörner und weitere Saiteninstrumente zurück. Dazu kommt ein Kinderchor und einige gregorianische Gesänge. Im gesamten wirkt “I Loved You At Your Darkest” vor allem wie ein stimmungsgetriebenes Album. Ob diese Stimmung auch im Detail wirkt, wird sich zeigen.



Mit dem Intro “Solve” beginnt der Longplayer direkt diabolisch. Ein Kinderchor beschert einem mit den sich wiederholen Worten: “Elohim! – I shall not forgive! Adonai! – I shall not forgive! Living God! – I shall not the forgive! Jesus Christ! – I forgive thee not!” eine Gänsehaut und setzt damit den Ton der Platte. Instrumente, wie eine Kirchenorgel und eine E-Gitarre bleiben vorerst im Hintergrund und werden im späteren Verlauf von weiteren Gitarren, dem Bass und den Drums unterstützt.

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Nach einem martialischen Höhepunkt klingt das Intro in den bereits ausgekoppelten Song “Wolves Ov Siberia” aus. Dieser fängt Behemoth-Fans mit hämmernden Drums, schreienden Gitarren und Nergals markanter Stimme auf. Ein Highlight ist der epische instrumentale Aufbau im letzten Akt des Songs, der in einem Wolfsheulen endet.

Auch der dritte Song des Albums “God=Dog” wurde bereits vorzeitig ausgekoppelt und behält das Tempo des Vorgängers bei. Auch wenn es zu Beginn eher ruhig zugeht, sprinten Behemoth kurz darauf wieder los. Zum donnernden Instrumental brennt sich Nergals kommandierende Stimme in die Hirnrinde ein und gibt uns die Richtung vor.

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Die letzte Auskopplung “Bartzabel” zeigt zum ersten Mal den angekündigten Umbruch auf dem Album. Die Geschwindigkeit nimmt ab und Behemoth zeigen ihren Blues- und Post-Rock Einfluss. Die Gitarren-Riffs sind größtenteils laid-back und von Blast-Beats fehlt jede Spur. Zur gewohnten Lead-Stimme gesellen sich gregorianische Sprechgesänge und tragen zum epochalen Gefühl des Songs bei. Das Gitarren-Solo bestärkt durch seine fast schon lässige Art den oben genannten Rock-Einschwung. Auch “If Crucifixion Was Not Enough” folgt einem generellen Rock-feeling und bricht erst gegen Ende mit einem wütenden Blast-Beat aus dem Konzept.

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Erstaunlicherweise zeigt sich erst jetzt der Spagat aus Black-/ Death-Metal und Post-/ Blues-Rock in seiner vollen Pracht. “Angelvs XIII”, “Sabbath Mater” und “Rom 5:8” schaffen es ohne Problem zwischen den genannten Genres zu wechseln. Gleichzeitig behalten Behemoth ihre epische Ader durch den Gebrauch von weiteren Sprechchören, folklorischen Instrumenten und den eindringenden Texten von Nergal bei.

“We Are The Next 1000 Years” schlägt unbarmherzig wieder mit bekannten Death-Metal-Elementen um sich, nur um nach 1 Minute und 30 Sekunden in einen Post-Rock-artigen Zustand zu verfallen. Keine Vocals und kein Metal, nur scheinbar endlose Gitarren und ein simples Schlagzeug, welche den intensivsten Moment des gesamten Albums liefern.

Mit dem Outro “Coagvla” fahren Behemoth nochmal all ihre Geschütze auf und erinnern uns nochmal welch kolossale Macht sie sind. Unermüdliche Drums, schrillende Gitarre und orchestrale Zusätze in Form von Hörnern und Orgeln, die die Spannung immer weiter aufbauen und in einem finalen Glockenschlag enden.

Der Sound von “I Love You At Your Darkest” wirkt im Gesamtbild sehr offen. Die Drums sind nur wenig komprimiert und klingen recht klassisch. Die Gitarren haben vor allem in den genannten Rock-Parts genug Platz um sich auszubreiten. Sie dröhnen bei den intensiveren Stellen durch das Stereobild. Gleichzeitig verlieren sowohl Gitarren, als auch das Schlagzeug keine Definition innerhalb der eher schnelleren Abschnitte der Songs. Der Bass bleibt durchweg recht clean und nutzt kaum bis gar keinen Verzerrer. Das Songwriting legt wesentlich mehr Wert darauf Spannung aufzubauen. Dabei nimmt sich Nergal mit seiner Stimme gerne zurück und wird stattdessen von Chören oder den Instrumenten abgelöst. Hörner, Violinen und akustische Gitarren wirken niemals deplatziert oder erzwungen. Wie bereits erwähnt, schaffen Behemoth immer wieder den Spagat zwischen Rock und Metal, ohne das es aufgesetzt wirkt.

Fazit:

Behemoth schaffen es auch auf ihrem elften Album interessant zu bleiben und eine weitere Facette von sich selbst zu zeigen. Der Longplayer kombiniert epische Arrangements mit der eiskalten Härte und Wut des extremen Metal. Dabei wirken die Experimente der Polen zu keiner Zeit unangebracht oder künstlich. Nergal und Kollegen stehen zu den Worten, die sie predigen und wissen dies mit Bravour musikalisch umzusetzen. Durch alle zwölf Songs breitet sich die düstere anti-religiöse Stimmung aus, egal in welcher Form. Keine unpassenden Clean-Vocals oder Arena-Metal Attitüden. “I Loved You At Your Darkest” fängt Fans der letzten beiden Alben und wird sich auch live genauso durchsetzen. Für mich eine gelungene künstlerische Weiterentwicklung in einer Zeit, in der sich viele Bands eher Anbiedern als Grenzen auszubreiten.

Wertung: 8/10

Band: Behemoth
Album: I Loved You at Your Darkest
Veröffentlichung: 05.10.2018

Offizielle Website der Band

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