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MetalcorePop-PunkPost-Hardcore

Live bei: I Prevail & Dream State in Frankfurt (11.03.2020)

Ein vorübergehender Abschied.

VON AM 16/03/2020

Die Jungs von I Prevail ließen sich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich mit ihrer ersten vollwertigen Headliner-Tour bei uns in Europa blicken. Vergangenes Jahr gaben sie sich schon bei Rock am Ring und Rock im Park sowie bei einer Show in Berlin die Ehre; wer dabei war, wusste, worauf er sich auch diesmal freuen durfte.

Als die Band um die beiden Sänger Brian Burkheiser und Eric Vanlerberghe am vergangenen Mittwochabend die Bühne der restlos ausverkauften Frankfurter Batschkapp betrat, war ihr Plan, noch eine Weile auf unserem Kontinent zu bleiben. Doch bereits wenige Stunden später waren sie außerplanmäßig schon wieder auf dem Weg in ihre Heimat.

Schuld daran war – wie soll es auch anders sein? – das Coronavirus. Bereits am Mittwochabend deutete sich etwas an, was keiner der Anwesenden in dieser Art und Weise bisher erlebt hat. Einige Bundesländer reagierten auf die Ausbreitung des Virus und verhängten Veranstaltungsverbote ab 1.000 Besuchern. Nicht so Hessen.

Tatsächlich war es bis zum Nachmittag ein Bangen, ob das Konzert überhaupt stattfinden würde. Erleichterung, als die Nachricht von der Batschkapp kam, dass die Show wie geplant steigen würde. Ernüchterung einen Tag später. Auch Hessen verbietet Großveranstaltungen. Aus Gründen der Eindämmung der Pandemie. Die Gewissensbisse melden sich.

An den Tage darauf überschlugen sich die Ereignisse. Heute sind vielerorts nicht mal mehr Events mit mehr als 50 Personen erlaubt. Bundesländer rufen den Katastrophenfall aus. I Prevail sind wegen des Reisebanns von US-Präsident Donald Trump unmittelbar zurückgeflogen. Wieso ich das an dieser Stelle erwähne, wenn die Nachrichten sowieso vor Negativ-Neuigkeiten rund um das Virus strotzen? Weil die Entwicklungen nach dem Konzert dem Ganzen einen mehr als faden Beigeschmack verleihen. Aus heutiger Sicht hätte ich mich nicht in die ausverkaufte Batschkapp gestellt, während sich ein fieser kleiner Virus seinen Weg durch die Welt bahnt und das Leben vieler Menschen bedroht.

Versetze ich mich nun aber einige Tage zurück, freue ich mich zumindest für einige Stunden an diesem Abend wieder über eine geile Show. Und so versuche ich es auch für die folgenden Worte beizubehalten.

Dream State

Dream State

Dream State
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Sarah Soria-Galvarro

Als Support hatten I Prevail für ihre Tour Dream State aus Großbritannien dabei. Die Kombo veröffentlichte erst vor wenigen Monaten ihr Studioalbum „Primrose Path“. Das galt es nun während der Tour mit IP zu präsentieren; eine durchaus dankbare Aufgabe, wenn man bedenkt, dass nahezu alle Shows der Tour ausverkauft sind.

Die Band um Sängerin CJ Gilpin eröffnete ihr Set mit „Made Up Smile“ und „Hand In Hand“ – beides Songs der aktuellen Scheibe. Von Minute 1 an wirkte die Band präsent. Ein nettes Lichtspiel untermauerte die Show. Das war es leider mit dem Vibe auch irgendwie schon.

Dream State

Dream State

Dream State

Dream StateFotos im Auftrag von MoreCore.de: Sarah Soria-Galvarro

Musikalisch können alle Bandmitglieder wirklich einiges. Und auch die Songs aus dem Repertoire von aus dem Debütalbum und zwei EPs bietet eine ordentliche Bandbreite.

Zuweilen erinnern die Tracks an das alte „Zeug“ von Paramore. Natürlich NICHT nur des weiblichen Gesangs wegen. Dennoch will die Energie nicht ganz von der Bühne aufs Publikum überschwappen.

