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Chester Bennington: Unsere Redaktion verabschiedet sich persönlich

Liebe Leser und Leserinnen, uns als MoreCore-Team hat der Tod von Chester Bennington schwer erschüttert und einige von uns haben ...

VON AM 21/07/2017

Liebe Leser und Leserinnen, uns als MoreCore-Team hat der Tod von Chester Bennington schwer erschüttert und einige von uns haben sich die Zeit genommen, ein wenig zur Band und ihren Gefühlen zu schreiben. Bitte versteht, dass es hier um die einzelnen Gedanken unseres Teams geht und das bei 10 Texten eine Menge ist. Wir wünschen Chesters Umfeld ganz viel Kraft, dieses tragische Ereignis zu verarbeiten.

Solltest du selbst das Gefühl haben, dass du dich in einer belastenden Situation befindest, dann kontaktiere bitte umgehend die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhältst du anonym Hilfe von Beratern, die mit dir Auswege aus schwierigen Situationen finden und eine tolle Stütze sein können. Danke, dass du es versuchst!

Chris

Während er diese Zeilen tippt, sitzt ein fast 30-jähriger Mann auf seinem Stuhl und kämpft gegen die Tränen an. Nur, um dann doch zu weinen. Und das nicht zu knapp. In seiner frühen Jugend musste er Hänseleien ertragen, blieb lieber allein für sich, suchte aber verzweifelt nach jemanden, der ihn wirklich versteht. Zumindest musikalisch fand der damals 12-jährige endlich Erlösung. In einer neuen Band namens LINKIN PARK, die gerade gefühlt überall aus den Lautsprechern dröhnte. Dieses Kind war ich.

Ich habe damals aufgrund meines jungen Alters freilich kaum ein Wort verstanden, von dem was die Band und vor allem Chester Bennington da so von sich gab. Und dann irgendwie doch. Die Emotionen und den Frust, aber auch die positive Energie, die LINKIN PARK seit Tag eins verarbeiteten, waren für mich seit jeher als Universalsprache zu verstehen. Ob man dato nun fließend Englisch konnte oder nicht – man verstand, worum es in den Songs ging. Welche persönliche Tragweite die Musik auch für die Bandmitglieder selbst hatte und auch bis heute hat.

Über die tragischen Umstände von Chesters Tod möchte ich derweil keine weiteren Worte verlieren. Das tun andere sicherlich besser als ich. Ich möchte nur noch eins sagen: Wir sind verantwortlich für unser gegenseitiges Wohlergehen. Statt irgendwo in der Ecke des Raumes zu stehen und mit dem Finger auf andere zu zeigen und sich über Oberflächlichkeiten lustig zu machen, sollte man mehr aufeinander zugehen. Mit einem Lächeln. Und der Frage wie es dem Gegenüber geht. Und dass er nicht alleine mit seinen Gefühlen ist. Niemand sollte das sein.

„I wanna run away
Never say goodbye
I wanna know the truth
Instead of wondering why
I wanna know the answers
No more lies
I wanna shut the door
And open up my mind“

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Jonas

„Crawling in my skin
These wounds they will not heal
Fear is how I fall
Confusing what is real“

Wenn es einen LINKIN PARK-Song gibt, der mir als erstes in den Kopf schießt, dann ist es wohl dieser. Es ist das Jahr 2001, ich vierzehn Jahre alt und mit meinem besten Freund in seinem Zimmer sitzend. Wir hören “Hybrid Theory”. Eines der Alben, die mich zur “härteren” Musik geführt hat. Damals wie heute ist es vor allem das Intro des Songs, welches mich so sehr fasziniert. Diese mysteriösen Klänge, die man nicht so ganz zuordnen kann, dann diese vertraute Melodie und dann die für mich damals unabdingbare Härte, die mich wohlwollend und zufrieden zurücklässt. Selten hat mich ein Song von Beginn an so sehr gepackt und mich mit seinem Gesang, der so viel Emotionen hergibt, bewegt.

Heute ist es noch immer so, außer dass ich die Band lange Zeit nicht mehr verfolgt habe. Ok, die Radiohits waren bei mir immer präsent, nach Meteora habe ich LINKIN PARK aber auch irgendwie aus den Augen verloren. Geblieben sind sie trotzdem, die Songs von damals! Songs, die einen durch die eigene Jugend begleitet haben, durch die pubertären Krisen geführt, den Liebeskummer weggeblasen und auf Partys der Soundtrack zu den ersten Erfahrungen mit Alkohol und Mädchen waren.Ja, diese Songs, diese Band sind Teil meiner ganz persönlichen Vita und werden es auch immer sein.

