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Live bei: PIERCE THE VEIL in Hamburg!

An einen gemütlichen Sonntagabend bei ungemütlichen Minustemperaturen machten sich Hamburgs Konzertgängerinnen und –gänger auf den Weg ins Grünspan, um den ...

VON AM 19/11/2016

An einen gemütlichen Sonntagabend bei ungemütlichen Minustemperaturen machten sich Hamburgs Konzertgängerinnen und –gänger auf den Weg ins Grünspan, um den Tag mit PIERCE THE VEIL, LETLIVE. und CREEPER ausklingen zu lassen. Eingeleitet wurde durch soliden Punk Rock der Southhamptoner Band CREEPER. Die Gewinner des Kerrang! Award („Best British Newcomer“) machen melodischen und manchmal auch melancholischen Punk und heben sich vor allem durch ihre, dem Gothic entnommene, Selbstdarstellung von der grauen Masse anderer Bands des Genres ab. Ende des Jahres erscheint ihr Debütalbum – im Hamburger Grünspan schienen sie bereits jetzt schon gut bekannt. Nach einer guten halben Stunde verließ das Sextett die Bühne unter lautem Applaus.

Als nächstes spielten LETLIVE. Die Kalifornier um den Leadsänger Jason Butler sind bekannt für ihren experimentellen Post-Hardcore und zeichnen sich insbesondere durch Jasons Stimme aus, die von cleanen, fast bluesigem Gesang bis hin zu hohen Screams reicht. Musikalisch prägen LETLIVE. Stilbrüche, ausgefallene Songstrukturen sowie vielfältige Einflüsse verschiedener Genres. Pünktlich um Viertel vor neun machte die Band mit „Renegade 86“ von ihrem Album Fake History den Auftakt. Wer LETLIVE. an diesem Abend zum ersten Mal live gesehen hat, wird sich wahrscheinlich aufgrund der Agilität des Leadsängers Jason gleichermaßen irritiert wie beeindruckt gezeigt haben. Von der ersten Sekunde an rannte und sprang er von der einen Seite der Bühne zur nächsten, warf sein Mikro herum, übergoss sich mit Wasser und spuckte dieses nachher in die Menge. Beeindruckend, wie der Frontmann das ganze Set über damit beschäftigt war, möglichst ausgefallen seine Energie rauszulassen, seine Gesangsqualität dabei aber nicht auf der Strecke blieb.

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So warf er sich bereits beim zweiten Song zum Stagediven in die Menge, lief nachfolgend eine Runde im Publikum, um daraufhin die Balustrade im zweiten Stockwerk des Grünspans zu entdecken. Dort sang er gelassen weiter, während er an der Außenseite des Geländers hing. Das Publikum erschien zeitweise in Schockstarre angesichts der Möglichkeit, den Leadsänger über sich auffangen zu müssen, erwachte zum Ende des Sets jedoch und zeigte Einsatz beim Singen einiger ruhiger Parts, die sich vor allem in Songs ihres aktuellen Albums „If I’m the Devil…“ wiederfinden. Das Set umfasste eine ausgeglichene Mischung aus ihren letzten drei Alben und schloss mit einer der bekanntesten LETLIVE. Songs „Muther“, bei dem sich ein großer Teil des Publikums als textsicher erwies, sowie „Good Mourning, America“. Dabei blieb das, in diesen Tagen obligatorische, „Fuck You!“ an US-Präsidenten Donald Trump nicht aus. Nach dieser energetischen Performance lag es an PIERCE THE VEIL, daran nahtlos anzuknüpfen.

