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Kritik: Dream Theater machen auf „Distance Over Time“ eigentlich keine Fehler

Immer wenn ich eine neue Dream Theater-Scheibe in den Händen halte, freue ich mich wie ein kleines Kind auf die ...

VON AM 19/02/2019

Immer wenn ich eine neue Dream Theater-Scheibe in den Händen halte, freue ich mich wie ein kleines Kind auf die Achterbahn. Mal geht’s rund, hier und da gibt es einen Looping, dann wiederum eine Passage, an der man leicht über die Reling kötzelt und dann auch die schönen Momente, in denen man die Aussicht genießt. Vielleicht habe ich auch einfach eine viel zu romantische Vorstellung von Achterbahnen… wer weiß.

Beim letzten Album hatte ich jedenfalls das Gefühl, dass mir irgendjemand bei der Fahrt die ganze Zeit Bretter ins Gesicht gehauen hat, leider Gottes. Vielleicht war auch da meine Wahrnehmung etwas getrübt, aber in meinen Augen ein handelt es sich hier um ein absolut vernachlässigbares Album. Und das hier? Das hatte mich bereits mit der ersten Single-Auskopplung “Untethered Angel” ziemlich gepackt. Noch gar nix davon gehört? Dann solltet ihr hier mal reinschnuppern.

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Auch die nächsten zwei Songs, “Paralyzed” und “Fall Into The Light”, machen da weiter, wo der erste Song aufhört, zeigen aber die neue “Entwicklungsstufe” im Dream Theater-Universum. Schnelle Riffs, komplexe Songstrukturen und doch immer wieder neue Teile und Stile, die die alten Fans mitreißen und neue gewinnen (sollten). Für mich ist bei Dream Theater endlich wieder eine Einheit zu spüren.

Auffällig an diesem Album ist die technische Finesse, die sich immer wieder mit absolut breiten, einem Choral ähnelden Refrains und Strophen abwechseln und so ein, für mich, volles, mächtiges und klassisches Bild des Progressive Metals bieten. Das “Zusammenleben” der Band in einer Hütte spiegelt sich für mich absolut in diesem Album wider, es klingt endlich wieder “voll” und absolut stimmig beziehungsweise nicht gezwungen progressiv.

Track vier des Albums, “Barstool Warrior”, überzeugt mit einem breiten, theatralischen Teppich, der hauptsächlich vom Synthie von Jordan Rudess kommt, aber trotzdem nicht überladen wirkt. Auch die Gitarrensoli von Petrucci schmiegen sich wieder an den Hörer, ohne komplett schmalzig zu werden, wie zB. Bei Arch Enemy. Hier merkt man dann doch den Unterschied (jedenfalls für mich) von langjähriger Erfahrung. Es klingt einfach schön!

Auch der Song “Room 137” hat eine sehr klassisch “progressive” Herangehensweise; die Gitarrenriffs sind sehr rocky angehaucht und sind schon fast untypisch, passen aber wunderbar in das “neue” Bild von Dream Theater.

“S2N” beginnt mit einem…Bass Solo! Ja, Sie haben richtig gelesen meine Damen und Heren, John Myung steigt in den Vordergrund! Für Nicht-Kenner der Band, beim Asiaten der Band ist es schon allein ein Running-Gag, dass er überhaupt sprechen kann, er wirkt sonst sehr zurückhaltend. Auch bei den hier vorliegenden Refrain(s) bin ich wieder begeistert: die Kombo schafft es endlich wieder, schöne Hymnen zu spielen. Gerade bei diesem Song bin ich wirklich gespannt darauf, ihn Live sehen und hören zu können!

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“At Wit’s End” wechselt von, ich zitiere, “sharp shredding”, zu einem ruhigen Groove, der einen aber trotzdem irgendwie nervös macht. Ist das so gewollt? Und ob! Der Song behandelt die Nachwirkungen von Missbrauch und soll sich auch so anfühlen! LaBrie dazu: “Wenn Frauen misshandelt worden sind, kann es dazu kommen, dass sie unter PTBS leiden. Sie können sich selber nicht mehr als dieselbe Person wahrnehmen, denn trotz aller Versuche und Gedanken sind sie es einfach nicht mehr; viele Probleme in Beziehungen sind dadurch entstanden. Für viele Paare ist es unmöglich, das zu überwinden und die Beziehung zerbricht. Im Song ist eine Frau am Ende ihrer Nerven, weiß nicht mehr weiter und ihr Mann versichert ihr, dass sie es schaffen können.”

“Pale Blue Dot” handelt dabei, wie könnte es anders sein, von unserem Planeten, bzw von Carl Sagans Abhandlungen dieser. Gipfelt sich das Album hier? Auf jeden Fall! Die Gitarren- und Bassarbeit, das Drummen und der Gesang passieren absolut perfekt zusammen und… ja. Was soll ich noch groß dazu sagen?

“Viper King” ist… ja was zur Hölle ist hier auf einmal passiert? Das Gefühl, dass sich die Jungs auf einmal alle auf Motorräder geschwungen haben und einfach mal drauflosrotzen wollten, ist unverkennlich. Ist das schlimm oder schlecht? Auch hier kann ich es nicht verneinen. Dream Theater zeigt sich auf diesem Album so versatil wie schon lange nicht mehr, ohne einen roten Faden zu verlieren. Für alte Fans wie mich macht es einfach Spaß, sich mit dem Werk hinzusetzen und sich mitnehmen zu lassen.

Fazit:

Dream Theater schafft es, alte Strukturen aufblitzen zu lassen, ihren Stil nicht zu verlassen und doch sich komplett im neuen Anstrich zu zeigen. Endlich sind für mich die Zeiten vorbei, Mike Mangini als “No. 2” hinter Portnoy zu sehen, sondern sein musikalisches Schaffen in… nein. Er ist endlich ein Teil von DT und nicht nur der “neue” Drummer. Ein fast komplett rundes Album, dass mit “Distance Over Time” das spiegelt, was die Band wahrlich hinter sich hat: Eine Lange Zeit, in der sie viel erlebt und geschafft haben! Chapeau!

Wertung: 9.5/10

Band: Dream Theater
Album: Distance Over Time
Veröffentlichung: 22.02.2019

Offizielle Website der Band

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