Live

EmoMelodic HardcorePost-Hardcore

Live bei: Silverstein in Hamburg (27.11.2022)

Mit Support von Koyo, Senses Fail und Comeback Kid.

VON AM 02/12/2022

Silverstein liebt Deutschland und Deutschland liebt Silverstein. So schafften es die sympathischen Kanadier 2015, 2016, 2017, 2018 und zuletzt sogar noch vor Pandemiebeginn 2020 mit ihrer umfangreichen 20th Anniversary-Show eine Vielzahl an Shows hierzulande vor ausverkauften Hallen zu spielen. Eine unausgesprochene Vereinbarung zwischen der treuen Fanbase und Band, die allerdings nach zwei Jahren Pandemie ins Wanken gerät.

Dass die Show in der Hamburger Fabrik am Sonntagabend sich ausnahmsweise schleppend verkauft, mag viele Gründe haben – das umfangreiche Line-Up welches Silverstein begleitet, wird keiner davon sein. Zusammen mit Koyo, Senses Fail und Comeback Kid erwartet uns wohl DIE „Emo-Nacht“ des Jahres.

On top tragen alle vier Bands neue Musik mit im Gepäck, die viele Fans bis dato noch nicht live in Aktion erleben konnten.

Koyo

Pünktlich um 19:00 Uhr starten Koyo ihr 30-minütiges Set. Mit einer Mischung aus melodischem Hardcore und ein wenig Emo bilden sie nicht nur die Brücke zwischen den Headlinern des Abends, sondern holen auch die ersten Reihen des bereits gut gefüllten Saals von den Füßen.

Die New Yorker haben allen Grund zu feiern. Nach der Veröffentlichung ihrer aktuellen EP „Drives Out East“ im letzten Jahr, stehen die Herren seit diesem März frischt bei Pure Noise Records unter Vertrag. Mit dem neuen Label im Rücken, veröffentlichten Koyo dieses Jahr gleich drei neue Singles – darunter „Ten Digits Away“ mit welcher die Eröffnungsshow ausklang.

Senses Fail

Nach nur 15 Minuten betreten auch schon Post-Hardcore-Urgesteine Senses Fail die Bühne. Mit 20 Jahren Bandgeschichte und insgesamt acht Alben besteht zwar reichlich Auswahl für die Setlist, allerdings beschränkt sich diese auf lediglich acht Songs. Somit werden wir direkt zu Beginn in die Anfänge der Band mitgenommen – ab in die Jahre 2004 und 2007. Klassiker wie „Rum Is for Drinking, Not for Burning“, „Shark Attack“, „Can’t Be Saved“ und „Bite To Break Skin“ prägen die 30-minütige Show von vorne bis hinten.

Senses Fail

Senses Fail

Senses Fail

Senses Fail
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Clarissa Placzek

Da vergisst man doch schnell, dass die Kombo um Frontmann Buddy Nielsen ein brandneues Album griffbereit haben. Aus ihrem achten Longplayer „Hell Is In Your Head“ bedienten sich Senses Fail lediglich zweier Singles: „End of the World/A Game Of Chess“ und „Death By Water“.

Senses Fail

Senses Fail

Senses Fail
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Clarissa Placzek

Dabei klingen auch die 2022er Lieder durch die scheppernden Instrumente und dem nasalen, an manchen Stellen schiefen Gesang eher „retro“ und fügen sich in das Gesamtbild der Setlist perfekt ein. Ein Sound, charakteristisch für kleinere Hallen und passend für die Zeitreise, auf die Senses Fail uns genommen haben. Für ausreichend Stimmung konnten die Herren allerdings nicht sorgen. Mit Ausnahme der ersten vier Reihen verhielt sich das restliche Publikum eher reserviert. Ein Grund für den schnellen und unpersönlichen Abgang der Band?

Comeback Kid

Zu Phil Collins‘ Zeilen „I can feel it coming in the air tonight, oh, lord“ nehmen um 20:30 Uhr Comeback Kid ihren Platz auf der Bühne ein und stehlen ihren Mitstreitern im wahrsten Sinne des Wortes „die Show“. Denn es ist immer wieder festzustellen: Das Genre „Hardcore“ entfaltet erst live seine volle Blüte und reist auch unerfahrene Hörer von den Füßen.

Comeback Kid

Comeback Kid

Comeback Kid

Comeback Kid
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Clarissa Placzek

Anders als ihre Vorgänger führen uns Comeback Kid einmal durch den Großteil ihrer bisherigen Longplayer. Mit der aktuellen Single „Heavy Steps“ wird die Hardcore-Sause eröffnet und findet hier in Hamburg auf großen Zuspruch. Ohne Verschnaufpause reiht sich ein Song, an den anderen. Dabei nimmt Frontmann Andrew Neufeld das erste Mal an diesem Abend die volle Bühne ein.