Gestern verstarb Chester Bennington. Normalerweise packen mich solche Nachrichten emotional nicht so sehr, doch dieses Mal musste ich mich selbst einer neuen Situation stellen. Einer Situation voller Betroffenheit, voller Mitgefühl. Gefühlt ist ein Teil, und sei es “nur” ein musikalischer, von mir gegangen. Ich bin fassungslos und liege noch in der Nacht eine Zeit wach und denke nach. Über Chester, seine Musik, seine Familie, seine Bandkollegen und Freunde. Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, hängt ein dicker Kloß in meinem Hals.

Lieber Chester,

du hast dich im Laufe deiner Karriere, zusammen mit deiner Band, stark verändert, dich immer wieder neu entdeckt und warst nie scheu davor, neue Wege zu gehen. Das ist gut so und diese Wege haben uns alle bereichert! Für mich hast du Lieder mitgeschaffen, die ich auf ewig mit besonderen Momenten und Gefühlen verbinden werde.

Danke dafür! Ruhe in Frieden…

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Karo

Als am Donnerstagnachmittag alle Social Media-Plattformen mit der Nachricht von Chesters Tod überschwemmt wurden, hielt ich dies für einen dieser schlechten Scherze, die das Internet dieser Tage hervorbringt. Spätestens seit dem Kurswechsel der Band zur extremst populären Musik, den Titelmusiken für die Transformers-Filme und der für meine Empfindung nur noch kommerzorientierten Produktion von Musik, hatte ich die Band freiwillig aus den Augen verloren. Das Produkt LINKIN PARK war nach dem recht schwachen letzten Album, mit der Nachricht von Chesters Tod plötzlich in aller Munde. Geglaubt habe ich der Internetgemeinde kein Wort.

Aber leider lag ich falsch.

Der Sänger der Helden meiner Jugend, die mir in den 2000er Jahren den Zugang zur Musik der härteren Gangart bereitet haben, ist tot. Und so wurde aus einer Wut über einen schlechten Scherz eine Mischung aus Trauer und Fassungslosigkeit. Egal was sie in den letzten 10 Jahren so fabriziert haben.

Noch vor knapp drei Jahren hatte ich die Band in der Kölner Arena gesehen. Damals galt meine Anwesenheit im Publikum aber schon nicht mehr dem Dasein eines LINKIN PARK-Fans wie der 14-jährigen Emo-Karo. Vielmehr habe ich die Vorband abgefeiert. Dennoch, als ältere Songs wie „Crawling“ oder „Numb“ gespielt wurden, war ich plötzlich wieder der Teenager mit den schwarzen-pinken Haaren, den Snakebites und den unlösbaren Problemen in meinem Leben, der sich in der Musik und den Lyrics der Band wiederfand. Und bis heute findet.

Trotz der Abwege die LINKIN PARK im letzten Jahrzehnt bestritten haben, für mich bleibt ein Teil von Ihnen immer die Nu-Metal Band die mich geprägt hat wie keine andere. Und ein wichtiger Teil davon ist gestern gestorben.

Mit Chesters Tod bleiben viele Fragen offen… allen voran die Frage nach dem Warum. Was treibt einen Menschen soweit, dass es für sich keinen anderen Ausweg mehr sieht als den Tod? Wie verzweifelt muss er gewesen sein? Fragen die nur er selbst hätte beantworten können und die wohl für immer offen bleiben werden.

Chester hinterlässt eine geschockte Fangemeinde; das sollte uns dazu anregen, darüber nachzudenken, dass die Depression eine ernstzunehmende Krankheit ist, die leider viel zu oft von unserer Gesellschaft unter den Teppich gekehrt wird. Und so grausam dies nun vielleicht klingen mag, vielleicht sensibilisiert sein Tod wenigstens einige, nicht selbst betroffene Menschen für die Tatsache, dass es manchmal Situationen, Gefühle und Ereignisse im Leben gibt, die man nicht so einfach verarbeiten kann und dass es okay ist, sich Hilfe zu suchen.

„Wie macht man weiter, wenn man tief im Herzen zu verstehen beginnt, dass man nicht mehr zurück kann? Manche Dinge kann auch die Zeit nicht heilen, manchen Schmerz, der zu tief sitzt und einen fest umklammert.“ – J.R.R. Tolkien

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Julia S.