Daran scheinen sich Dream State aber nicht im Geringsten zu stören, im Gegenteil. Sie freuen sich über die (verhaltene) Resonanz und geben zehn Songs zum Besten.

Dream State

Dream State

Dream State

Dream StateFotos im Auftrag von MoreCore.de: Sarah Soria-Galvarro

Besonders gut funktionieren dabei die neuen Tracks der britischen Band. Vor allem die im Vorfeld ausgekoppelten Singles, wie „Twenty Letters“ oder „Primrose“, freuen sich über Singalongs aus dem Publikum.

Ab und zu sucht man verzweifelt Sängerin CJ. Wahlweise sitzt, liegt oder kniet sie auf der Bühne. Wieso eigentlich?! Egal – dem Gesang tut das nichts. Die Stimme der Musikerin hat Wiedererkennungswert und so auch der Sound.

Sicherlich haben Dream State einige Fans dazugewonnen. Denn auch wenn dem Ganzen irgendwie ein bisschen die Energie gefehlt hat, so gehört zu einer soliden Show mehr als nur das. Alles andere haben sie geliefert. Chapeau!

Dream State

Dream State

Dream State

Dream State

Dream StateFotos im Auftrag von MoreCore.de: Sarah Soria-Galvarro

I Prevail

Wollte man sich in der Umbaupause noch schnell etwas zu Trinken holen, so musste man dafür genug Zeit einplanen. Bereits zu Dream State war ein Großteil der Zuschauer gekommen. Der Rest verirrte sich dann in der knapp halbstündigen Pause in die Batsche. Hatte man sich dann also den Weg zur Bar oder zur Toilette gebahnt und war angesichts der Temperaturen schon wieder völlig verdurstet am Platz angekommen, so konnte man sich schon mal einen festen Stand suchen.

Denn bereits um kurz nach 21 Uhr ging das Licht wieder aus und I Prevail betraten die Bühne. Oder eher hüpften ein wenig hibbelig auf die Bühne. Irgendwie hatte man schon vor dem ersten Ton das Gefühl, die Jungs sind nicht ausgelastet. Mit dem Beginn des ersten Songs „Bow Down“ ließen sie ihrer Energie dann aber freien Lauf.

I Prevail

I Prevail

I Prevail

I PrevailFotos im Auftrag von MoreCore.de: Sarah Soria-Galvarro

Ach, hier ist also die Power, die Dream State ein bisschen gefehlt hat. Ist ja auch gemein von I Prevail, sich die zu klauen. Naja, wie dem auch sei. Kann aus dem Publikum sowieso keiner erzählen, dass er nicht wegen IP gekommen sei.

Gesagt, getan. Energie also gesammelt und rausgelassen. Nichts leichter für die fünf Jungs aus Michigan. Alle voran die beiden Sänger Brian und Eric lieferten da etwas ab, das seinesgleichen sucht. Neidlos muss man sowieso eingestehen, dass beide über eine Vocal-Range verfügen, die manch einen Sänger einer anderen Band völlig erblassen lassen.

I Prevail

I Prevail

I Prevail

I Prevail

I PrevailFotos im Auftrag von MoreCore.de: Sarah Soria-Galvarro

Es folgte mit „Gasoline“ der zweite Abriss innerhalb weniger Sekunden. Sowohl „Bow Down“ als auch dieser Track sind Teil des aktuellen Albums „Trauma“, das vergangenes Jahr auf den Markt kam. Nach „Lifelines“ von 2016 markiert die Scheibe den zweiten Longplayer von I Prevail.

I Prevail

I Prevail

I PrevailFotos im Auftrag von MoreCore.de: Sarah Soria-Galvarro

Aus „Lifelines“ gaben sie als dritten Song „Scars“ zum Besten. Insbesondere Brian Burkheiser (der im Übrigen auf einmal ungewohnt klotzig erscheint – geht er jetzt mit seinen Bandkollegen pumpen?) liefert hier eine Gesangsleistung par excellence.