Comeback Kid

Comeback Kid
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Clarissa Placzek

Mit ausschweifenden Bewegungen entdeckt der Sänger den Bereich links und rechts hinter den stützenden Holzbalken, die die Bühne leider augenscheinlich auf ein kleineres Viereck reduzieren. Darüber hinaus erwischt man ihn immer wieder vorne an der Absperrung, wie er energisch den Gesang der Crowd einfängt. Dies gelingt ihm besonders bei „Somewhere, Somehow“, welches von seiner Seite mit einer überraschend klaren und melodischen Stimme angestimmt und im Weiteren von der Menge begleitet wurde. Als Dank wurde ein ergriffenes „This is beautiful“ von der Bühne hinab gesprochen.

Comeback Kid

Comeback Kid

Comeback Kid

Comeback Kid
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Clarissa Placzek

Die darauffolgenden Songs „All In A Year“ (ein persönliches Highlight), der „Battle Song on an Emo Show“ „Dead On The Fence“ und „Wasted Arrows“ sorgen für den Höhepunkt der Show. Geladene Breakdowns reißen die Mitte des Saals auseinander und es entsteht der erste größere Circle Pit des Abends.

Silverstein

Recht spät für einen Sonntagabend betreten um 21:40 Uhr die Headliner der Show die Bühne. Passend zum Artwork des 2020er Albums „A Beautiful Place To Drown“ werden Silverstein in ein violettes Licht getaucht, während sie mit „Infinite“ die Show eröffnen. Daran angeknüpft folgen mit „It’s Over“ die ersten Töne der aktuellen Platte „Misery Made Me“. Ein Einstieg, der ordentlich Tanzstoff bietet.

Silverstein

Silverstein

Silverstein

Silverstein

Silverstein

Silverstein

Silverstein
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Clarissa Placzek

Ein typischer Auftritt von Silverstein, ob Festival- oder Clubshow, kommt natürlich nicht ohne Klassiker aus. Ähnlich wie bei Senses Fail dürfen wir uns über reichlich Töne aus den Anfängen der Band freuen. Dabei wird aber trotz treuer Fanbase auf das sichere Pferd gesetzt und Publikumslieblinge wie „Smashed Into Pieces“ und „Your Sword Versus My Dagger“ angespielt.

Der Bewegungsdrang der Menge begrenzt sich selbst bei der Performance von „Die Alone“ mit Stimmungsmacher Andrew Neufeld auf den Bereich zwischen den ersten zwei Balken. Links, rechts und weiter hinten schwingt man lieber gemütlich zum Rhythmus den Kopf. Aber auch die Kombo um Shane Told begrenzt ihre Bewegungen auf die „vier Wände“ die die Bühne ihnen vorgibt. Unglücklicherweise wird Bassist Bill Hamilton immer wieder von dem rechten Holzbalken der Bühne verdeckt. Darüber scherzt selbst Frontmann Shane und versucht seinen Kollegen ins Rampenlicht zurückzuholen.

Silverstein

Silverstein

Silverstein
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Clarissa Placzek

Zwischen der üppigen Setlist hält Silverstein natürlich auch die ein oder andere Anekdote für die Hamburger Fans parat. So erfahren wir, dass die Kanadier ihre allererste Liveshow in Deutschland in der Hansestadt spielten. Darüber hinaus gestehen sie ihre Liebe für die „Christmas Markets“ – in allen möglichen Ausführungen.

Richtig familiäre Stimmung kommt trotz der sympathischen Ansagen nicht auf. Besonders deutlich wird dies, nachdem Silverstein mit „The Altar/Mary“ durch einen fesselnden Synth-Sound den ersten Teil ihrer Show beendeten. Beifall und ausdauernde Rufe nach „Zugabe“ hielten leider nicht lange an.

Silverstein

Silverstein

Silverstein

Silverstein
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Clarissa Placzek

Überraschendes Ende und Setlist

Das Ende des Abends wurde mit dem emotionalen „My Heroine“ eingeleitet, welches von der ganzen Halle aus tiefstem Herzen mitgesungen wurde. Ein erfreutes „Thank you, we missed this“ von Sänger Shane leitet den Abschluss „The Afterglow“ ein. Hier flammt noch einmal richtige Partystimmung auf.

Nach gut einer Stunde war der Auftritt von Silverstein beendet. Die Kanadier haben eine starke Setlist zum Besten gebracht, doch hätte ein wenig Vollgas von Seiten der Band und des Publikums der Gesamtstimmung nicht geschadet. Sogar auf die charakteristische Akustik-Session mussten wir an diesem Abend verzichten.

Überraschend: Trotz Headliner-Titel ließen sich Silverstein unmittelbar nach der Show für einen kleinen Plausch am Merch-Stand wiederfinden. Hier merkt man wieder, wie wichtig den Kanadiern ihre Bindung zu den Fans ist.

Die gesamte Setlist des Abends liest sich wie folgt:

1. Infinite
2. It’s Over
3. Smile in Your Sleep
4. Smashed Into Pieces
5. Bad Habits
6. Vices
7. Whiplash
8. Die Alone ft. Andrew Neufeld
9. Ultraviolet
10. Stand Amid The Roar
11. Broken Stars
12. Your Sword Versus My Dagger
13. Massachusetts
14. The Altar/Mary
15. My Heroine
16. The Afterglow

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