Ich bin ehrlich. Ich war nie ein großer LINKIN PARK Fan oder Hörer. Nichtsdestotrotz weiß ich diese Band zu schätzen, weiß, was sie für einen enormen Einfluss auf andere Musiker haben und dass sie viele meiner Freunde geprägt haben, sie durch ihren Stil zur härteren Musik gebracht haben. Das habe ich alleine an meinem Instagram-Feed gestern Abend, nach Chesters Tod, der auch mich getroffen hat, gesehen: Jeder Musiker, jede Band, jeder Fotograf, jedes Magazin, jeder Fan…sie alle haben ein Foto von ihm gepostet mit Worten, die aus den Tiefen aller Herzen kommen und einem Gänsehaut bereiten. Es zeigt mir auch wieder einmal, wie klein und familiär doch diese große Musikwelt ist.

LINKIN PARK sind für mich aber auch eine Band, die für jeden von uns etwas im Repertoire hat, sei es härter, softer oder ein gesundes Mittelding. Selbst meine Mutter, die um Himmels Willen niemals mit mir auf ein Rock oder gar Metal Konzert gehen würde, singt die LP-Lieder im Radio mit. Daher gibt es auch für mich ein paar Tracks, die ich wirklich feier.

Spontan würde ich “Bleed It Out” zu meinem Favoriten ernennen. Ich mag es total, wie sich der Song langsam aufbaut und immer weiter an Energie gewinnt, bis hin zum völligen Ausraster. Dieser Text bekommt eine so unglaubliche Kraft und ist im Kontext mit Chesters’ Tod natürlich nochmal viel, viel heftiger. Trotzdem: Auf jeder Rockparty funktioniert dieses Teil, die Leute klatschen und gröhlen die Lyrics mit und headbangen und pogen was das Zeug hält.

Mit Sicherheit wird sich das in Zukunft nicht ändern, im Gegenteil. Die Leute werden diesen und alle anderen LP-Songs, die in den Clubs gespielt werden noch mehr feiern, als sowieso schon.

Ein großartiger Musiker verlässt uns freiwillig. Er selbst und was er und seine Kumpanen geschaffen haben, werden ewig in unseren Herzen weiterleben.

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Sascha G.

Ich weiß gar nicht, wie ich hier anfangen soll. Denn ehrlich gesagt habe ich keinerlei Bezug zu LINKIN PARK. Sie haben mich weder beeinflusst, noch in den “Metal geführt” und auch nicht mein Leben gerettet. Zudem finde ich, dass die Jungs nach “Meteora” kein gutes Album mehr produziert haben. “Minutes To Midnight” hatte zwar zwei bis drei Songs, die ganz okay waren, aber das war es dann auch schon. Die ersten beiden Alben waren dafür echt gut.

Also weshalb schreibe ich hier überhaupt, wenn ich sowieso nichts produktives zum Thema beitragen kann? Ganz einfach: Weil Chester Bennington genau das, was er für mich nicht war, für viele andere war. Ein Vorbild; ein Anker an dessen Texten man sich festhalten konnte. Texte von Liedern, die einem wieder Mut gegeben haben, wenn man mal nicht weiter konnte. Oder Lieder, die einem halfen wieder runter zu kommen, wenn die Hutschnur kurz vorm Reissen war. Musik kann einem durch den Alltag und das Leben helfen.

Jetzt ist Chester nicht mehr da. Und das ist wirklich schlimm, weil es immer schlimm ist, wenn ein Mensch beschließt, sich das Leben zu nehmen. Aber seine Musik bleibt. Und daran sollten wir festhalten. Jeder einzelne von uns.

Lisa

Als LINKIN PARKs erstes Album ‚Hybrid Theory’ erschien, war ich noch unglaublich jung und gerade in dem Alter, in dem ich anfing, mir CDs vom ersparten Taschengeld zu kaufen. Ganz frisch in der Pubertät hatte sich bereits viel Wut und Schmerz in mir aufgestaut und – endlich – hatte ich in LINKIN PARKs Texten, Chesters verzweifelten Schreien und den schnellen und aggressiven Sound der Band einen Spiegel für diese Gefühle gefunden. Ich konnte mich mit der Band identifizieren, hing Poster in meinem Zimmer auf und in meinem portablen CD-Player steckte durchgehend diese eine Platte. `A Place For My Head` ist immer noch mein Lieblingssong. Die Passage, in der Chester erst anfängt leise “Go away, you try to take the best of me” zu flüstern und dann mit dem Wiedereinsetzen der Instrumente anfängt, dieselbe Zeile zu schreien, verpasst mir auch heute noch einen ordentlichen Energieschub. Live in Texas war auch die erste Konzert-DVD, die ich besaß. Die Show vereint das Beste ihrer ersten beiden Alben und ist so emotional wie auch energiegeladen, dass ich mir diesen Zusammenschnitt immer noch gerne anhöre.

