Live
Deathcore Metalcore Nu Metal
Live bei: Vended in Karlsruhe (12.06.2023)
Klein, aber fein.
VON
Tamara Jungmann
AM 14/06/2023
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Der Sommer steht vor der Tür, die Temperaturen steigen und das Gespritzte im Biergarten schmeckt wieder besonders gut. Wer hätte bei solchen Voraussetzungen nicht das Bedürfnis, sich zweieinhalb Stunden in Karlsruhes kleinstem Konzertsaal einzufinden und mit gut zweihundert, leicht bekleideten und schwitzenden Halbstarken die Zukunft der Metal-Szene in Gestalt von Vended anzufeuern? Also, wir hatten Bock!
Auf das obligatorische Radler im grünen Innenhof der Stadtmitte folgt schon bald der leicht widerwillige Gang zur überdachten Bühne. Ganz so schlimm wie erwartet verhält sich die Luftfeuchte dann doch nicht; die sonst verdunkelten Fenster stehen auf Kipp. Kein Wunder also, dass sich zu Beginn des Abends die meisten Indoor-Metalheads eher an der Wand als vor der Bühne tummeln.
Consvmer
Als das Quartett Consvmer aus Speyer dann die Bühne betritt, füllt sich der Bereich vor der Bühne peu à peu. Ein dröhnendes Klang-Intro läuft vom Band, in welches Strobo-Lichtblitze und Instrumente einsteigen. Die Nu-Metalcore/Deathcore-Kombo liefert eine gute halbe Stunde Mucke ab und präsentiert darin eine Auswahl an deutsch-sprachigen Knüpplern, zu denen vor allem die ersten drei Reihen die Köpfe rollen lassen. Auf Zuruf des motivierten Sängers Dennis Ackermann werden im Pit zu „Selbstjustiz“ ordentlich Tritte verteilt. Einige der Drumparts treiben in bester Deathcore-Art das Kopfnicken an, oft werden diese Momente allerdings wieder unterbrochen, sodass man sich nie voll und ganz in einen Song einfinden kann.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Neben der nicht ganz so sauberen Abmischung, sorgen auch die Klang-Intermezzi vom Band zwischen den Songs für Irritationen. Ackermann ist dafür voll bei der Sache und deutet stetig an, sich selbst zu erwürgen, sich mit dem Mikrofonkabel zu erhängen oder bereits zum Zombie geworden zu sein. Die letzte Nummer stellt das Highlight des Auftritts von Consvmer dar, zu welchem die Bühne in blau-grünes Licht getaucht und man als Hörende:r in die melodisch-getragene Klangwelt dieses Tracks eingesogen wird.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Chaosbay
Von Karlsruhe geht es nun nach Berlin – oder eher andersherum: Das Quartett aus der Hauptstadt (heute leider nur als Trio vor Ort) darf für eine weitere halbe Stunde die Menge anheizen. Da sich erneut viele Leute den Vorzügen des Biergartens hingegeben haben, ist es zu Beginn ihres Auftritts noch leerer in der Stadtmitte als zu Beginn des Konzerts. Es füllt sich aber recht schnell wieder.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Chaosbay spielen Gute-Laune-Progressive-Metalcore und können somit perfekt die Atmosphäre dieses ersten lauen Sommerkonzertabends musikalisch einfangen. Die Menge wirkt bereits wesentlich textsicherer, die Gruppe scheint ihnen geläufig zu sein. Es mag wohl auch am charismatischen Auftritt von Frontmann Jan Listing liegen, der stets die richtigen Worte zu finden scheint, um die Menschen zu bewegen („Wir glauben an eine gute Zukunft! – Seid lieb zueinander!“ zu „Mediterranean“).
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Chaosbay bringen eine starke Bühnenpräsenz mit, welche ihnen auch sicher bei ihrem diesjährigen Auftritt auf dem Summer Breeze Open Air einige neue Fans einbringen wird – sowie natürlich an diesem Abend. Mit dem neuen Covertrack „Message In A Bottle“ von The Police und einem letzten Moshpit geht es für Chaosbay in den wohlverdienten Feierabend.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Vended
Gegen Viertel vor zehn und zu den Klängen von „Tainted Love“ offenbart dann das Publikum wofür sie gekommen sind. Die kleine Tanzfläche der Stadtmitte füllt sich abrupt, das Menschenknäuel bebt und feuert die fünf kriegsbemalten Jungs aus Des Moines an, die nun die Bühne betreten. Es gibt kein Halten mehr und ohne Müdigkeitserscheinungen vor und auf der Bühne wird mit Vended jetzt 40 Minuten durchgefeiert – exzessives Headbanging und desaströses Moshing natürlich inklusive.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Die Familienähnlichkeit von Sänger Griffin Taylor zu seinem berühmten Vater ist unbestreitbar. Der 20-jährige hat nicht nur die Vocal-Gene von seinem Dad geerbt, sondern steht diesem auch in Sachen Live-Performance in nichts nach: Wie besessen stiert er schelmisch und dämonisch in die ihm hörige Audienz, schlägt sich immer wieder gegen den Kopf oder reckt den Mittelfinger gen die vor Schweiß tropfende Decke. Woher der ständige „Motherfucker“-Ausruf kommt, ist auch einfach herzuleiten.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Vended – Die neue Slipknot-Generation?
Zu einfach darf man sich die auf der Hand liegende Referenz der Slipknot-Sprösslinge hier dennoch nicht machen, denn im Gegensatz zu ihren alten Herren musizieren Taylor, Crahan und Co. vielleicht weniger experimentell, klingen dafür aber frischer, wilder und hungriger. In die wenigen Tracks, die die Kombo bisher veröffentlichte, kann das Publikum problemlos einsteigen, sodass zu „Overall“, „Burn My Misery“ und „Bloodline“ die Bude kurz vor dem Abriss steht.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Ganz ohne Starallüren bricht Taylor zum Ende aus seiner Irren-Rolle heraus und bedankt sich beim deutschen Publikum für ihren Support. Als das Iowa-Quintett dann unter einstimmigen „Vended!“-Rufen in die Nacht verabschiedet wird, muss selbst der Sänger ein Tränchen verdrücken.
Ein mehr als gelungener Abend mit einem Main-Act, der sicherlich in den nächsten Jahren noch so einiges von sich hören und sehen lassen sowie eine neue Generation von Nu Metal-Fans heranzüchten wird – Slipknot-Väter, nehmt euch in Acht!
Foto im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
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