Bei „Rise Above It“ übernahm Eric Vanlerberghe den Rap-Part, der eigentlich in der Record-Version Musiker Justin Stone eingeräumt wird. Mangels Anwesenheit übernimmt Eric und macht das gut! Da das aber auch nicht seine erste Rap-Einlage ist, wundert das niemanden.

Für „Stuck In Your Head“ nimmt Gitarrist Dylan Bowman die Lead-Vocals. Brian Burkheiser verabschiedet sich kurz von der Bühne. Vergangenes Jahr übernahm Bowman bei der US-Tour gänzlich den Klargesang, da Burkheiser sich einer OP an seinen Stimmbändern unterziehen musste. Eine kurze Hommage an diese Zeit und auch Bowmans Gesang kann sich mehr als sehen… äh hören lassen.

I Prevail

I Prevail

I Prevail

I PrevailFotos im Auftrag von MoreCore.de: Sarah Soria-Galvarro

Das Publikum feierte im Übrigen alles und jeden. Egal, welcher Song, egal, welcher Sänger, egal, welche Saite an welchem Instrument angeschlagen, gezupft oder welcher Drumstick auf welches Fell getrommelt wurde. Es wurde getanzt, es wurde gesungen, es wurde gelacht. Es. Wurde. Gefeiert. Ein bisschen wirkte es bereits jetzt wie ein kleiner Abschied von der uneingeschränkten Freiheit, die wir in Deutschland grundsätzlich genießen. Als wüsste insgeheim alle, dass am nächsten Tag alles anders ist.

Die Band lieferte in der Setlist hauptsächlich Songs des neuen Albums „Trauma“. Doch auch das Taylor Swift-Cover „Blank Space“ gaben sie zum Besten. Damit schafften sie noch vor Release des Debütalbums „Lifelines“ den Durchbruch. Die Band sagte, dass sie den Song in den USA schon gar nicht mehr spielten. In Europa ginge das aber noch – und das Publikum freute es.

I Prevail

I Prevail

I Prevail

I PrevailFotos im Auftrag von MoreCore.de: Sarah Soria-Galvarro

Nach „DOA“ und einer knappen Stunde Show und zwei Songs weniger als bei den vorherigen Shows (wenn man den Setlists Glauben schenken darf) verschwanden I Prevail erstmal von der Bühne. Überraschung, Überraschung – nach nicht mal zwei Minuten kam sie zurück.

Als Zugabe gab die Kombo noch „Breaking Down“ und den Absoluter-Abriss-Song „Come And Get It“ dar. Die Band gab nochmal Vollgas, das Publikum nochmal alles. Ein Circle Pit, der von einer Wand an die andere reichte drehte nochmal seine Kreise.

Und dann war es mit „Africa“ von Toto vorbei. Eine gute Stunde lieferten I Prevail nochmal alles und heizten den Zuschauern ein. Wer weiß – womöglich wussten auch sie bereits, dass ihre Tour ein verfrühtes Ende finden musste.

I Prevail

I Prevail

I Prevail

I Prevail

I PrevailFotos im Auftrag von MoreCore.de: Sarah Soria-Galvarro

Isoliert betrachtet war die Show einer der energetischsten On-Point-Aufritte, die ich je sehen durfte. Und da spricht NICHT allein das Fangirl. Die Band weiß einfach zu überzeugen. Hype hin oder her, alle Mitglieder haben musikalisch etwas drauf und die Musik trifft den Nerv der (Core-)Zeit.

Während ich hier sitze und diese Zeilen tippe in dem unglaublichen Wissen, dass die Staaten sich im Kampf gegen das Coronavirus immer mehr voneinander abkapseln – um gemeinsam getrennt voneinander die Pandemie einzudämmen – so erinnere mich gerne an den Abend zurück. Denn da ging es tatsächlich nur um das Eine: Spaß haben und zu guter Musik einer jungen, aufstrebenden Band zu feiern. Zum Schluss hieß es Abschied nehmen. Auf bald I Prevail, bis zur nächsten Tour und ohne, dass die Welt bis dahin durchdreht.

Beitragsfoto im Auftrag von MoreCore.de: Sarah Soria-Galvarro

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