Mit den Jahren nach der Veröffentlichung ihres ersten Albums entfernte ich mich immer weiter von der Band, weil wir unterschiedliche musikalische Wege einschlugen. Linkin Park öffnete für mich die Tür zu einer Musikszene, in der Schreien ein eloquentes Ausdrucksmittel ist und laute Töne nicht als Krach gelten – dafür bin ich unendlich dankbar.

Die Nachricht von Chesters Tod berührt mich sehr. Der Gedanke, dass Chester die Verzweiflung seiner frühen Texte wohl nie losließ, bedrückt mich enorm. Für alle, die unter Depression und Kindheitstrauma leiden, hoffe ich, dass sie den Mut finden, Hilfe anzunehmen und in eine positive Zukunft zu vertrauen.

“I want to be in another place
I hate when you say you don’t understand
(You’ll see it’s not meant to be)
I want to be in the energy, not with the enemy
A place for my head”

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Maik

Als LINKIN PARK Anfang der 00er den Grundstein dafür legten, dass viele meiner/ unserer Generation den Weg zu härterer Musik fanden, war ich gerade mal elf Jahre alt. “One Step Closer” lief damals in Dauerschleife bei MTV und Co. und so war auch ich sehr schnell von dieser neuen Band begeistert, die mich wie die Kollegen PAPA ROACH, KORN, SYSTEM OF A DOWN und LIMP BIZKIT nicht mehr losließ.

“Hybrid Theory” zählt bis heute zu meinen Lieblingsalben und begleitete mich damals im Discman auf Klassenfahrt und später durch die eine oder andere schwierige Phase. “Papercut”, “A Place For My Head”, “With You”, “Runaway”…

Es gibt kaum eine andere Platte, die ich so von vorne bis hinten auswendig mitsingen kann wie diese und zu kaum einer anderen verbinde ich so viele Geschichten.

Mit “Meteora” folgte ein weiteres sehr gutes Album, was mit “Numb” möglicherweise die bis heute beste Single enthält und Linkin Park auf die ganz großen Bühnen brachte. Danach verloren mich LINKIN PARK, was wohl auch daran lag, dass ich mich zu der Zeit musikalisch in anderen Ecken bewegte und LP für mich nicht mehr an diese Intensität heran kamen, die ich noch in den ersten Jahren spürte.

Dass sie live ein Brett waren, davon konnte ich mich leider erst sehr spät überzeugen: 2012 bei Rock am Ring, ich in den vorderen Reihen und völlig überrannt von dieser Power, die gerade Chester rüber brachte. Doch daran konnte man ohnehin nie zweifeln – egal, welches Verhältnis man zum späteren Material der Band auch haben mag, die Jungs konnte einem zu jeder Zeit deutlich machen, dass man immer mit ihnen rechnen konnte. Eine Eigenschaft, die vielen Wegbegleitern über die Jahre abhanden gekommen ist.
Es ist seltsam, wie einen der Tod eines Menschen, den man persönlich nie kennengelernt hat und der nicht mal weiß, dass du existierst, dass so ein Verlust einen so aus der Bahn werfen kann. Hat es mit der Aura zu tun, die solche Menschen inne haben? Ist es die Beziehung, die man zum Schaffen eines Künstlers aufgebaut hat und die einen emotional so sehr trifft?

Ich denke, dass wir solche Tragödien nicht brauchen, um Empathie für die Menschen um uns herum zu entwickeln und uns um diese zu kümmern. Aufmerksamkeit, Wachsamkeit und das nötige Fingerspitzengefühl beim Umgang miteinander, Respekt und Fairness – wichtige Tugenden, die viele einfach im Alltag vergessen, aber ungemein wichtig sind. Ich denke, daran kann nicht oft genug appelliert werden.