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PIERCE THE VEIL betraten unter tosendem Geschrei um Punkt 21 Uhr die Bühne. Handbeschriftete Pappschilder und Handykameras wurden gezückt und das vornehmlich junge und weibliche Publikum in den ersten Reihen winkte der Vierer-Kombo aus San Diego aufgeregt zu. Anfang des Jahres veröffentlichten die Jungs ihr viertes Studioalbum, nachdem sie ihre Fans vier lange Jahre auf neues Material warten ließen. Mit „Dive In“ begannen sie ihr Set sogleich mit dem ersten Song des neuen Albums „Misadventures“. Es folgte einer ihrer bekanntesten Songs „Caraphernelia“ sowie CO2- und Konfettikanonen, die es leuchtend rot von der Decke regnen ließen. Die Stimmung im gut gefüllten Grünspan war ausgelassen, die ersten Reihen drängten sich dicht an dicht, es wurde im Gleichtakt gehüpft und mitgesungen sowie einige Freudentränen vergossen. PIERCE THE VEIL zeigten sich auf der Bühne deutlich ruhiger als der LETLIVE. Sänger, veranlassten jedoch als Headliner des Abends deutlich mehr Aktion im Publikum. Ein besonderes Highlight für PIERCE THE VEIL-Fans stellte auch an diesem Abend der Song „Bulletproof Love“ dar: Leadsänger und Gitarist Vic Fuentes bat um Meldungen, wer ihm bei dem Lied auf der Bühne aushelfen wolle. Dutzende Hände schnellten in die Höhe und Vic wählte eine junge Frau, Lisa, mit auffallenden pinken Haaren, aus. Emotional sichtlich berührt ließ sie sich auf die Bühne helfen, wo sie auf einem Stuhl Platz nahm und von Vic besungen wurde. Euphorisch sang Lisa ihm die Textzeilen entgegen, während er Augenkontakt mit ihr hielt und seine Aufmerksamkeit und Gestik alleine auf sie konzentrierte. Intime Momente wie diese nähren die enge Verbindung der Band mit ihren Fans. Während des gesamten Auftritts bemühten sich die Bandmitglieder immer wieder um Blickkontakt mit Personen in den ersten Reihen und griffen in ihren Lyrics Themen des unmittelbaren Alltags junger Menschen auf.

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Der Leadsänger und Texter schreibt über unerwiderte Liebe, Trennungsschmerz, die Frage was man mit seinem Leben anfangen soll, aber auch über die bedrückende Thematik des Teenager-Suizids. Dass PIERCE THE VEIL nicht vor schwierigen Themen zurück schrecken und dabei ihren Hörern positive Botschaften und Erlebnisse servieren wollen, wirkt auch live authentisch: Sie präsentierten sich auf der Bühne ohne große Showeinlage, strahlten in klassischer Pop-Punk-Attitude fröhlich vor sich hin und schwangen ausgelassen bunt beklebte Gitarren herum. Belohnt wurde die Band hierfür in Hamburg mit Schildern wie „Your music is my medicine“ und Liebesbekundungen, die sich vielmals an Vic Fuentes richteten. Sein umgekehrtes Baseballcap auf lockigen langen Haaren zusammen mit großen dunklen Augen ähnlich den eines Hundewelpen ließen den 33-Jährigen um einiges jünger wirken und als Projektionsfläche für Teenagerträume dienen, die zeitweise verbalisiert zur Bühne hinauf gerufen worden.

Musikalisch gaben PIERCE THE VEIL eine ausgewogene Mischung ihrer drei letzten Studioalben zum Besten. Das Set umfasste sowohl den Akustik-Track „Kissing in Cars“ wie auch härtere Songs vom Album „Collide With The Sky“. Die Setlist spiegelte damit die musikalische Mischung der Band wieder: Harte und softe bzw. schnelle und langsame Parts im Wechsel, dazu immer wieder eingängige Hooks, die beim zweiten Hören bereits im Ohr bleiben. Insgesamt fehlte dem Set ein wenig der Spannungsbogen, zu oft nahmen kurze Ansprachen oder langsamere Songs das Tempo aus der zügigen Fahrt durch individuelle Riffs, ausdrucksstarken – wenn auch teils quietschig hohen – Cleangesang und anständige Screams. Jedoch ist die Musik von PIERCE THE VEIL gleichsam außergewöhnlich wie leicht zugänglich, sodass an diesem Abend auch Konzertbesucher, die noch nicht viel von den Kaliforniern gehört hatten, schnell mitgerissen werden konnten. Die Band um die Fuentes Brüder lebt von ihrer positiven Ausstrahlung, einer aufregenden Untermalung durch ihre Lichtshow, Nebelfontänen und Konfettikanonen sowie ihrer Fannähe. Eine positive Stimmung wie am 13. November in Hamburg ist ihren Konzerten gewiss.

Ein Artikel von: Lisa Wittig

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