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Kritik: Long Distance Calling – „Boundless“

Ich muss gestehen, dass ich seit jeher meine Probleme habe, wenn es um Bands aus deutschen Landen geht. Bis auf ...

VON AM 23/01/2018

Ich muss gestehen, dass ich seit jeher meine Probleme habe, wenn es um Bands aus deutschen Landen geht. Bis auf wenige Ausnahmen beschleicht mich beim Hören oftmals ein diffuses Gefühl des Provinziellen, Angestaubten, kurzum: Zweitklassigen. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – habe ich mir zum Rezensieren das neue Album der Münsteraner Post-Rock-Combo Long Distance Calling ausgesucht – Vorurteilsabbau durch Konfrontationstherapie sozusagen. Und tatsächlich wird mein Schubladendenken schon beim ersten Durchlauf von „Boundless“ auf eine harte Probe gestellt.


Long Distance Calling legen direkt gut los!

Der Opener „Out There“ beginnt äußerst druckvoll. Über stakkatoartige Drums legt sich bald ein an Tool gemahnendes Gitarrenriff, das im Laufe des Neunminüters immer wieder leitmotivisch aufgegriffen und variiert wird. Insgesamt entwickelt der Song durch das gleichberechtigte Nebeneinander von lauten und leisen Passagen sowie zahlreiche Rhythmus- und Tempiwechsel eine geradezu soghafte Dynamik.

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„Ascending“ legt im Vergleich zum ersten Track des Albums einen etwas höheren Härtegrad an den Tag. Zwar gibt es auch hier durchaus Raum für ruhige Elemente und erinnerungswürdige Melodien, alles in allem transportiert der Song aber eine angenehm düstere Atmosphäre.



Die ersten beiden Titel machen bereits klar, dass die Entscheidung der Band, auf ihrem nunmehr sechsten Werk zu ihren Wurzeln zurückzukehren und ein rein instrumentales Album ohne Gastbeiträge aufzunehmen, die richtige war. „Boundless“ filtert die Essenz des Schaffens einer Gruppe, deren Mitglieder ihre Instrumente virtuos beherrschen. Hier ist keinerlei zusätzliches Beiwerk vonnöten, um den Hörer auf eine musikalische Reise zu schicken.

Das neue Werk von Long Distance Calling macht keine Kompromisse

Im Falle von „In The Clouds“ beginnt der Trip mit sphärischen Elektroklängen, die bald von Gitarrenspiel à la David Gilmour abgelöst werden, bevor sich die Band im weiteren Verlauf wieder in „toolsche“ Fahrwasser begibt. „Like A River“ hingegen bildet einen Ruhepol im Albumverlauf. Vergleichsweise monoton und stetig fließt der Track dahin und lässt vor dem geistigen Auge tatsächlich Bilder eines mächtigen Stromes entstehen. Nach diesem Zwischenspiel geht es wieder in die Vollen. „The Far Side“ besticht durch düsterne Heaviness und progressive Synthieflächen, während „On The Verge“ nach getragenem, von Pianoklängen dominiertem Beginn in eine orchestrale, soundtrackhafte Klimax mündet.



„Weightless“, der vorletzte Song des Albums, erinnert zunächst erneut an Pink Floyd, nimmt jedoch einige überraschende Wendungen und driftet kurzzeitig sogar in beinahe djentartige Gefilde ab. Zum Abschluss ziehen Long Distance Calling in „Skydivers“ noch einmal alle Register ihres Könnens. Der Track ist atmosphärisch dicht, heavy und gerade gegen Ende ein absolut höllischer Ritt. Was soll ich sagen? „Boundless“ ist nicht provinziell, nicht angestaubt und erst recht nicht zweitklassig. Im Gegenteil: Es ist großes musikalisches Kino.

Wertung: 8/10

Band: Long Distance Calling
Album: Boundless
Release: 02.02.2018

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