Ich werde die Songs nicht mehr auf dieselbe Art und Weise hören, doch bleiben sie in guter Erinnerung – wie dieser:

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Mike

Winter 2000/2001: In einer Zeit, in der man sich noch für ein einzelnes Genre entschieden hat und das dann auch nach außen getragen hat, entschied sich mein pubertierendes Ich für Rock & Metal. Nach vorsichtigem Herantasten mit der ein oder anderen Punkrock-Band ging es dann mit den DEFTONES, KORN, LIMP BIZKIT, SYSTEM OF A DOWN und Co doch sehr schnell und ich war völlig vernarrt in die Musik. Und dann kam LINKIN PARK: Nachdem ich One Step Closer das erste Mal bei MTV gesehen habe, wurde auf das Album “Hybrid Theory” gewartet und direkt in der ersten Woche der Veröffentlichung gekauft. Von da an war die Platte nicht aus meinem tragbaren CD-Spieler (Anmerkung: neben Autoradios der garantierte Tod für CDs) herauszubekommen. Nur leider mit 37 Minuten auch viel zu kurz. Aber die Dauer entsprach ziemlich genau auch meinem damaligen Schulweg von der Haustür bis zur Schule.

Und es war wohl nicht nur für mich, sondern auch für viele weitere Kids, ein “Soundtrack” ihrer Pubertät. Wir fühlten uns missverstanden, wurden manchmal deshalb auch von “den anderen” gemobbt und letztendlich hatten wir alle unsere Probleme einen Platz in der Welt zu finden.

LINKIN PARK haben genau dieses “Coming-of-Age” Gefühl aufgefangen und es verpackt in einer geballten Packung Wut, Emotion und gutem Songwriting. Man mag es vielleicht als kommerziell wahrgenommen haben und der ein oder andere schrieb, das LINKIN PARK das Sell-Out-Ergebnis und gleichzeitig der Tod des Genres waren, aber für mich war es damals real. Kopfhörer auf und sich selbst peinlich dabei erwischen, wie man mitrappt, singt, Luftgitarre spielt oder einfach nur total aufgeladen den nächsten Ausbruch von Chester mitfühlt. So war es dann umso schöner, die Band das erste Mal live zu sehen bei meinem ersten nur mit Freunden besuchten Rock-Konzert. Es gibt wenig bessere Events, die man besuchen kann als die DEFTONES mit LINKIN PARK und TAPROOT im Kölner Palladium im April 2001. Damals war das alles so überwältigend. Und naiv und verklärt wie man war dachte man sich: So viele “coole” Menschen, so viele Leute, die einen verstehen auf einem Haufen. Man fühlte sich einfach wohl und verstanden, auch wenn das natürlich Quatsch war. Nach ihrem Auftritt kamen Chester, Mike und Co. auch noch in den Graben und haben Unterschriften verteilt. Verdammt, wo ist eigentlich meine unterschriebene Karte von damals?

Rund 2 Jahre später. Die Band hat kurz nach der DEFTONES-Tour einen unglaublichen Erfolg gehabt. Crawling und In the End liefen überall auf Heavy-Rotation und jetzt kam das Nachfolge-Album heraus. Dazwischen hatten Linkin Park noch ein Remix-Album veröffentlicht, welches ich erst viele Jahre später verstanden und gefeiert habe. (Stichwort: “Rock ist das einzig wahre Genre…”)

Und nun also “Meteora”: “Somewhere I Belong”, “Faint”, “Numb”, “Breaking The Habit” und noch mehr Hits. Schon wieder war ich total verknallt in diese Band. Mittlerweile habe ich zwar auch noch viele weitere Bands kennengelernt und gefeiert, aber dieses Album hat mich wieder verzaubert. Hiernach aber hat es sich geändert. Die Band hat sich weiterentwickelt, was ich niemals einer Band als Vorwurf entgegenbringen würde, aber mich hat es nicht mehr gefangen. In einer Zeit, in der Emo und Core der neue heisse Scheiss war, waren die poppigeren Songs nichts mehr für mich. Seitdem hat man die Band immer wieder beobachtet, ihnen neue Chancen gegeben. Immerhin haben sie einem früher so viel bedeutet, aber mich konnten sie nicht mehr fangen. Obwohl ich meinen vollen Respekt äußern möchte für so viele überragende Songs in ihrer Bandgeschichte.

Wie es nun weiter geht? Keine Ahnung.

