Live
AlternativePost-HardcoreRock
Live bei: Heisskalt in Köln (27.11.2024)
Ein lang ersehntes Wiedersehen.
VON
Malin Jerome Weber
AM 04/12/2024
Artikel teilen:
Behalten Songs über die Zeit eigentlich ihre ursprüngliche Bedeutung? Heisskalt-Sänger Mathias Bloech teilt in einer kurzen Verschnaufpause des heutigen Konzertabends seine Gedanken zu diesem Thema mit. So hält er fest, dass große Teile ihrer Diskografie für ihn mental an ungeheuer dunklen Orten entstanden sind. Ganze acht Jahre, eine Pandemie und eine ausgedehnte Bandpause später betrachtet er viele ihrer Songs aber aus einem anderen Blickwinkel. So bezeichnet er das düstere “Absorber” als “Siegeshymne über die eigene Psyche”. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf fällt es schwer, die Tränen bei folgender Zeile zurückzuhalten: “Ich will da nie wieder hin, nie wieder hin, dieser Ort ist so trostlos.”
Dass es sich dabei um den einzigen Moment an diesem besonderen Abend handeln würde, an dem man von den eigenen Emotionen überrannt wird, wäre aber glatt gelogen. Nicht einmal ein Jahr ist es her, dass eine Rückkehr von Heisskalt noch in den Sternen stand. Die Band wurde von der Pandemie hart getroffen und sah sich gezwungen, ihre 2018 begonnene Auszeit noch auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Gitarrist Philipp Koch stieg sogar zwischenzeitlich aus, während Drummer Marius Bornmann mit Blackout Problems die Bühnen Europas unsicher machte. Kaum verwunderlich, dass sich das Trio ihre Geschichten “Vom Tun und Lassen” (VÖ: 24.01.2025) zum Thema ihres kommenden Albums gemacht haben.
Van Holzen
Vor dem Release gilt es aber noch, überhaupt ihre Rückkehr gebührend zu feiern und wie könnte man das besser als mit guten Freunden? Van Holzen könnten als Proberaummitbewohner und Instrumentenverleiher darüber hinaus sogar eins der wichtigsten Standbeine der Heisskalt-Infrastruktur sein. Die aus Ulm stammende Formation brillierte an diesem Abend mal wieder mit ihrem druckvollen Soundbild und ließ ihre 15-jährige Banderfahrung zu jeder Sekunde mühelos durchscheinen. Zu hören gab es hauptsächlich Songs ihrer Coronaplatte “Aus der Ferne” (2021), sowie einige ihrer letztjährigen Singles. Aber auch eine gehörige Gesichtsmassage mit ihrem Klassiker “Herr der Welt” durfte natürlich nicht fehlen.
Fotos: Emilia Spitale (unlostfilms)
Heisskalt
Die Ehrengäste des Abends wurden unter tosendem Applaus empfangen, während sich schon das bedrohliche Intro vom bissigen “Bürgerliche Herkunft” im Hintergrund anbahnte. Das war es dann aber auch gleich mit Songs aus ihrer verhalten empfangenen Platte “Idylle” (2018). “Nicht anders gewollt”, “Sonne über Wien” und “Nacht ein” setzten im Anschluss den Tonus für eine hauptsächlich von ihrem frühen Material geprägte Setlist. Dazwischen fanden aber natürlich auch ihre aktuellen Singles Platz, die vom Publikum mit ähnlicher Euphorie empfangen wurden. Spätestens beim brachialen “Mit Worten und Granaten” hätte man sich aber auch den ein oder anderen Pit sparen können, um sich ganz der musikalischen Intensität hinzugeben.
Fotos: Yasmin-Sara Ergen / Bright Grin (yasminsaraergen)
Das und einige schlecht getimte Zwischenrufe kann man der feierwütigen Crowd aber in jedem Fall verzeihen. Solche Kleinigkeiten konnten dieser über alle Maße beeindruckenden Show ohnehin keinen Abbruch tun. So wurden die 18 Songs mit einer geschmackvollen Lichtshow begleitet, die vor allem den sphärischen Momenten eine unglaubliche Mehrdimensionalität verpasste. Über dem sound- und bildgewaltigen Geschehen thronte die gute Laune der Band, die die Freude über ihre Rückkehr kaum deckeln konnten. Sänger Mathias Bloech nutzte viele seiner Ansagen, um auf liebevolle Weise ihren Wegbegleiter:innen zu danken, die ihnen ihre musikalische Reise trotz aller Schwierigkeiten möglich gemacht haben.
Fotos: Yasmin-Sara Ergen / Bright Grin (yasminsaraergen)
Zum Ende des regulären Sets sollte sich die Frage stellen, ob man überhaupt noch bereit für eine Zugabe sei. So gaben uns Heisskalt die Zeile “Offene Arme sind der gewaltigste Protest, den wir haben” als Leitsatz für die aktuellen Zeiten mit, bevor sie das Geschehen mit dem dazugehörigen “Gipfelkreuz” auf den emotionalen Höhepunkt trieben. Und trotzdem gab es im Anschluss noch “Hallo”, “Alles gut” und “Das bleibt hier” auf die Ohren. Van Holzen-Frontmann Florian Kiesling gab sich zum Abschluss noch die Ehre an der Gitarre während sich Bloech in die Crowd begab, um die letzten Momente dieses verschwitzten Abends in der Kölner Kantine voll und ganz auszukosten. “Das bleibt hier in meiner Brust.” Das wird es mit absoluter Sicherheit.
Beitragsbild: Yasmin-Sara Ergen / Bright Grin (yasminsaraergen)
More
Latest News
Live-Dates
Feature
Latest