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AlternativeRock

Live bei: Yungblud & Saint PHNX in Hamburg (13.11.2019)

Fan-Nähe par excellence.

VON AM 17/11/2019

Wenn im Hamburger Docks ein Konzert ist, dann kommt es schon mal häufiger vor, dass die Fans bereits Stunden vorher in der Schlange stehen und vor dem Saal kampieren. Wenn sich allerdings bereits vor Einlass eine Menschenschlange gefühlt die halbe Reeperbahn entlang zieht, Fans, in glitzernde Decken eingepackt, mit ihren Eltern in der winterlichen Kälte stehen, und dabei auch noch so aussehen, als würden sie keine Sekunde dieser Zeit bereuen, dann muss etwas Besonderes vor sich gehen. Yungblud lud zu seiner Show ein. Der britische Sänger gehört besonders bei jüngeren Generationen zu einer absoluten Größe und beweist dies beispielsweise mit über 6,5 Mio. monatlichen Hörern bei Spotify.

Das Konzert: restlos ausverkauft und so drängte es sich bereits wenige Minuten nach Einlass im vorderen Drittel der Venue. Jeder wollte dem 22- Jährigen ganz nah sein. Die Stimmung bei dem vorrangig weiblichen Publikum war ausgelassen und kochte bereits, bevor überhaupt nur ein Instrument benutzt wurde. So wurden bereits Klassiker von Panic! At The Disco, My Chemical Romance und Co. vom Band inbrünstig mitgesungen. Der Eindruck, dass dies ein ganz besonderer Abend werden würde, sollte sich im Verlauf noch weiter bestätigen.

Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Karoline Schaefer (Cat Eye Photography)

Um die bereits aufgeheizte Crowd in der Halle noch weiter aufzustacheln, gab sich das Trio Saint PHNX aus Schottland die Ehre und der Rockband mit elektronischen Einflüssen bot sich ein Feedback, wie man es sonst eher selten bei einer Support-Band sieht. Bereits mit dem ersten Song hatte die Band das Publikum im Griff und es wurde mit vollen Händen aus dem Animationsrepertoir geschöpft. Sei es das abwechselnde Singen mit dem Publikum, ein beeindruckendes Lichtermeer aus Handykameras oder die Tatsache, dass sich die gesamte Halle auf Kommando hinsetzte, die Jungs wussten, was sie dort taten und bekamen durch Kreischen und Applaus das entsprechende Feedback der Menge. Das Ganze unterstützt von einem ausgewogenen Sound, der den Gesang verständlich und durchweg einen runden Eindruck machte. Auffällig war auch die Show, die sich auf der Bühne bot. Die Interaktion der Bandmitglieder untereinander fiel gleich auf. Der Schlagzeuger, der durchweg im Stehen spielte sorgte für eine ganz eigene Dynamik, warf dem Gitarristen auch gerne einen Drum-Stick rüber, der daraufhin mit selbigem ein Solo spielte. Am Ende wurden die wartenden Fans sehr gut unterhalten.

Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Karoline Schaefer (Cat Eye Photography)

Dann war es endlich so weit. Nach einem äußerst ausführlichen Intro, das die Selbstinszenierung auf ein Maximum brachte, brachte Yungblud, in einem T-Shirt aus Fischernetz gekleidet, durch eine einzige Hüftbewegung das Publikum zum Toben. Die nur kleinste Körperbewegung wurde mit ohrenbetäubendem Kreischen honoriert. Da reicht es auch schon einmal, einfach nur die Zunge herauszustrecken. Von so einem Feedback war auch der Künstler sichtlich beeindruckt und strahlte durchweg auf der Bühne. Der Sound war anfangs wohl nicht für eine solche Geräuschkulisse konzipiert und somit etwas leise, besserte sich im Laufe des Konzertes allerdings deutlich. Zum Song „Parents“ traten zwei Stagehands, mit pinken Sturmhauben bekleidet, auf die Bühne und trugen dabei pinke Flaggen in den Händen.

Das war generell das Größte, was im Bühnenbild passierte, mehr brauchte es allerdings auch nicht, denn das Auftreten von Yungblud war raumfüllend genug. Die Show wurde gespickt mit lyrisch gut durchdachten Songs und Ansagen, die sich beispielsweise gegen den Brexit richteten und für Individualität und Meinungsfreiheit sprachen. Der junge Künstler wollte über wichtige Themen reden und das tat er auch, mit Erfolg. Einen ersten Pik der Ekstase, gab es dann beim Song „Anarchist“, bei dem das Publikum zeitweise problemlos lauter war als der Künstler selbst.

Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Karoline Schaefer (Cat Eye Photography)

Während eines eher ruhigeren Parts der Show, wurde „Casual Sabotage“ gespielt, sitzend auf einem Barhocker mit einer Akustikgitarre in der Hand. In solchen Momenten wurden dann auch die Eltern und Begleitpersonen, welche brav an der Bar geparkt wurden, überzeugt. Breit lächelnd wurde sich zu den Klängen der Musik bewegt und vielleicht wurde auch der ein oder andere Gedanke an das Idol/den Schwarm der eigenen Jugend verschwendet. Das Publikum war generationsübergreifend zufrieden gestellt.

Als der Sänger dann von der Bühne verschwand, das Licht ausging und die Rufe nach einer Zugabe einsetzten, fand man Yungblud plötzlich inmitten des Publikums wieder, wo er „Kill Somebody“ selbstbegleitend mit der Gitarre spielte. Das war pure Fan-Nähe und ein „Star zum Anfassen“, so wie man es sich wünscht. Nachdem er die Bühne wieder erklommen und die Band die musikalische Überbrückung beendet hatte, wurde der wahrscheinlich größte Hit „I Think I’m Okay“ gespielt, welcher im Original unter anderem von keinem Geringeren als Travis Barker unterstützt wird. Das Echo des Publikums war ohrenbetäubend und es machte einfach Spaß, an diesem Abend im Docks zu sein. Selbst dann, wenn man mit der Musik nicht all zu viel anzufangen wusste. Man wurde unterhalten und hatte definitiv eine gute Zeit.

Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Karoline Schaefer (Cat Eye Photography)

Um einen runden Abschluss zu bieten, wurde zu guter Letzt „Machine Gun“ gespielt, um die glückliche Meute anschließend in die kalte Hamburger Nacht entlassen. Doch bereits kurz nach dem Verlassen der Halle hatte man das dumpfe Gefühl, dass es das noch nicht gewesen sein konnte. Diejenigen, die nach dem Konzert den Heimweg anbrachen, sollten am Ende einiges verpassen. Gleich vor dem Eingang sammelte sich eine Menschentraube, bestehend aus Fans, die vielleicht etwas wussten, vielleicht auch einfach nur eine Ahnung hatten. Und ihr Warten sollte belohnt werden! Circa eine Stunde nach Konzertende trat Yungblud dann, begleitet von Security, auf den Vorplatz des Docks und spielte dort noch ein paar Songs unplugged für alle die, die noch nicht genug hatten. Mehr Fan-Nähe ging dann wirklich nicht und an diesem Abend schien es so, als würden weder das Publikum, noch der Künstler wollen, dass dieser Abend je zu Ende geht.

Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Karoline Schaefer (Cat Eye Photography)

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