Linkin Park kann ich mir ohne Chester nicht vorstellen. In Erinnerung bleiben Hybrid Theory und Meteora und die Zeit in der ich sie gehört habe aber für immer. Mach’s gut Chester. Deine Band wurde zu einer der letzten Megabands im

Rock und du bist zum großen Teil verantwortlich dafür. Über die Gründe deiner Entscheidung wissen wir nicht viel und es hat mich, wie auch alle anderen, vollends schockiert. Es ist ein bisschen wie die Geschichte vom Clown, der alle glücklich macht nur selbst völlig niedergeschlagen ist. Du hast den Kampf mit deinen Dämonen nur leider nicht gewonnen. Dabei hast Du mit deiner Stimme und deiner gesamten Band so vielen Leuten durch schwierige Momente geholfen.

Heute zieh ich ein Hemd an und knöpfe es nur oben zu. Mach es gut Chester!

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Philip

Wann bildet sich der eigene Musikgeschmack und warum verfolgen wir bestimmte Künstlern und Musikrichtungen? Suchen wir ein Ventil, suchen wir Verständnis oder einfach nur ein Muntermacher vor der nächsten Party? Wer selbst kurz innehält und sich das fragt wird erkennen, dass bei bereits einem Menschen diese Gründe extrem variieren.

Mein Musikgeschmack begann sich mit 14 Jahren zu bilden, als ich mit meinem Taschengeld im Media Markt vor einer CD stand und mein Blick auf dieses Cover fiel. Ein Typ mit Gasmaske und Sprühdose in feinsten “50 shades of brown”. Was vorher durch meine Kopfhörer irrte, war lediglich eine Art “Mitlaufen”. Hip Hop war die beliebteste Musik in meiner Klasse. Aber LINKIN PARK? LINKIN PARK hatte ich mir selber ausgesucht. Keiner in meinem Umfeld kannte die Band. Es war der Moment indem ich mich gegen die Norm entschied. Es war das erste Mal, dass mir der Text nicht egal war. Es war das erste Mal, dass ich diese Art von Gitarren und Gesang wollte. Ich wollte Wut, ich wollte Verzweiflung, ich wollte Hass, ich wollte Verstanden werden. All das war LINKIN PARK und vor allem Chester Bennington. Ein Außenseiter der von seinen Problemen sang. Ein Mensch der wusste das die jungen Jahre in unserer Zeit nicht einfach sind. Ein Mensch den seine Dämonen aus früheren Jahren immer wieder einholten und auch immer wieder Teil seiner Musik waren.

LINKIN PARK brachten mich dazu, auf den Text zu achten und das Schreien als Teil einer Emotion wahrzunehmen. Bis heute kann ich den Text jedes Songs mitsingen. Sie waren Wegbereiter für alle Bands die ich aktuell höre und liebe. Egal, wie wenig ich mich mit den ihren musikalischen Wegen anfreunden kann, bleiben LINKIN PARK die Band die mich am Meisten geprägt hat und mit dem Verlust von Chester geht einer meiner Kindheits-Helden.

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„I want to heal
I want to feel
Like I’m close to something real
I want to find something I’ve wanted all along
somewhere I belong“

Julian

Ich kann mich noch genau daran erinnern, als ich mir “Meteora” gekauft und die Songs immer und immer wieder angehört habe. Ich war 11 und die Pappe dieses Albums in Braun ist inzwischen so zergrabbelt, aber ich hab’ es geliebt und überall hin mitgenommen. Der Discman mit der Scheibe, im Bus, auf dem Weg zur Schule, sogar mit nach Neuseeland. Irgendwann kam härtere Musik dazu, aber das war für mich ein Meilenstein, einfach auch emotional. Das war eine von den Grundstein-CD’s, bei denen ich anfing, das Drummen zu lernen. Selbst wenn ich jetzt die Songs höre, kann ich jede Gitarre mitsummen, den Text mitsingen (was für meine Verhältnisse wirklich außergewöhnlich ist) und jede Drumspur mitspielen. Aber der Song, den ich mir seit dieser Nacht immer wieder gebe, ist “Breaking The Habit”. Ich habe selber professionell und privat viel mit dem Thema Depression zu tun und muss auch leider hier wieder sagen, wie treffend der Song dabei ist und wie sehr er mich aufwühlt.

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“I’ll paint it on the walls
‚Cause I’m the one at fault
I’ll never fight again
And this is how it ends”

Unter Tränen wünsche ich denen, die jeden Tag damit kämpfen, die Kraft, es weiter zu machen. I know the struggle.

Feature

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